Schlagwort-Archive: Netzpolitik

SPD: Digital Irre. Von Maas und anderen Zumutungen.

IMG_1862

 

Ausgerechnet am 20. 6. 2015, dem Tag der Zustimmung des SPD- Parteikonvents  zur Vorratsdatenspeicherung, startete die SPD mit einem DISKUSSIONSPAPIER #DIGITALLEBEN eine weitere netzpolitische Diskussion mit vielen Fragen zu vielen Themen.

 

Wünschenswert wäre dem gegenüber allerdings, wenn diese Partei und deren Bundestagsfraktion nach 20 Jahren Diskussion, einem virtuellen Ortsverein, zwei Enquetekommissionen und vielen internen Beschlussfassungen tatsächlich einmal begänne, Politik im „Neuland“ zu machen, statt zur Selbstbeschäftigung stets dieselben Fragen zu stellen und Pseudodebatten ohne politische Relevanz zu führen. Doch davon ist die SPD weiter entfernt als entfernte Galaxien von dieser Erde.

 

Immerhin trübt dieser betrübliche Fakt nicht das Selbstbewusstsein. Schon im ersten Satz von DigitalLeben wird so kühn wie kategorisch festgestellt, die SPD sei gefordert und würde gebraucht. Ah ja. Wozu? Um der Diskussion willen zu diskutieren? Doch Digitales macht sich eben schick. So entdeckte auch Justizminister Heiko Maas, dessen Aussagen, wie zur Vorratsdatenspeicherung,  bekanntlich auch nur wenige Wochen Halbwertszeit haben, das Thema „Big Data“ am Beispiel des künftigen Autoverkehrs. So mahnte er schon vor Wochen Datenschutz bei vernetzten Autos“  an. In der Tat ein gutes Thema.

 

Allerdings wurde rasch festgestellt, dass auch Maas, wie sein Ministerium, einmal mehr wenig Konkretes in die Welt setzte. Was er zu tun beabsichtige, wurde nicht deutlich, sodass in ersten Diskussionsbeiträgen rasch festgestellt wurde: Maas kuscht. Wieder einmal.

 

Und was dazu „passt“: „Unser“ Justizminister verfolgt und beeinflusst noch nicht einmal den Diskussionsprozess in dessen eigener Partei. So tönte er lautstark gegenüber der Industrie: „Datenvermeidung und Datensparsamkeit müssen leitende Grundsätze sein“. Das wurde ihm aber allerdings rasch relativiert. Im SPD- Papier ist nämlich was ganz anderes zu lesen: Eine Politik, die einseitig auf Datenvermeidung und Datensparsamkeit setzt, würde die Chancen gefährden….., heißt es da. Was denn nun, Herr Minister? Zu sagen hat der Saarländer wohl wenig.

 

Denn in welche Richtung, abseits wohlfeiler ministerieller Reden, die Reise geht, wird aus den Änderungen deutlich, die das SPD- Diskussionspapier noch vor dessen Veröffentlichung erfahren hat. Vom Willy-Brandt-Haus, sprich von Adlaten des Parteivorsitzenden Gabriel, wurde schon in der Überschrift der Halbsatz gestrichen: Digitale Gesellschaft – Im Mittelpunkt steht der Mensch. Auch das ist nachvollziehbar. Schließlich steht der Mensch der SPD häufig im Weg.

 

Und so ist im weiteren Zusammenhang auch viel spannender zu lesen, was Sozialdemokraten aus deren digitalem Datenschutzpapier gestrichen haben, als das, was dann an Textbausteinen und zusammenhanglosen Fragen tatsächlich noch das Licht der Welt erblickte. Nicht mehr drin ist „verständlicherweise“ der Satz: Wir (Anm.:also die SPD) achten das Prinzip der Unschuldsvermutung und des Verbots der anlasslosen staatlichen Beobachtung, lückenlosen Ausforschung und allgegenwärtigen Kontrolle von Bürgerinnen und Bürgern.

 

Das zu schreiben  wäre für die Vorratsdatenspeicherungspartei SPD nach dem 20. Juni allerdings auch eine zu komische Formulierung und böte zu viel Stoff für Kabarett. Dass ein Begriff wie die Unschuldsvermutung, immerhin eine der tragenden Säulen eine Rechtsstaats, nicht mehr in SPD- Papiere des Jahres 2015 passt, kann allerdings schon nicht mehr kabarettistisch kommentiert werden. Es ist nur noch traurig. Die neue Version lautet statt dessen blumig und wenig verfassungsrelevant: Wir müssen in Deutschland die rechtlichen Weichen stellen, um das Innovationspotenzial von Daten voll auszuschöpfen.

