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Die Lügen des Herrn Gabriel zur VDS

Aufgrund der gestrigen ARD- Brennpunktsendung zur Bildung einer Großen Koalition habe ich dem SPD- Parteivorsitzenden heute nachfolgende Mail geschickt. Denn er hat in Sachen Vorratsdatenspeicherung während der Sendung dreist gelogen:

Werter Ex- Genosse Gabriel,

mit Interesse habe ich gestern den Brennpunkt zur Bildung einer Großen Koalition verfolgt. Abgeschaltet habe ich nach den unglaublichen Antworten zur Vorratsdatenspeicherung auf Frage von Ulrich Deppendorf.

Dass der SPD- Vorsitzende hierfür ausgerechnet das Verbrechen des Breivik in Norwegen an sozialdemokratischen Jugendlichen als Begründung der Notwendigkeit heranzieht, blieb an Geschmacklosigkeit bislang Herrn Uhl als CSU- Rechtsaußen vorbehalten. Denn nichts davon ist richtig. Obwohl Norwegen eine Vorratsdatenspeicherung hat, konnte der Mordanschlag und der Anschlag in Oslo selbst nicht verhindert werden. Breivik wurde auch nicht wegen der Vorratsdatenspeicherung festgenommen. Ganz im Gegenteil hat er seine Pläne nicht Online verbreitet. Kurz: Die VDS spielte in seinem Fall, vor und nach der Tat und im Strafverfahren selbst, keinerlei Rolle. 

Der weitere Hinweis auf eine VDS nur bei „schweren Verbrechen“ geht ebenso fehl. Denn die Vorratsdatenspeicherung betrifft ausnahms- und verdachtslos die GESAMTE Bevölkerung ohne jegliche richterliche Einschaltung. Dass diese Einschränkung dessen ungeachtet ein stumpfes Schwert ist, weiß man spätestens seit der Quellen- Telekommunikationsüberwachung. Welcher Richter widerspricht einer Überwachung, wenn ihm die Ermittlungsbehörden dafür Anhaltspunkte vorlegen, die er nicht einmal überprüfen kann? 

Dass die VDS auch nichts mit der NSA- Affäre zu tun hätte, ist gleichfalls eine zumindest grob irreführende Darstellung. Denn auf diese gesammelten Daten greift selbstverständlich künftig die NSA zurück: Legal durch Vereinbarung, siehe das unsägliche Fluggastdatenabkommen, oder illegal, wie bisher.  Dass der SPD- Vorsitzende Gabriel mit Bürgerrechten nichts am Hut hat, wissen wir nicht erst seit gestern. Dass er es allerdings derart unverfroren nötig hat, die Öffentlichkeit in einer zentralen rechtspolitischen Frage zu belügen, ist inakzeptabel. Wie soll man da sonst etwas glauben, was darüber hinaus in Zusammenhang mit diesem „Vertrag“ so landauf – landab behauptet wird? 

Allein dieser Vorgang hielte mich, neben der Verheimlichung der Kabinettsliste, als SPD- Mitglied davon ab, dieser Großen Koalition zuzustimmen. Möglicherweise sind für die Umsetzung des Vertrages ja noch mehr Personen zuständig, die ein mindestens ebenso gestörtes Verhältnis zur Wahrheit haben, wie der Parteivorsitzende selbst. 

Mit freundlichen Grüßen Jörg Tauss

Nachtrag:

Zwischenzeitlich habe ich am 30. 11. eine Antwort bekommen. Natürlich weder von Gabriel noch von dessen Büros. Der Textbaustein zeigt, dass die SPD derzeit offensichtlich jede eingehende Mail allein auf die Große Koalition bezieht. Wahrscheinlich sogar, wenn sie eine Müllgebührenrechnung erhält. Jedoch erfolgt keinerlei Beschäftigung mit dem Anliegen (siehe Text oben) eines Inhalts noch ist erkennbar, dass Stellungnahmen irgendwo aufgegriffen und analysiert werden. Hier geht es nur noch um „Augen zu und durch….. “

Die verantwortungslose Lügerei Gabriels in Sachen Breivik und Vorratsdatenspeicherung bleibt im Raum:
Am 30.11.2013 um 15:12 schrieb Parteivorstand der SPD:

Lieber Jörg,

vielen Dank für Deine E-Mail, die uns am 28.11.2013 erreicht hat.

