Gestern sorgte die CSU- twitterin und Staatsfrau Dorothee Bär wieder einmal für Kurzweil und Popcorn pur:
“@DoroBaer: Schön,dass die bayerischen Bürgerinnen und Bürger #Seehofer folgen und die Studiengebühren abschaffen wollen..
Wie bitte? Dass Seehofer und die CSU diese Studiengebühren einführten und noch im November 2012 im bayerischen Landtag vehement die semesterweise 500.– Euro- Abzocke bei den Studierenden verteidigten, ficht nach dem Motto des Geschwätzes von gestern eine DoroBaer doch nicht an.
Wer ist denn nun diese Dorothee Bär geborene Mantel? Bereits während ihres Studiums wurde sie CSU- Bundestagsabgeordnete. Irgendeine berufliche Erfahrung ist nicht vorzuweisen. Dennoch wurde sie auch in den Beirat der Rhön-Kliniken berufen und damit auch stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Die Rhön-Kliniken sind mit der CSU ohnehin gut vernetzt. Karl-Theodor zu Guttenberg besass beispielsweise Anteile, die er dann für 260 Millionen Euro veräußerte. Auch Guttenbergs Uni Bayreuth unterhielt gute Beziehungen zu Rhön. Bekannt wurde ein 747.000.– „Kooperationsvertrag“. Ausgerechnet mit Guttenbergs alter Rechtsfakultät. Kein Wunder, dass der studierende CSU-Mann aus adligem Haus in Bayreuth zunächst so gut angesehen war. Jetzt also hält Bär die Rhön – Kontakte nach Bayern und Berlin lobbyistisch aufrecht.
Doch nicht gesundheits- sondern vor allem netzpolitisch fiel die stellvertretende CSU-Generalsekretärin auf. Auf sie geht das CSU_net zurück. Sie ist auch Vorsitzende des CSU-Netzrats, seit Netzpolitik schick ist. Kritisch äußerte sie sich daher auch zur Vorratsdatenspeicherung und zur Entfernung öffentlich-rechtlicher Inhalte nach sieben Tagen. Mit dem Berliner Piraten-Abgeordneten Lauer schäkert sie gerne auf twitter, was dessen politische Bedeutung natürlich unterstreicht.
Weniger gerne schäkerte sie, wenn es um konkrete Arbeit im Bundestag ging. Als Obfrau von CDU/CSU nahm sie selten an unseren vorbereitenden Sitzungen im Unteraussschuss Neue Medien teil und schickte, höchst ungewöhnlich, regelmäßig eine Mitarbeiterin. Um überhaupt eine vernünftige Arbeit im Gremium zu ermöglichen, wurde dies von den anderen Fraktionen, welche die Sprecher entsandten, brummelnd akzeptiert. Denn die Nichtanwesenheit war schadlos. Eigene Ideen und Initiativen brachte Bär ohnehin nicht ein.
Die Linksaußen der SPD wollten das Internet zum rechtsfeien Raum machen…
Als es 2008 mit „Zensursula“ konkreter wurde, änderte sich dies. Hier war sie plötzlich pro Netzsperren außerordentlich aktiv. Sie verlangte beispielsweise, die Kinderpornoshow des Bundeskriminalamts, auch durch die Pressevorführungen der Ursula von der Leyen bekannt geworden, im Unterausschuss Neue Medien vorzuführen. Keine andere Fraktion gab sich dafür her.
Heute lässt sie sich in CSU-Netzkreisen dafür lieber so verlogen wie abgebrüht feiern, dass das Zugangserschwerungsgesetz wieder abgeschafft wurde. Dabei hatte sie zunächst nicht nur zugestimmt, sondern für das Gesetz mit Vehemenz geworben. Markus Beckedahl von netzpolitik.org hat das 2009 erfreulich klar dokumentiert.