 

Gestrichen: Die Menschenwürde

 

Zusätzlich werde die SPD „auch nach Wegen suchen, wie das neue geschaffene Internetgrundrecht mit Leben gefüllt werden kann“. Welches? Damit dies nicht zu heftig ausfällt wurden allerdings gleich noch weitere Bekenntnisse zum Grundgesetz entfernt. So formulierten die ursprünglichen Autoren aus der ehemaligen Rechtsstaatspartei SPD kühn:

 

Die Würde des Menschen ist unantastbar- nicht aber ein Geschäftsmodell. Aber selbst Artikel 1 des GG fand keine Gnade vor Gabriel und fiel dem Rotstift zum Opfer. Statt dessen heißt es nun als „Auftrag“: „Geklärt werden (muss), wie andere Datenbestände, etwa (anonymiserte) Daten zu Verkehrsflüssen ..geöffnet werden können….. Bei personenbezogenen Daten geht es vor allem um die Frage, ob diese in anonymisierter form genutzt werden können.“

 

Vor Jahren diskutierte die SPD noch über Anonymität und forderte diese ein. Gerade im Verkehr wäre dies möglich. Um Staus zu vermeiden, muss niemand wissen, wer in welchem Auto mit welchem Kennzeichen sitzt, sondern dass eben ein Fahrzeug von A nach B unterwegs ist. Jetzt sollen die Daten bestenfalls also noch „anonymisiert“ sein. Auf Deutsch: Es soll keine anonyme Erfassung der Verkehrsflüsse geben, sondern die halterbezogene Überwachung jedes Fahrzeugs, das auf unseren Straßen unterwegs ist. …Und diese Daten stehen dann, offen wie ein Scheunentor, von Europol bis BND, NSA etc. etc. beliebig den Diensten zur Verfügung.

 

Insofern passt dazu, dass im  Papier „DigitalLeben“ auch noch das zuvor noch postulierte Bekenntnis zur einer „Vermeidung von der zügellosen Ausforschung der Individualität Einzelner“ gestrichen wurde. Natürlich stören dabei auch Gerichte. Gabriels Zensoren  strichen folgenden Satz: wir müssen sicherstellen, dass die europarechtlich- und verfassungsrechtlich gewährleisteten Ansprüche auf informationelle Selbstbestimmung …ausreichend Beachtung finden.

 

Dafür will man nun statt dessen eine (staatliche) „starke und unabhängige Kontrolle“. Noch bevor man diese aber konkret benannte, wurde die ursprüngliche Forderung „nach einer entsprechenden Ausstattung dieser Stelle“ auch gleich wieder gestrichen.

 

Fazit: Die SPD hat schlicht aufgehört, Rechtsstaats- und Datenschutzpartei zu sein. Sie ist Digital Irre. Nicht nur wegen Gabriel und dessen Marionetten- Justizminister. Man könnte sagen: Not Found.The requested URL Rechtsstaatspartei SPD was not found.. Port 443

 

(die Papiere zum Diskussionsprozesses liegen mir vor)

13 Punkte zum alltäglichen Wahnsinn……

 

IMG_1493

…über den man derzeit fast den Überblick verliert und über den es sich eigentlich zu schreiben lohnte. Doch kommt man kaum mehr hinterher…….

Hier also zumindest mal die Themen zum Schweigen der Schafe (mir also einschließlich):

1.  Die USA rüsten die Ukraine und das Baltikum gegen Russland militärisch auf. Der Osten der Ukraine soll der NATO nicht verloren gehen. Amis planen Krieg und keinen Atlantiker interessiert’s.

2.  Die Morde vom Maidan und von Odessa bleiben unaufgeklärt. Kiew kauft Bomben gegen die „eigene“ Bevölkerung, statt offene (Gas-)Rechnungen zu begleichen. Die Opfer von MH17 werden ohne Beweise Putin angelastet.

3.  Amerikaner foltern unverdrossen für die „Freiheit“. „Unser“ Schäuble (noch immer amtierend) fand Folter aber schon im Jahr 2005 angemessen. Der Friedensnobelpreisträger EU faselt unverändert von „westlichen Werten“. Strafverfolgung der Täter? Pustekuchen.

4.  Die Türkei wird von der EU zu Recht kritisiert- in Spanien und Ungarn verschwinden Demokratie und Freiheit dagegen fast unkommentiert.

5.  „Freihandelsabkommen“ wie TTIP und CETA sollen um jeden Preis kommen. Merkel behauptet (wie EU- Funktionäre), mit dem Kopf tief im Hintern der USA verankert, damit „europäische Standards“ transatlantisch durchsetzen zu wollen. In Nordamerika klatscht man sich vor Vergnügen auf die Schenkel.

6.  Der deutsche Bundestag mutiert in seiner Mehrheit endgültig zum unkritischen Abnickorgan einer GroKo.

7.  Der deutsche Bundespräsident (das Amt abschaffen!) agiert als polarisierender kalter Krieger.

8.  Der Libanon mit 6 Millionen Einwohnern verkraftet ohne nennenswerte ausländische Hilfe 1,2 Millionen Flüchtlinge. In Dresden, Berlin usw. wird gegen Flüchtlinge demonstriert.

9.  Deutschland rüstet die PKK auf und verbietet sie im Inland als „Terrorgansiation“.

10. NSU wird nicht aufgeklärt. Die GroKo ist dagegen, weil es unsere Dienste ärgern könnte.

11. NSA wird nicht aufgeklärt. Die GroKo ist dagegen, weil es die Amerikaner ärgern könnte.

12. Bahnhöfe werden mit Milliardenaufwand verbuddelt, obgleich es keinerlei verkehrspolitischen Sinn macht (S21) und hinten wie vorne Geld für Infrastruktur fehlt.

13. Nicht zuletzt: der in solchen Zeiten eigentlich bitter notwendige politische Journalismus hat sich selbst durch Fernsehsatire und den „Postillon“ bestens ersetzt.

Anmerkung: Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Die „Digitale Gesellschaft“ bitte aufs Eis- das geht so nicht….