Danke für Deine Kritik, die wir ernst nehmen. In einer Großen Koalition ist nicht alles möglich was wir Sozialdemokratinnen und -demokraten uns wünschen. Aber ich finde: Man muss schon schwergewichtige Gründe haben, nicht zumindest das möglich zu machen was erreicht werden kann. Denn es gibt Millionen Menschen in Deutschland – unsere Anhänger – denen geht es nicht um Parteitaktik, sondern darum, dass sich in ihrem Leben ganz konkret etwas verbessert. Und das nicht irgendwann, sondern jetzt. 

Unsere Entscheidung hat für viele unserer Wählerinnen und Wähler ganz praktische Folgen für ihr tägliches Leben. Das muss jede und jeder bedenken. Deshalb werben wir für diesen Koalitionsvertrag.

Mit freundlichen Grüßen aus dem Willy-Brandt-Haus

Juliane Wlodarczak, SPD-Parteivorstand, Direktkommunikation

Der SPD- Sicherheitswahn

Vor einem knappen Vierteljahrhundert prägte, wie heute der Terrorwahn, ein Popanz die politische Debatte zur inneren Sicherheit: Damals war es die „organisierte Kriminalität“

Medien redeten sie herbei, die SPD geriet, wie auch die FDP, unter massiven medial- öffentlichen und politischen Druck, endlich der Verwanzung von Wohnungen zuzustimmen, um dieser allüberall lauernden „Großkriminalität“ als quasi einzig wirksamem Mittel Herr zu werden. Wer wissen will, wie öffentliche Hysterie in Sachen innere Sicherheit erfolgreich geschürt wird, um Sicherheitsorganen endlich deren gewünschte Instrumente an die Hand zu geben, wird damals fündig und findet dort, auch für heute noch gültig, die Gebrauchsanleitung.

Zuvor gab es nur in RAF- Zeiten, beispielsweise bei der Rasterfahndung, vergleichbare Debatten. Denen lagen in den 70iger Jahren mit Baader/ Meinhof aber immerhin konkrete Anlässe zugrunde. Spätere Bedrohungslagen wurden oft genug schlicht erfunden. Wer erinnert sich beispielsweise nicht an die permanenten Hinweise des BKA- Präsidenten Ziercke, selbst SPD- Mitglied und von Schily ins Amt gehievt, auf Anschläge vor und nach Bundestagswahlen? Auf dessen Online- Durchsuchungswahn? Ziercke sorgte mit zu Guttenberg medial auch für die, später wieder aufgehobene, unsägliche Zensursula- Gesetzgebung, indem er gegenüber Öffentlichkeit und Parlament so schlicht, verlogen wie erfolgreich 2008 den „Milliardenmarkt“ für Kinderpornografie erfand.

Wer nach Gründen sucht, weshalb gerade die SPD für diese Art der Hysteriesierung von Innenpolitik empfänglich ist, findet diese vor 20 Jahren, heute fast auf den Tag genau im November 1993, beim Wiesbadener SPD- Bundespartei. Damals ging es um den, vom Bundesverfassungsgericht später für  grundgesetzwidrig erklärten „großen Lauschangriff“, sprich die Verwanzung der „Gangster“- Wohnungen „Verdächtiger“.

Die Partei wurde von Medien und Union, wie übrigens auch die später zurückgetretene Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und die FDP, monatelang vor sich hergetrieben. Deshalb entschlossen sich der damalige Parteivorsitzende Rudolf Scharping und dessen, dann später zur „Linken“ gewechselter, „innenpolitische Sprecher“, Ulrich Maurer, zur Kehrtwende. Mit der SPD ging in Sachen Lauschangriff mit Scharping und Maurer dann 1993 plötzlich ALLES. In den konkreten Verhandlungen mit der Union wurden später sogar die Bedingungen des Parteitags für eine Zustimmung zur Änderung von Artikel 13 GG („Unverletzlichkeit der Wohnung“) gnadenlos weggefegt.