Es verwundert nicht, dass bei so viel Wendigkeit gerade die CSU gerne für den elektronischen Radiergummi ist. Denn nicht nur bei Studiengebühren ist das Bär-CSU-Gedächtnis kurz. Zitieren wir die geläuterte Gegnerin von Zensursula von damals, als die SPD-Bundestagsfraktion gegen mich und für Zensursula entschied. Nochmals der Originalton Bär:
„Unter Berufung auf eine angebliche Internetzensur durch den Staat wollten die Linksaußen in der SPD durchsetzen, dass das Internet zum rechtsfreien Raum wird. Die SPD wäre dadurch Gefahr gelaufen, Straftaten im Internet Vorschub zu leisten, von der Vergewaltigung und Erniedrigung kleiner Kinder bis hin zu Urheberrechtsverletzungen in breitestem Ausmaß gegenüber Künstlern und Kreativen. Allen engagierten Streitern gegen das abscheuliche Verbrechen der Kinderpornografie ist angesichts des Scheiterns der SPD-Linken ein Stein vom Herzen gefallen. Wir fordern daher die SPD-Fraktion auf, das Gesetz nun zügig zu verabschieden – im Interesse der Kinder. Dabei machen wir – gerade als Medienpolitiker – ganz klar: Zugangssperren im Internet müssen und werden einzig und allein auf kinderpornographische Seiten beschränkt bleiben.“
Auch beim Urheberrecht sieht sie das mit dem rechtsfreien Raum, ganz modern, nun auch nicht mehr so verbissen. Außer Pressemitteilungen sind von ihr innerhalb der Union jedoch keinerlei parlamentarische Initiativen für ein modernes Urheberrecht bekannt. Sie sei gegen das Leistungsschutzrecht, tönte Bär vor einem Jahr bei iRights. Als „Abwegig, nicht praktikabel, völlig absurd, schädlich“ kritisierte sie das schwarzgelbe Projekt, das im Februar mit ihrer Fraktion durch den Bundestag gepeitscht werden soll. Jetzt ist nichts mehr von ihr zu hören. Sie ist im aktuellen Gesetzgebungsverfahren völlig abgetaucht. Selbst bei der Anhörung des Rechtsausschusses wurde die leidenschaftliche Gegnerin des Projekts LSR nicht gesehen. Wie immer, wenn es heiß wird.
Bei der letzten CSU- Klausur in Wildbad Kreuth gab es erneut ein klares Bekenntnis der Partei zur Vorratsdatenspeicherung. Nichts dazu von der VDS-“Gegnerin“ Bär. Dies geschehe im Hintergrund, twitterten ihre CSU-Fanboys. Nö. Es ist ganz einfach: Bär hat in der Union nichts zu bestellen. Das Urheberrecht machen die Hevelings und Krings, die Vorratsdatenspeicherung die Uhls und den Rundfunk der Landtag.
Diese rote Linie durchzieht die gesamte Arbeit „der Königin des Netzes“ (Stammtischjubel des BayerischenRundfunks). Täuschen und tarnen beherrscht sie perfekt. Und so plappert die CSU-Königin weiterhin endlos so unbedarft wie unwirksam vor sich hin. Nach 7 Tagen dürfen gemäß 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag die öffentlich-rechtliche Beiträge im Netz nicht mehr auffindbar sein (siehe tauss-gezwitscher: Die Enteignung des Gebührenzahlers). Auch gegen diese „Depublizierung“ ist Bär. Natürlich. Doch es war wiederum der Freistaat Bayern, der zusammen mit dem Beck-Land Rheinland-Pfalz den Unfug eindealte. Von Bär hörte man damals nichts dazu. Auch denkt niemand in der CSU-Landtagsfraktion daran, auf Bärs Vorstoß einzugehen, der allein wieder auf die Verdummung der (Netz)Öffentlichkeit und nicht auf politische Veränderung eines Missstands ausgerichtet war.
Peter Piksa brachte es in einem Tweet an @DoroBaer gestern auf den Punkt:
Wissen Sie, was mich anwidert? Wenn durch Parteimitgliedschaft Befangene (wie Sie) die Bürger „so“ augenfällig für dumm halten.
Dem ist am Beispiel Bär und CSU nichts hinzuzufügen.