Aus Anlass der Gründung der Digitalen Gesellschaft habe ich an deren Vorsitzenden den nachfolgenden offenen Brief geschrieben:

Lieber Markus Beckedahl,

vielen Dank für alle bisherigen Erläuterungen zur Gründung der „Digitalen Gesellschaft e.V.“ (digiges). Mit diesen habe ich mich, bis hin zu Deinem Interview mit Philipp Banse, aufmerksam auseinandergesetzt.

Um es als Ergebnis vorweg zu sagen: Ich war auch deshalb in diesem Jahr mit besonderer Neugier zur re.publica nach Berlin gereist. Doch zwischenzeitlich ist gespannte Erwartung totaler Ernüchterung gewichen. Die Gründe für diese Vereinsgründung überzeugen mich nicht. Weiterlesen

Wespennest

Troll, Hofnarr und Depp waren noch die höflicheren Bezeichnungen. Ansonsten fühlten sich einige Mitmenschen bemüßigt, meine Kritik am falschen Kurs des CCC zu de Maiziere in den letzten Tagen inhaltlich gründlich mißzuverstehen. Frank Rieger, der gerne austeilt und den ich persönlich durchaus schätze, habe ich via twitter nun als jemanden kennen lernen dürfen, der jegliche inhaltliche Kritik an eigenem Verhalten offensichtlich nur mit Wutbeißereien beantworten kann. Von ihm kamen via twitter die albernsten Ausfälle: Tauss mit großer Schnauze auf dünnem Eis und ähnlich gehaltvoll klangen die letzten Entgegnungen. Weiterlesen

Köhler provoziert

Offensichtlich ist am deutschen Bundespräsidenten eine einjährige gesellschaftspolitische Debatte vorübergegangen.

Mit der Unterzeichnung des Zugangserschwerungsgesetzes hat das Staatsoberhaupt nicht nur eine Chance vertan, auf hunderttausende Zensursula – Gegner und die gesamte Netzbewegung zuzugehen und sie von der Sinnhaftigkeit staatlichen Handelns zu überzeugen. Er provoziert sie ohne Not sogar mit seiner hämischen Bemerkung, dass seinerseits keine „durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken“ gegen das Gesetz bestünden.

Die bestehen durchaus. Natürlich muss jetzt der Weg vor das Bundesverfassungsgericht gegen dieses Gesetz beschritten werden. Aber mit seiner Bemerkung provoziert Köhler  sogar das höchste deutsche Gericht selbst: Dieses hatte den Deutschen Bundestag aufgefordert, bis Mitte Februar zur Frage Stellung zu beziehen, ob es sich überhaupt um eine ordnungsgemäße Gesetzgebung gehandelt hat. Köhler wusste das- und nicht nur von mir.

Jetzt aber, parallel vor dieser mit Spannung erwarteten Erklärung dieses Gesetz zu unterschreiben, geht wohl als trauriges Kapitel in die Amtsgeschichte deutscher Bundespräsidenten ein. Er hat sich im Gegensatz zum BVerfG nicht einmal ansatzweise dafür interessiert, unter welch dubiosen Umständen dieses Machwerk im Deutschen Bundestag mit ständig veränderten Texten zustande kam.

Dass Köhler ein Gesetz zu unterschreibt, von dem die Bundesregierung sagt, sie wolle es formal nicht anwenden, ist ein weiterer trauriger Höhepunkt in der schon symbolischen Verkommenheit dieses Gesetzgebungsverfahrens.

Als ob es nicht genug der Provokationen wäre, fordert der Bundespräsident die Bundesregierung ausdrücklich noch dazu auf, dass sie „auf der Grundlage des Gesetzes Kinderpornografie im Internet effektiv und nachhaltig bekämpft“.

Ein Tritt in den verlängerten Rücken…

Diese offenkundige Verhöhnung ist ein weiterer Schlag ins Gesicht der deutschen Bürgerrechtsbewegung. Da das Bundeskriminalamt sich um das Gesetzgebungsverfahren bislang ohnehin nicht geschert hat, ist dies zugleich eine weitere Einladung an die Polizeidienststellen, die Zensurinfrastruktur zügig auszubauen. Eine Exekutive, die sich ermuntert durch den deutschen Bundespräsidenten nicht an Gesetze hält, ist ein Vorgang, bei dem man auf der Suche nach Vergleichen rückblickend erst in der Weimarer Zeit fündig wird.

Die angeschlagene FDP ist nun in einem Dilemma: Sie ist zur Zeit nicht stark genug, ein Gesetz zur Außerkraftsetzung durchzusetzen, wie es die Grünen fordern. Tut sie es aber nicht,hat sie ihren einzigen bürgerrechtlichen Erfolg bei den Koalitionsverhandlungen endgültig verspielt.

Dies ist für Westerwelle, Leutheusser & Co um so bitterer, als die FDP- mitregierten Länder bisher auch keine Anstalten machen, den Jugendmedienschutzstaatsvertrag zu kippen. Der aber ist der Einstieg in Internetsperren weit über die Bekämpfung der Kinderpornografie hinaus.

Statt Kaffeekränzchen auf der Strasse zeigen…

Nicht nur die FDP befindet sich nun strategisch in einer schwierigen Situation: Es geht um die gesamte Freiheit statt Angst – Bewegung, die jetzt mit leeren Händen dasteht. Es wird daher Zeit, sich neue Strategien zu überlegen. Man fühlte sich bis hin zu Kaffeekränzchen bei Frau Leutheusser- Schnarrenberger zuletzt von der Politik plötzlich verstanden und umarmt.