Maurer triumphierte zuvor, dass die SPD „nunmehr die Partei der inneren Sicherheit“ sei. Die Union, so der spätere Pseudolinke, sei gegenüber der „organisierten Kriminalität handlungsunfähig“.

Dies war die bis heute anhaltende Stunde der Schily, Scholz, der Jägers aus NRW oder der Galls in Baden- Württemberg. Die SPD ist heute ernsthaft der verinnerlichten Auffassung, dass sie Wahlen mit dem Thema innere Sicherheit gewinnen könne, wenn sie nur keine Angriffsfläche biete und, siehe Vorratsdatenspeicherung, der Union bedingungslos folge.

Und nicht nur das: KEINE Partei hat im Deutschen Bundestag jeweils mehr Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten zugestimmt, als ausgerechnet die SPD. Biometrische Ausweise, Zensursula, BKA- Gesetz und Vorratsdatenspeicherung waren die letzten größeren Brocken. Meine Konflikte mit Schily in diesen Zusammenhängen werden irgendwann meine Memoiren füllen, sollte ich mal welche schreiben. Er mochte mich gar nicht mehr leiden, nachdem ich ihm in der Fraktion „Blockwartmentalität“ vorwarf. Nichts anderes aber kennzeichnet diese Leute.

Doch begonnen hatte dieser Marsch der SPD in den Überwachungs- und Präventionsstaat in Wiesbaden. Seit dieser Zeit wird sozialdemokratische Innenpolitik, wie in ganz Deutschland, von Paranoikern bestimmt, mit denen auch keine Kompromisse gemacht werden können und dürfen. Deren Haltbarkeit reicht jeweils nur bis zur nächsten Sau, die medial durch die Dörfer getrieben wird. Siehe die nun in der Großen Koalition auch erneut verhandelte Quellen- Telekommunikationsüberwachung, Vorratsdatenspeicherung und alles, was der derzeitige Innenminister Friedrich, bis hin zur Überwachung aller PKW, schon mal vorsorglich auf die Tagesordnung der Großen Koalition gesetzt hatte.  

Dies alles wird in den nächsten Jahren auch wieder kommen. Es sind keine übereifrigen Beamten, die da eben mal solche Papiere schreiben. Es ist deren Wunschkatalog, der nach aller Erfahrung Stück für Stück umgesetzt wird. Denn der Überwachungsstaat ist, nicht nur wegen der NSA, längst Realität und wird entsprechend ausgebaut. Und die SPD findet nichts dabei. Trotz NSA.

Meine 10 schlimmsten Niederlagen als MdB

Ein (übrigens sehr tüchtiger!) Mitarbeiter der grünen Bundestagsfraktion hat kürzlich auf twitter und nach Meckereien von mir gefeixt, ich hätte mich im Bundestag doch immer durchgesetzt. Zitat:

 JoernPL ‏@JoernPL @tauss ich denk, du hättest Dich immer durchgesetzt?!? Früher und so.

Nette Ironie. Gefällt mir. Aber bevor ich sarkastisch unterlegte Legende werde, oute ich mal meine schlimmsten Niederlagen im Zeitraum 1994 – 2009, sofern es sich um meine Zuständigkeitsbereiche als MdB gehandelt hat. Deshalb sind die Punkte nur individuell und nicht gesamtpolitisch zu sehen (falls jemand zur Recht viel wichtigere politische Themen aus jener Zeit bis hin zu Krieg und Frieden vermisst): :

