Vor geraumer Zeit hat der Präsident des Bundeskriminalamtes, Ziercke, in einem Welt – Interview die Löschung von IP- Adressen angesprochen. Die zunächst etwas ironische Anfrage
https://www.tauss-gezwitscher.de/?p=302
entwickelte sich zu einem äußerst interessanten Schriftwechsel.
„Natürlich“ gab es bis heute keine Beantwortung der eigentlichen Frage zur IP- Löschung, sondern vielmehr interessante Betrachtungen zum Zugangserschwerungsgesetz. So teilte der Sprecher des BKA mit, dass sein Haus „auf gesetzlicher Grundlage ab Wirkbetrieb des Access Blocking auf vertraglicher oder gesetzlicher Basis die Sperrliste generiert.“
Die hierzu gestellte und vom Bundeskriminalamt eigentlich mit einem klaren JA oder NEIN zu beantwortende Frage wurde nicht beantwortet:
Darf ich Ihre 2. Antwort also jetzt so verstehen, dass sie gegenwärtig, trotz einiger bestehender Verträge, noch keine Sperrlisten generieren, sondern das Ende des Gesetzgebungsverfahrens abwarten und auch von den Verträgen keinen Gebrauch machen werden?
Hierzu wurde mir vom BKA folgendes mitgeteilt:
Der gesamte bisherige Mail- Verkehr ist nachstehend dokumentiert.
>Mit freundlichen Grüßen
>Im Auftrag
>Bundeskriminalamt Wiesbaden
>Öffentlichkeitsarbeit
Tauss an BKA (2.2.)
Sehr geehrter Herr…,
offensichtlich reden wir etwas aneinander vorbei. Ich bedauere, wenn ich mich so missverständlich ausdrücke. Daher nehme ich jetzt unmittelbar auf Sie Bezug:
>woraus Sie schließen, dass das BKA ohne gesetzliche Grundlage an Sperrlisten arbeitet, kann ich nicht nachvollziehen.
Indem Sie davon sprachen, auf vertraglicher Grundlage Sperrlisten zu generieren. Ich zitiere (Sie, das BKA): „d.h. ab Wirkbetrieb des Access Blocking auf vertraglicher oder gesetzlicher Basis, die Sperrliste generieren. Darf ich Ihre 2. Antwort also jetzt so verstehen, dass sie gegenwärtig, trotz einiger bestehender Verträge, noch keine Sperrlisten generieren, sondern das Ende des Gesetzgebungsverfahrens abwarten und auch von den Verträgen keinen Gebrauch machen werden?
>Da Ihre erste Anfrage wenig konkret war, hatte ich versucht, etwas ausführlicher zu dem Thema zu antworten.
Hierfür bedanke ich mich. Ich hatte mich bei meiner ersten Anfrage allerdings überhaupt nicht auf die leidigen Sperrlisten bezogen. Vielmehr bezog mich auf Äußerungen Ihres Präsidenten, er wolle IP- Adressen LÖSCHEN. Insofern darf ich einfach nochmals aus dieser Mail, die auch unten angehängt ist, zitieren. Ich wollte wissen, wie es geht:
IP- Adressen (zu) löschen bzw. wie eine IP- Adresse gelöscht werden kann und wie oft Sie bei der Verfolgung krimineller Elemente IP- Adressen löschen oder gelöscht haben?
Der von Ihnen selbst hergestellte Zusammenhang aus der Löschung einer IP- Adresse und der Sperrliste erschliesst sich mir nicht. Denn mit einer Sperre wird auch nicht gelöscht. Deshalb meine Frage nach Löschung. Ich hoffe, dass ich jetzt etwas verständlicher geworden bin.
Mit freundlichen Grüßen Jörg Tauss
Von: Jörg Tauss an BKA
Löschung von IP- Adresse:
Sehr geehrter Herr….
vielen Dank für Ihre Antwort. Sie passt allerdings nicht zur Frage. Diese bezog sich ausdrücklich auf die Löschung von IP- Adressen, die Möglichkeit der Sperrung von IP- Adressen und konkret auf Äußerungen des BKA- Präsidenten.