Jetzt kam für viele unerwartet, schmerzhaft, brutal und vom höchsten staatlichen Repräsentanten der Republik selbst der heftige Tritt in den verlängerten Rücken. Vielleicht macht dies in einigen Köpfen deutlich, dass es mit Hoffnung auf Einsicht und Vernunft in Sachen Netzpolitik jetzt schon gar nicht nicht mehr getan ist.

Es ist daher die Stunde des AK Zensur und der Piraten, die sie hoffentlich zu nutzen verstehen. Ein erstes Signal ist schon heute möglich: Um 18.00 Uhr gibt es eine Zusammenkunft in Berlin am Schloss Bellevue, dem Amtssitz Köhlers.

Viel mehr sollte für den 22. 2. überlegt werden:

Da veranstaltet der Petitionsausschuss im Deutschen Bundestag  just-in-time um 13.00 Uhr seine Anhörung zu Zensursula. eine gute Gelegenheit, sich auf der Strasse zu zeigen!

Zum Thema auch den unten stehenden Artikel „Ein fader Triumph….“

https://www.tauss-gezwitscher.de/?p=439

Ein fader Triumph – das BKA macht munter weiter…

(Aktualisiert am 10.2., 10.50 Uhr)

Ist der „Kurswechsel“ der Bundesregierung in Sachen „Zensursuala“ tatsächlich ein Triumph der „libertären Internetgemeinde“, wie SPIEGEL- Schreiber festzustellen glauben?

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,676669,00.html

Natürlich war es zunächst ein toller Erfolg der Petenten und der gesamten Bewegung, von Franziska Heine bis hin zum AK Zensur, dass die Berliner Sperrszene rund um Zensursula gründlich aufgemischt wurde. Sperren finden, entgegen der Planung, seit dem 1.8.2009 tatsächlich nicht statt.

Übrigens auch, weil in der handwerklichen Schludrigkeit des Zensursula- Gesetzgebungsverfahrens „Europa“ erst spät und dann mit falschem Text unterrichtet worden war. Und weil der Bundespräsident kein Gesetz unterschreiben wollte, das nach seiner Unterschrift per schwarz-gelbem Verwaltungsakt gleich wieder ausser Kraft gesetzt werden sollte. Diese Verlotterung der Gesetzgebung konnte Köhler nicht mitmachen. Sein Amt stellte daher erst einmal irritierte Nachfragen. Übrigens ebenso wie das Bundesverfassungsgericht, das sich beim Rechtsausschuss des Bundestages nach meiner Beschwerde bis Mitte Februar erst einmal Informationen über den zweifelhaften parlamentarischen Gang der Angelegenheit erbeten hat.

Aber was wurde darüber hinaus mehr erreicht? Und was steckt hinter dem „Löschgesetz“? Denn aufgemischt heisst nicht, dass man sich nicht unter neuen Vorzeichen neu sammeln könnte. Noch immer gibt es bei Schwarzgelb keinerlei Anstalten für ein Aufhebungsgesetz, das die sauberste Lösung wäre.

Fragen sind erlaubt. Da beim SPIEGEL bekanntlich mit Augstein der investigative Journalismus gleich mit zu Grabe getragen wurde und dort unten heftig rotiert, legen andere erfreulicherweise  Finger in die Wunden. Zum Beispiel will Netzpolitik.org wissen, wie es denn nun so um die Sperrinfrastruktur bei den Providern bestellt sei?

http://www.netzpolitik.org/2010/zugangserschwerungsgesetz-2-0/

Die Antwort der  Bundesregierung liefert der SPIEGEL gleich mit, ohne dass der perfide Inhalt die nichtlibertären Netzhelden in der SPON Redaktion auch nur ansatzweise zu kritischen Nachfragen einlädt:

Zitat: Man werde sich bis dahin (Anm. also bis zu einem Löschgesetz),  “auf der Grundlage des Zugangserschwerungsgesetzes ausschließlich und intensiv für die Löschung derartiger Seiten einsetzen, Zugangssperren aber nicht vornehmen”, heißt es in der Stellungnahme des Bundeskanzleramts. Und weiter: “Die damit gemachten Erfahrungen werden in die Gesetzesinitiative einfließen.”

Auf Deutsch: Zensursulas Zugangserschwerungsgesetz ist in Kraft, ohne in Kraft zu sein. Der „Triumph“ ist also fade. Und die Frage von Netzpolitik ist beantwortet: Die Zensurinfrastruktur wird weiter installiert. Mit dem Löschgesetz wird auf Zeit gespielt, um die „Internetgemeinde“ ruhig zu stellen.

Denn was wirklich läuft bestätigte der Sprecher des BKA kürzlich in einer Mail an mich:

„Festzuhalten ist, dass mit den anderen europäischen Staaten, die Access-Blocking betreiben, enge Abstimmungen auch bezogen auf die Generierung der Listen erfolgen werden, das Bundeskriminalamt aber ohne eigene Prüfung keinen Eintrag auf seiner Sperrliste vornehmen wird“.