  1. Das Telekommunikationsgesetz. Hier hatte ich es gegen die Telekomlobby in der SPD-Fraktion nicht geschafft, statt der ISDN-Merkmale einen breitbandigen Universaldienst zu verankern.
  2. Die „Multimediagesetze“ des Bundes und der Länder. Damals ging es mit dem Unfug los, das Internet dem Rundfunk gleichzusetzen. Sendezeiten im Internet und so….
  3. Der große Lauschangriff. Da habe ich ganz kläglich versagt und ließ mich von den Innenpolitikern (damals zum letzten Mal allerdings) täuschen (es wäre das Ende der Fahnenstange und so..) Was danach kam waren immer schlimmere Schritte, auch in der Strafprozessordnung.
  4. Der Hackerparagraph. Hier hat sich mein Lieblingsfeind am Bundesgerichtshof durchgesetzt, der den Rechtsausschuss entsprechend bequatschte und dem das Internet schon immer ein Graus war. Herr Graf durfte übrigens später ganz „unbefangen“ meine Revision vor dem BGH  im Strafverfahren mit ablehnen.
  5. Die Vorratsdatenspeicherung. Schily scheiterte zunächst an mir (sage ich mit großer Freude). Er trug seinen Schwachsinn dann leider erfolgreich nach Europa. Erfreulicherweise scheiterte die VDS dann bis heute am Bundesverfassungsgericht.
  6. Das BKA-Gesetz und die Telekommunikationsüberwachungsverordnungen als weitere Schritte in den Präventions- und Überwachungsstaat, der systematisch den Rechtsstaat in Deutschland ablöst.
  7. Das von mir mitformulierte Gesetz zum Verbot von Studiengebühren wurde durch das Bundesverfassungsgericht als „verfassungswidrig“ gekippt. Selten war ich so stolz, verfassungswidrig zu sein. Der Bund sei nicht zulässig- die Länder durften Studiengebühren einführen. Jetzt geht’s zum Glück wieder in die andere Richtung.
  8. Mit der Föderalismusreform 1 wurde gegen meinen heftigen Widerstand (als Sprecher für Bildung und Forschung) das grundgesetzliche Kooperationsverbot im Bildungsbereich verankert. Der Bund darf seither „Bildung“ nicht mehr mitfinanzieren.
  9. Datenschutz. Das Jahr 2008 sollte nach den Skandalen bei Bahn, Lidl und Telekom eigentlich das Jahr eines modernen und lesbaren (Beschäftigten-)Datenschutzes werden. Doch der heutige innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Hartmann und der zwischenzeitlich verstorbene Peter Struck entzogen mir zuvor in einer Nacht- und Nebelaktion im November des Jahres 2008 die Zuständigkeit für mein langjähriges Themengebiet, um faule Kompromisse mit der Union zu ermöglichen.
  10. Zensursula. Die Front „…aber denkt doch an die armen Kinder und die BILD-Zeitung..“ war zu stark. Für mich war das übrigens auch meine wohl wichtigste Rede im Bundestag- eine der Letzten. Nur zwei damalige (SPD!) Kollegen stimmten noch mit mir gegen den später sang- und klaglos wieder eingestampften Quark der von der Leyens und Guttenbergs: Steffen Reiche und Wolfgang Wodarg. Alle anderen kapitulierten vor BILD und Peter Struck. Diese letzte Niederlage war dann auch mein Abschied von der SPD. Daher sass ich mit Vergnügen auf der Pressetribüne des Bundestages, als das Machwerk in der anschließenden Legislaturperiode kleinlaut wieder gekippt wurde.

Die obigen Beispiele sollen zeigen, dass man sich in der Politik viele blutige Nasen holen kann. Zu diesen darf man aufrecht stehen und sie nicht, wie heute politisch eher üblich, noch als modisches Accessoire verkaufen wollen, werte Grüne.

Niederlagen (auch in einer Enquete) nicht zu benennen und gar als Teil-(Erfolge) verkaufen zu wollen, führt bestenfalls zur viel diskutierten Politikverdrossenheit und zu jenen Glaubwürdigkeitskrisen, denen Parlamentarier heute und zunehmend ausgesetzt sind. Ganz schuldlos sind sie daran leider nicht.

Steinbrück & Co

Ansehensverlust „der Politik“?  Abwendung der Bevölkerung von „der“ politischen Kaste? Gar Hass auf „das Politische“, wie der Focus schreibt? Eher erstaunlich ist, dass sich „die“ Politik darüber zu wundern scheint. Denn sicher geschieht dabei „der Politik“ auch Unrecht. Denn korrupter ist „die Politik“ in Deutschland in den letzten Jahren nicht geworden. Deutlich wird nur, dass die Regierungskoalition Transparenz bei den Nebeneinkünften ihrer Abgeordneten verweigert und dass der §108e StGB (Abgeordnetenbestechung) nicht an internationale Antikorruptionsabkommen angepasst wird.