Allerdings entnehme ich Ihrer Antwort zudem etwas ganz anderes: Nämlich dass das BKA unverändert und ohne jegliche gesetzliche Grundlage an Sperrlisten arbeitet. Habe ich das richtig verstanden?
Mit freundlichen Grüßen Jörg Tauss (mit voller Postanschrift)
BKA an Tauss (2.2.)
Sehr geehrter Herr Tauss,
beim Bundeskriminalamt laufen eine Vielzahl von Informationen zu strafbaren Inhalten im Internet, insbesondere auch zu kinderpornografischen Inhalten, zusammen. Im Rahmen unserer täglichen Arbeit gehen wir selbstredend Hinweisen auf kinderpornografische Inhalte im WWW nach, um aus diesen Hinweisen (sowie aus ausländischen Sperrlisten) zukünftig d.h. ab Wirkbetrieb des Access Blocking auf vertraglicher oder gesetzlicher Basis, die Sperrliste zu generieren.
Bei Angeboten, die auf Servern im Ausland liegen, unterrichten wir im Rahmen des internationalen polizeilichen Nachrichtenaustauschs auf dem Interpol Weg die zuständigen Stellen.
Bereits existierende ausländische Sperrlisten können hier nicht ohne eigene – auf der deutschen Gesetzgebung fußende, inhaltliche – Bewertung im Einzelfall übernommen werden, da im Ausland die Definition der Begriffe „Kind“ und „Pornografie“ abweicht. Festzuhalten ist, dass mit den anderen europäischen Staaten, die Access-Blocking betreiben, enge Abstimmungen auch bezogen auf die Generierung der Listen erfolgen werden, das Bundeskriminalamt aber ohne eigene Prüfung keinen Eintrag auf seiner Sperrliste vornehmen wird.
Der §163 StPO (Legalitätsprinzip) ist dem Bundeskriminalamt bekannt. Die erforderlichen Maßnahmen werden von hier aus eingeleitet. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir aus ermittlungstaktischen Gründen hierzu keine Einzelheiten mitteilen. Bei künftigen Anfragen geben Sie bitte Ihre volle Anschrift an, da wir üblicherweise keine anonymen Anfragen beantworten.
Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag
Bundeskriminalamt Wiesbaden
Tauss an BMI, 19. 2.
Sehr geehrte Damen und Herren,
laut Pressemeldungen hat Herr Präsident Ziercke über die „Sperrung von IP- Adressen“ im Internet erneut wichtige und wegweisende technische Dinge gesagt. Dies führte in meinem Bekanntenkreis, dem sogar Informatiker angehören, zu meinem Bedauern zu sehr ironischen Anmerkungen über das BKA. Diese Polemik wird zweifelsohne Ihrer wichtigen Arbeit und dem Ernst der unglaublichen Bedrohungen, die täglich unser Land heimsuchen, nicht gerecht. Noch schlimmer: Jetzt wurde durch den genannten Personenkreis bei diesen Gesprächen sogar die Fachkompetenz des höchsten deutschen Polizeirepräsentanten und des BKA angezweifelt. Dies geht mir nuneindeutig zu weit und es erschüttert mich geradezu. Wem soll man noch glauben, wenn man schon Ihnen nicht mehr glauben könnte? Da ich also sicher annehme, dass dem BKA entsprechende Erkenntnisse vorliegen, bitte ich Sie als technischer Laie um fachkundige Argumentationshilfe, wie Sie IP- Adressen löschen bzw. wie eine IP-Adresse gelöscht werden kann und wie oft Sie bei der Verfolgung krimineller Elemente IP- Adressen löschen oder gelöscht haben? Könnten wir Bürger Sie bei Ihrer Arbeit möglicherweise sogar entlasten, indem wir künftig selbst IP- Adressen löschen, die uns verdächtig erscheinen?
Es wäre mir ein Vergnügen, diesen destruktiven BKA- Kritikern staatsbürgerlich mit Ihrer Hilfe, mit der Macht des Wortes und unter Verwendung Ihrer Hintergrundinformationen mit noch größerer Fachkunde entgegen treten zu können!
Mit bestem Dank und freundlichen Grüßen verbleibe ich Jörg Tauss (MdB von 1994 – 2009)