Aha! Ohne Gesetz unterhält das BKA seine Sperrliste und arbeitet daran weiter. Das lässt das Versprechen der Bundesregierung als Drohung empfinden, dass die „gemachten Erfahrungen“, wohlgemerkt die Erfahrungen mit einem nicht rechtskräftigen Gesetz, in die Löschgesetzgebungsberatungen mit einfliessen werden.

Dies ermuntert das BKA natürlich, munter weiter zu machen. Man will

„aus diesen Hinweisen (sowie aus ausländischen Sperrlisten) zukünftig d.h. ab Wirkbetrieb des Access Blocking auf vertraglicher oder gesetzlicher Basis, die Sperrliste generieren“.

Man merkt auf: Gesetzliche ODER vertragliche Basis. Dem BKA ist es also gleichgültig, woran in Berlin augenzwinkernd in Richtung Wiesbaden gebastelt wird: Löschen vor Sperren, Sperren vor Löschen, Löschen statt Sperrren oder demnächst vielleicht Löschen und Sperren. Sperrliste hin oder her. Die Zensurinfrastruktur WIRD errichtet! Und im Zweifel wendet das BKA, ungeachtet des Berliner  Show- Betriebs, noch immer seine durch Nötigung entstandenen Poviderverträge an- vodafone lässt lächelnd grüßen.

Denn die Infrastruktur wird später auch gut anderweitig verwendbar sein. Beispielsweise wenn die Provider  künftig selbst mehr an transportierten Inhalten verdienen wollten oder beispielsweise der Jugendmedienschutzsstaatsvertrag (JMStV) die Sendezeiten im Internet vorschreibt. Am Rande bemerkt erklärt dies vielleicht ansatzweise, warum sich die Provider (mit der löblichen Ausnahme 1&1) aus der JMStV- Debatte sehr auffallend zurückhalten.

Da ich mir nicht vorwerfen lassen will, aber alles nur falsch zu verstehen, habe ich beim BKA noch einmal nachgefragt und meine Vermutungen positiv umgedreht. Schliesslich glaube ich auch noch irgendwie an das Gute bei unseren höchsten Kriminalern:

„Darf ich Ihre Antwort so verstehen, dass das BKA  gegenwärtig, trotz einiger bestehender Verträge, noch keine Sperrlisten generiert, sondern das Ende des Gesetzgebungsverfahrens abwarten und auch von den Verträgen keinen Gebrauch machen wird?“

Das JA oder irgendeine sonstige Antwort steht trotz Erinnerung aus. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt 😉 Die Frage von Netzpolitik.org ist damit wohl klar beantwortet und meine Befürchtung untermauert. Die Herrschaften machen wie ausgeführt munter weiter.

Dies heisst:

Keine Entwarnung! Der Protest geht weiter!

Am besten in Verbindung mit der geplanten Zensursula- Anhörung des Petitionsausschusses 22. 2. Bis dahin sollte irgendjemand vielleicht noch SPON aufklären….. 🙂

Links zum Thema:

Hier eine weitere Stellungnahme des AK Zensur:

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schwarz-Gelb-plant-statt-Websperren-Gesetz-zur-Loeschung-von-Kinderpornographie-924950.html

http://www.netzpolitik.org/2010/bundesregierung-will-zensursula-gesetz-aber-es-nicht-anwenden/

http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/8/0,3672,8031240,00.html?utm_source=feedburner&utm_medium=twitter&utm_campaign=Feed%3A+heute+%28heute%29

RA Stadler verweist bei Internet-Law wie der AK Zensur und die Grünen auf die Notwendigkeit eines „Aufhebungsgesetzes“ als einzig saubere Lösung. Ich teile diese Auffassung:

http://www.internet-law.de/2010/02/von-der-zugangserschwerung-zur-loschung.html

http://monomosblog.blogspot.com/2010/02/zensur-durch-die-hintertur.html

Ältere Dokumente:

Schreiben mit den Abläufen an die EU- Kommission, die allerdings trotz dieser Vorgänge Zensursula leider nicht stoppen wollte

http://www.tauss.de/index.php?nr=1298&menu=1

Auf die erbärmliche Rolle von vodafone ebenfalls ein Rückblick:

http://www.tauss.de/index.php?seite=786&s=1&menu=1

Internet….es soll enquetet werden….

(Überarbeitete Version des Ursprungartikels vom 13. 1. 2010)

Die Koalition will auf Initiative der Union beim Deutschen Bundestag eine  aus Abgeordneten und Sachverständigen bestehende Enquetekommission einrichten, die sich wieder einmal  mit den Folgen von Computerisierung im allgemeinen und dem Internet im Speziellen beschäftigen soll. Dies soll der lieben „Netzgemeinde“ suggerieren, man hätte aus Zensursula gelernt.

Antragstext http://carta.info/23027/internet-enquete-kommission-der-endgueltige-antragstext/

Antragsentwurf http://www.carta.info/docs/EnqueteAntrag.pdf

(„CDU: Bei Internet- Kompetenz aufholen“ http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,671781,00.html

So hört sich das Motto für diesen schwarz- gelben Aktivismus einigermassen hübsch an und lautet: „Der Staat muss Rahmenbedingungen schaffen, um die Freiheit des Internet zu gewährleisten“.

Nach allen Erfahrungen von Kanther über Schily, Schäuble bis hin zu de Maizière kann  dies allerdings nur als Drohung empfunden werden.