Schon die Debatten darüber führen zur berüchtigten Politikverdrossenheit, da Mauscheleien heute eben das grelle Licht der Öffentlichkeit erreichen, wo sie früher im Dunklen blieben. Das ist das eigentliche Pech für die Wulffs oder Steinbrücks. Raffkes und Wichtigtuer fielen früher einfach weniger auf. Denn was ist schließlich der Urlaub in der Villa eines Millionärskumpels gegenüber einem Franz Josef Strauss, der es im Amt vom einfachen Landrat, Abgeordneten, Verteidigungsminister und Ministerpräsidenten zum Multimillionär brachte? Trotz seiner natürlich nicht geringen Einkünfte aus öffentlichen Kassen könnte er dies niemals schaffen. Seine Deals in die eigene Tasche, vor allem mit Hilfe der Rüstungsindustrie, wären mit den heutigen Möglichkeiten der Kontrolle einer sensibilisierten Öffentlichkeit nicht mehr möglich.

Und da sind wir eben aktuell wieder bei Leuten wie Wulff oder Steinbrück, welche das nicht verstehen wollen oder können. Darf ein Politiker keine Freunde haben, die einem uneigennützig eben mal ne Menge Geld leihen jammerte Wulff. Dürfen Sozialdemokraten kein Geld verdienen, klagte Steinbrück. Ihr Pech ist es, neben den Guttenbergs eben in der falschen und für sie tödlichen medialen Öffentlichkeit des Internet Politiker geworden zu sein. Ein FJS wäre in dieser Welt so heute nicht mehr möglich. Das mag den Genannten zum kleinen Trost gereichen.

Steinbrück hat kein Projekt

Ist Geld verdienen verwerflich? Grundsätzlich NEIN. Aber es kommt eben darauf an. Unappetitlich kann schon die Nähe zu den Geldgebern werden. Dies betrifft nicht nur Anwaltskanzleien, von denen man sich Gesetze schreiben und Vorträge finanzieren lässt.

Steinbrücks Problem ist aber noch ein ganz anderes. Er verdient bereits nach seinem Amt als Finanzminister und nebenher als MdB. Das ist ihm nicht unbedingt vorzuwerfen, wenngleich es eher eine schwarzgelbe Spezialität ist. Vorwerfen kann man ihm aber seine daraus resultierende Vernachlässigung des Abgeordnetenmandats, zumal er nicht aus der Politik ausscheiden wollte und das höchste Regierungsamt anstrebt. Sein Engagement in der Finanzkrise, also seine Kernkompetenz, blieb jenseits von Vorträgen oberflächlich. Das lässt auf mangelnde Ernsthaftigkeit schließen. Insgesamt fehlt ihm daher ein Projekt, für das er glaubhaft stünde. Es kommen keine Antworten, wofür er steht oder wofür er wenigstens einmal namhaft spendete. Er sagt immer das, was ihm gerade einfällt oder was ihm Parteitagsredenschreiber an Nettigkeiten auflisten.

Schröder stand noch engagiert für etwas, mag man nun dessen Agenda 2010 befürworten oder ablehnen. Selbst der unsägliche Geschäftemacher FJS stand wenigstens für bayerische Folklore und die Schlitzohrigkeit, den damaligen DDR-Oberen und Devisenbeschaffern bayerische Fleischreste verkauft zu haben. Wulff stand nur noch für sich selbst und seine Wichtigtuerei. Steinbrück steht für Nichts.

Ein ehemaliger NRW- Ministerpräsident und dortiger Bundestagsabgeordneter hat eben die Verantwortlichen der Stadtwerke einer bankrotten Stadt zu fragen, ob sie noch ganz dicht sind, wenn sie ihm ein Honorar von 25.000.– Euro für ein abendliches Referat andienen wollen. Das wäre nicht nur eine Frage politischen Anstands, sondern eine schlichte Selbstverständlichkeit.