Denn an Erkenntnissen dürfte es dem Deutschen Bundestag nicht mangeln. Man hat sich dort, mit Ausnahme weniger parteiübergreifender „Freaks“ im Unterausschuss „Neue Medien“, nur nie für das Thema interessiert. So gab es neben einer Reihe interessanter Gutachten des Bundestagsbüros für Technikfolgenabschätzung (TAB) zu Internet- Themen schon 1994 – 1998 die Enquete- Kommission „Neue Medien in Staat und Gesellschaft“, die eine Reihe durchaus wertvoller Berichte verfasste.

Einer dieser in Fachkreisen  viel beachteten Abschlussberichte mit dem schönen Titel „IT- Sicherheit und Datenschutz“ wurde bis heute (!) jedoch nicht im Innenausschuss des Deutschen Bundestages diskutiert. Ein modernes Datenschutzgesetz oder das bereits damals geforderte Datenschutzaudit wurde bis heute von Schwarz-Rot verhindert.

Anderen Arbeiten wurde ein ähnliches Schicksal zuteil. Die damaligen und zum Teil noch höchst aktuellen Expertenmeinungen wurden weder vom Parlament geschweige denn von den Exekutiven zur Kenntnis genommen.

Nach meiner 15- jährigen parlamentarischen Erfahrung kann das Wörtchen  IGNORIEREN so auch getrost durch den Begriff ENQUETEN ersetzt werden.

„Tagen ohne Wirkung“

Der  beispielsweise seit 1998 mühsam vorangetriebene Versuch des Unterausschusses für Neue Medien, wenigstens EIN Gesetzgebungsverfahren via Internet zu begleiten, scheiterte stets am Widerstand sämtlicher Bundestagsausschüsse. Selbst Volker Beck von den Grünen meinte zu dieser möglichen basisdemokratischen Freundlichkeit des Parlaments, man wolle den Bürgern doch nichts vorgaukeln. Einziger positiver Erfolg aus dieser frustrierenden Debatte heraus war immerhin die Ermöglichung von ePetitionen, die vom Bundestag längere Zeit und in Ermangelung  eigener Kapazitäten  über einen schottischen Parlamentsserver abgewickelt werden mussten.

Ungeachtet dessen waren die Debatten in der damaligen Enquete noch aus heutiger Sicht ganz aktuell: So gab es in ihr (und darüber hinaus bis zum Zensursula- Gesetz) jahrelange heftige Auseinandersetzungen mit den so genannten „Jugendmedienschützern“ der Länder zum Thema „Jugendschutz“ im Internet.

Diese besondere Spezies von Bevormundern und Zensoren, voran stets die federführende  SPD- Staatskanzlei Rheinland-Pfalz Seit‘ an Seit‘ mit dem bayerischen CSU- Medienpapst Professor Ring, verkämpften sich  immer  für „Sendezeiten im Internet“.

Immerhin hat es jetzt doch bis 2009 gedauert, bis die Länder diesen Schmarrn nun endgültig in ihren Staatsvertragsentwurf zum Jugendmedienschutz hineinschrieben und ihn somit zur allgemeinen Gesetzgebung erheben wollen (eine sehr gute fundierte Kritik hierzu gibt es von 1+1 http://blog.1und1.de/wp-content/uploads/2010/01/Stellungnahme_1und1_JMStV-E.pdf ).

Man bräuchte also auch hier keine neuen Expertenmeinungen, um den Landesregierungen wieder einmal zu erklären, dass es eben auf der Welt unterschiedliche Zeitzonen gibt, die eine Sendezeitbegrenzung im Internet ad absurdum führen. Irgendwo auf der Welt ist es eben mal 23.00 Uhr, um von dem  zum Internet „passenden“ Begriff „Sendezeiten“ ganz zu schweigen.

Erkenntnisse liegen also vor. Allein die Beispiele Daten- und Jugendmedienschutz  belegen deutlich, dass es keiner neuerlichen Erkenntnisse  bedarf, sondern deren rascher Umsetzung. Eine Enquete tagt und tagt und tagt dem gegenüber nur jahrelang- und in der Praxis leider oft ohne jede Wirkung auf aktuelle Politik!

„Wir brauchen jetzt Entscheidungen“

Deshalb ist eine Internet- Enquete für die Netzpolitik politisch sogar riskant, da sie sich ausdrücklich nicht mit laufenden oder bestehenden Gesetzgebungsvorhaben befassen darf. Denn ihre vor sich hin wabernde Arbeit zu irgendwelchen Internetthemen wird  in den nächsten 2 – 4 Jahren, außer  gelegentlich in nächtlichen Debatten zu Protokoll gegebenen Reden, weder Parlamente noch Exekutiven in deren Realpolitik erreichen.

Statt eines neuen Debattierzirkels brauchen wir netzpolitisch ein schnelles Erwachen in Deutschland und in der deutschen wie auch in der europäischen Politik. Wir brauchen rasche Entscheidungen von der Breitbandfrage bis  zum Urheberrecht in der digitalen Welt, beim Datenschutz, in der Zensurfrage oder beim „Open Access“. Schon bei letzterem Thema ist zu befürchten, dass Union und FDP wieder vorwiegend die Content- Industrie und nicht die Wissenschaft zu Wort kommen lassen wollen.

Alte Sicherheitsgesetze, Onlinedurchsuchungen, Zensursula, ELENA, SWIFT & Co. würden in dieser Enquete nach dem Antragsentwurf übrigens gleichfalls keine Rolle mehr spielen. Und mit neuen Gesetzgebungsvorhaben darf sich der um Sachverständige angereicherte Zirkel wie ausgeführt gar nicht erst befassen.

Sollte die neue Enquetekommission zur Vermeidung der mehrfachen Erfindung des Rades übrigens sinnvollerweise auf die Ergebnisse ihrer Vorgänger- Enquete zurückgreifen wollen, hätte sie gewissse Probleme. Eine Anfrage bei der Bundestagsverwaltung bliebe ergebnislos. Denn die mühsam erarbeiteten Drucksachen sind längst vergriffen.  Das gesamte Material aus vierjähriger und aus Steuermitteln hoch bezahlter Arbeit sollte nach Ende der Aufbewahrungsfrist sogar weggeworfen werden.

Auch dies  zeigt den historischen Respekt des Parlaments vor seinen eigenen Enqueten (Hinweis für „Historiker“: Das „BüroTauss“ hat dies verhindert und die  Akten des aufgelösten Enquete- Büros irgendwann an sich genommen).

Online verfügbar ist der Schlussbericht : http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/110/1311004.pdf

„Mitmachen oder bekämpfen?“

Doch schon wegen der von der Union benötigten Show wird diese Enquete kommen. Dass sie von Axel E. Fischer geleitet werden soll, beweist allerdings, dass es auch nicht um mehr als Show geht. Der Mann kann es schlicht nicht und ihm fehlt jegliche Kompetenz in wichtigen Internetfragen. Eine Suchanfrage bei heise belegt, dass es von ihm hierzu in der Vergangenheit keinerlei Arbeiten gegeben hat und er auf Abgeordnetenwatch auch noch nie eine Antwort auf Fragen gegeben hat. Dies gibt bereits einen Vorgeschmack auf die geplante Transparenz der Enquete- Arbeit.

Näheres zu Fischer gibt es hier auf tauss-gezwitscher https://www.tauss-gezwitscher.de/?p=234 .

Für die umworbene „Netzgemeinde“ stellt sich dessen ungeachtet nun aber aktuell die brisante und strategische Frage, wie man mit dieser eigentlich überflüssigen schwarz- gelben PR- Veranstaltung umgehen soll?  Mitmachen oder bekämpfen, lautet die Frage.

Beides kommt wohl nicht in Betracht. Denn in ersterem Falle wäre man durch den ständigen Verweis auf die Arbeit der Enquete nichts als Alibi (Was wollt Ihr denn? Wir haben doch die Enquete?!?) und wäre so im ersten wie im zweiten Falle politikunfähig. Das ist also einmal mehr die berühmte Wahl zwischen Pest und Cholera.

Deshalb muss der Spiess umgedreht werden: Wir warten nicht auf die Arbeitsergebnisse dieser Kommission. Wir treiben sie!  Wir nutzen zudem eine von ihren Protagonisten nicht beabsichtigte Chance:

Sie bietet sich geradezu ideal als Testfall für „Liquid Democracy“ und die Bereitschaft des Deutschen Bundestages an, endlich aus eigenem Antrieb transparenter zu werden. Die Kommission könnte  zu einer öffentlichen Veranstaltung werden, in die von außen relevante Themen hineingetragen werden.

Interessant ist eine Enquete eigentlich nur durch deren in der Regel ordentliche personelle und finanzielle Ausstattung für wissenschaftliche Gutachten. Allein die Frage, welche Wissenschaftler berufen werden, wer zu Arbeiten mit welchen Themen beauftragt wird, kann eine gesellschaftlich und netzpolitisch weiterführende Diskussion auslösen und uns selbst viel Grundsatzarbeit in Foren und Hinterzimmern ersparen.

Doch vor allem: Man könnte nicht nur die Mitglieder der Kommission, sondern den gesamten Deutschen Bundestag, bis hin zu seinen regionalen Abgeordneten, mit der ständigen Frage „quälen“:

Wie haltet Sie es denn WIRKLICH mit Netzneutralität?

Und zwar nicht in China- sondern bei uns.


Links:

http://www.netzpolitik.org/2010/enquete-kommission-internet-und-digitale-gesellschaft/

Hinweis:

Aus Zeitgründen konnte ich diesen Artikel noch nicht mit weiteren umfangreicheren Erläuterungen und Dokumenten verlinken. Dies werde ich schrittweise im Verlauf der weiteren Diskussion nachholen.

Augen zu, vertraue mir!

Bundesinnenminister de Maiziére wirbt wie die Kanzlerin um „Vertrauen“ für die staatliche Internetpolitik. Nicht einmal dumme Schafe vertrauen Wölfen. Damit könnte  eigentlich  schon alles gesagt sein.

Doch will ich an dieser Stelle in der kommenden Zeit Stück für Stück dokumentieren, wie seit den 90iger Jahren durch immer mehr staatliche Überwachung und inkompetente Netzpolitik  das Vertrauen in die politisch Handelnden verloren ging.

Seit dem Achtungserfolg der Piratenpartei bei der Bundestagswahl hört man jetzt bis hin zur Bundeskanzlerin neue Töne. Doch die Wölfe haben lediglich Kreide gefressen.  Zensursula ist nur vorübergehend vom Tisch und SWIFT, die Auslieferung aller Bankdaten der Bürger an die USA, war erst in diesen Tagen ein deutlicher Beleg dafür, dass sich nach dem eklatanten netzpolitischen Versagen von „Rot“ in den Jahren 1998 – 2009 auch unter Schwarz- Gelb nichts ändern wird und „Vertrauen“ fehl am Platz wäre.