Mit gerührter Stimme beklagt aber dieser Steinbrück auf SPD-Parteitagen dann lieber und berechtigt die schwierige Lage von Studierenden auf dem Wohnungsmarkt. Prima. Das Studentenwerk Bochum hätte mit 25.000.– Euro schon beim einen oder anderen dieser Probleme von Studierenden helfen können. Diese Rede lässt bei mir aber schon deshalb den Kamm senkrecht schwellen, weil ich wochenlang hinter ihm her rannte, um im Rahmen des damaligen Konjunkturprogramms ein paar Milliönchen für studentischen Wohnungsbau zu ergattern. Tatsächlich konnte so wenigstens nach langem Kampf etwas Geld für energetische Sanierungen in Studentenwohnheimen gepumpt werden. Aber viel lieber steckte man die Mittel tausendfach verpufft in die wenig nachhaltige Abwrackprämie.

Und hier sind wir beim Steinbrück- Problem. Er interessiert sich nicht wirklich für die realen Probleme von Menschen. Deutlich wurde dies zuletzt auch an seinem 5.– Euro Fauxpas, als er seine Weingewohnheiten mit einer Kindergelderhöhung in Zusammenhang brachte. Das Beispiel war nicht nur wegen des Themas unpassend. Ihm fehlt als Sozialdemokrat offensichtlich jedes Gespür dafür, dass es in manchen Familien besonderer Anlässe bedarf, sich auch für „nur“  5.– oder 10.–  Euro mal wieder einen ordentlichen Wein zu leisten.

Insofern kann Merkel kalt lächelnd mit dem Verweis auf ihre ausreichenden Bezüge punkten. Und sie lenkt dank dieser Eskapaden unseres deutschen Mitt Peer Romney vom eigentlichen Treiben ihres Kabinetts und von schwarzgelber Korruption ab. In dieser Gemengelage entsteht in der Tat Hass auf die Politik. Die Wirkung ist grauenvoll, sagt Parteienforscher Falter. Leider richtig.

Meldegesetz: Schlechte Arbeit und verräterische Sprache

„Die Widerspruchslösung sei für jeden, der nicht wolle, dass seine Daten nicht weitergegeben würden, ein probates Mittel“ (Helmut Brandt, MdB (CDU), Süddeutsche Zeitung

Wenn Sprache verräterisch ist, dann hier. Die doppelte Verneinung (Zitat oben) des zuständigen CDU-Berichterstatters in Zusammenhang mit dem neuen Meldegesetz spricht Bände. Einige Anmerkungen zum Verfahren, zu einigen der Beteiligten und zur jetzigen Debatte: Weiterlesen

Parlaments-Bevormunder

Da könnte ja jeder kommen. Bei der Euro-Rettungsschirm-Debatte und bei anderen Gelegenheiten wurden im Deutschen Bundestag schon mal „abweichende“ Meinungen artikuliert. Furchtbar. Das geht ja nun mal gar nicht. Sagt Herr Kauder. Sagen Union, SPD und FDP in seltener Eintracht.

Einer, der in solchen Fällen immer wieder übel „auffällt“, ist beispielsweise der CSU-Abgeordnete Gauweiler. Der erlaubte es sich sogar, gelegentlich gegen die eigene Obrigkeit vor dem Bundesverfassungsgericht zu Felde zu ziehen. Aber solche und andere unangenehme Stimmen werden, geht es nach den derzeitigen Fraktionsführungen, künftig unterbunden. Reden sollen im Plenum des hohen Hauses nur noch jene, die von der jeweiligen Fraktion dazu die ausschließliche Erlaubnis erhalten, dabei selbstverständlich die Meinung ihrer OBEREN und wohl am Besten zum Lobe der Regierung, wider geben. Eigentlich genügte es, so betrachtet, künftig ganz ohne Bundestag die Pressemeldung der jeweiligen Fraktionsführung zu verlesen. Dieser Vorgang ist schlicht ungeheuerlich und alarmierend. Weiterlesen

VDS: Zurücklehnen reicht

Keine Mehrheit im Bundesrat für die Vorratsdatenspeicherung?

Die heiß umkämpfte Vorratsdatenspeicherung hätte derzeit keine Mehrheit im Bundesrat. Denn gegen die uneingeschränkten Befürworter aus SPD und Union in den Ländern könnten sich bei den gegenwärtigen Mehrheitsverhältnissen durchaus Grüne, FDP und Linke bequem durchsetzen: Wenn sie es denn wollten.