Da vieles davon leider auch schon wieder vergessen ist, haben die Piraten Aachen verdienstvollerweise eine „Giftliste“ der Massnahmen der vergangenen Jahre zusammengestellt. Diese ist hier zu finden:

http://www.piratenpartei-aachen.de/sites/default/files/giftliste_v21.pdf

Hierzu habe ich ganz am Ende dieses Artikels die kleine Geschichtskunde zum Abbau der Bürgerrechte mit negativen und leider nur wenigen positiven Beispielen angefügt.

Doch zum Einstieg in dieses traurige Kapitel soll auch der Humor nicht zu kurz kommen. Florian Bernstorff hat mich via facebook auf das Dschungelbuch hingewiesen, wo das schlängelnde Dschungeltierchen bei Mogli um dessen Vertrauen warb. Der Text könnte aus der Feder der Redenschreiber unserer Kanzlerin entsprungen sein:

Hier Angela Merkel in ihrer Ansprache als Schlange KAA an die liebe „Internetgemeinde“:

„Hör‘ auf mich, glaube mir. Augen zu, vertraue mir! Schlafe sanft, süß und fein. Will Dein Schutzengel sein! Sink‘ nur in tiefen Schlummer, schwebe dahin im Traum. Langsam umgibt Dich Vergessen, doch das spürst Du kaum! Hör auf mich und glaube mir. Augen zu, vertraue mir! Hör auf mich, glaube mir! Augen zu, vertraue mir.“

Link zum Original in englischer Sprache :)) Viel Spass

http://www.youtube.com/watch?v=-T0I5UepXMA&sns=em

Die Geschichtskunde zum Abbau der Bürgerrechte sei mit der interessanten Debatte zum Thema Kryptografieregulierung begonnen…..

Fast vergessen, weil bis heute ernsthaft nicht wieder aufgenommen, ist die erfolgreich beendete Auseinandersetzung um eine „Krypto-Regulierung“ in Deutschland. Dabei war dieser Erfolg keinesfalls selbstverständlich. Auf Druck des damaligen Innenministers Kanther beabsichtigte die Bundesregierung im Jahre 1997 nach heftigen politischen Auseinandersetzungen, die es seit 1995 übrigens selbst innerhalb des BMI gab, Kryptografie in Deutschland quasi zu verbieten (Verschlüsselungen sollten allenfalls und für den Export  mit schon damals leicht zu knackenden Schlüsseln in der  Stärke von nur 56 Bit DES  zulässig sein).

Über die  Auseinandersetzungen berichtete die Computerwoche in ihrer Ausgabe vom 4. April 1997: http://www.computerwoche.de/heftarchiv/1997/14/1097998/ .

Parallel sollte jeder angewandte Schlüssel zentral beim Staat hinterlegt werden (Key Recovery). Selbst PGP- Verschlüsselungen ohne hinterlegten Schlüssel, wie er mit PGP 5 vorgesehen war,  wären somit letztlich quasi illegal gewesen. Sicherheitsbehörden hätten auf diese hinterlegten Schlüssel jederzeit Zugriff gehabt. Mit Hilfe dieser Massnahmen sollte laut Kanther Kriminellen die Möglichkeit genommen werden, Mitteilungen und Festplatten zu verschlüsseln. Unsere Gegeneinwände waren damals verfassungsrechtlicher Art (Art. 10 Abs. 1. GG, Vertraulichkeit der Kommunikation) und die  für kriminelle Elemente einzusetzenden technischen Möglichkeiten, eine solche Regulierung leicht zu umgehen.

Benachteiligt wäre also lediglich der gesetzestreue Bürger gewesen, der seine Daten  nicht mehr im erforderlichen Mass hätte schützen können. Auch Wirtschaft und Forschung hätten beliebig Opfer von Forschungsspionage werden können. Nicht wenige Kritiker unterstellten damals wohl berechtigt  den USA, genau dies mit einer Kryptoregulierung in Wahrheit auch bezwecken zu wollen. Namentlich der damalige US- Vizepräsident Al Gore übte erheblichen internationalen Druck aus, zu einer Regulierung zu kommen. Die US- Regierung ernannte dafür 1996 eigens einen Sonderbotschafter (David Aaron), der damals weltweit Regierungen und aufmüpfige Abgeordnete auf us- amerikanische „Linie“ bringen sollte. Zur us- amerikanischen Kryptokontrollpolitik nahm damals die FITUG http://www.fitug.de/news/1998_99/aaron.html kritisch Stellung.

Ein breites Bündnis aus Datenschützern, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürgerrechtlern konnte damals jedoch letztlich die Kryptoregulierung verhindern. Auf Kanthers Seite stand am Ende der gut vorbereiteten Auseinandersetzungen niemand mehr – ausser dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das sich entgegen eigener und entgegengesetzter  interner Einschätzungen dem Druck seines „Dienstherrn“ beugen musste. Das BSI befürwortete eine Kryptoregulierung. Auch dieser Vorgang zeigt, dass das BSI aus dem Verantwortungsbereich des Bundesministeriums des Inneren herausgelöst werden muss.

(….wird fortgesetzt….)