Allerdings ist schon die FDP keineswegs so konsequent in deren Ablehnung, wie sie es nach außen gerne darstellt. So hört man wenig aus Bayern, Heimat von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, die dort sogar den Landesvorsitz inne hat. Und da liegt man bekanntlich im christsozialen Koalitionsbett. Schon in den Verhandlungen mit der CSU fielen die bayerischen Liberalen aber erstaunlicherweise kaum durch bürgerrechtliches Engagement auf. Würden sie es sich aber anders überlegen, müsste sich der Freistaat trotz dessen Hardliner und Innenminister Herrmann im Bundesrat der Stimme enthalten.

Das aber wären schon mal 6 Stimmen weniger in der Länderkammer, Weiterlesen

„Mehr“ Demokratie contra „Demokratie“

+++ Abstimmung auf dem SPD- Parteitag für Vorratsdatenspeicherung++++

SPD- Parteitag stärkt die Union in Sachen Vorratsdatenspeicherung

Zwei Parteitage, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, fanden zeitgleich an unterschiedlichen Orten statt. Die gute alte SPD tagte in Berlin, die Piraten trafen sich in Offenbach. Außer der Bezeichnung „Parteitag“ haben beide Politevents wenig miteinander zu tun.

Bei den einen gibt es das verzweifelte Bemühen, mit Hilfe Helmut Schmidts und stundenlangen Reden des Führungspersonals an glorreichere Tage politischen Erfolgs anzuknüpfen. Bei den anderen brodelt nach dem ersten Einzug in das Berliner Abgeordnetenhaus eine politische Ursuppe, von der niemand richtig weiß, was daraus entstehen kann oder noch entstehen wird und kann. Jugendliche Ungeduld und Aufbruchstimmung kontrastiert auffällig zur ältesten Partei Deutschlands, die mit Union und der Linken auch im Altersschnitt der Mitglieder wenig rüstig ins Rentenalter strebt.

Just in die Zeit dieser beiden Parteitage fiel der bislang größte außerparlamentarische Erfolg der Piraten, die mit der Netzbewegung den Versuch der Installation einer Zensurinfrastruktur im Internet in Deutschland verhindert hatten. Sang- und klanglos räumte der Bundestag seinen eigenen gesetzgeberischen Unfug des Zensursula-Gesetzes nach zweijährigem Siechtum ab.

Die SPD musste zerknirscht ihren Irrtum einräumen, dem sie in großer Koalition mit der Union gegen alle Warnungen populistisch mit der vermeintlichen Bekämpfung von Kinderpornografie erlegen war. Selbst dieser Triumph war den Piraten in Offenbach auf der Suche nach neuen Ufern aber kaum noch ein Wort wert.

Bei der SPD wäre Vergleichbares medial inszeniert in minutenlangen Parteitagsovationen abgefeiert worden. Und dennoch lernt man dort offensichtlich wieder nicht aus den bürgerrechtlichen Fehlern der Vergangenheit, die seit dem verfassungswidrigen großen Lauschangriff bis hin zu Zensursula Methode sind. Unbelehrbar folgt die Partei, welche vor Jahrzehnten „mehr Demokratie wagen“ wollte, ihrem Vorsitzenden Gabriel auf auf dem weiteren Weg vom Rechtsstaat in den präventiven Überwachungsstaat.

Drei statt bislang sechs Monate Vorratsdatenspeicherung sollen jetzt ein „Kompromiss“ sein, der jetzt auch noch an die Bundestagsfraktion als Material „überwiesen“ wird. Dort aber sitzen eher Befürworter denn Gegner der Bürgerüberwachung. Das mehrfach verschobene politisch feige Signal des SPD-Parteitags, jetzt noch einmal verschoben, ist klar:

Lieber verbündet man sich seitens der SPD-Führung einmal mehr mit einem erzreaktionären BKA-Präsidenten mit SPD- Parteibuch oder dem innenpolitischen Amokläufer und Unions-Mann Hans-Peter Uhl, als in Sachen VDS der letzten Sozialliberalen in der FDP, Justizministerin Sabine Leuheusser-Schnarrenberger, den Rücken zu stärken. Die SPD begreift nicht einmal das Problem: Es geht nicht um die Speicherzeit von Vorratsdaten als solchen, sondern darum, ob man präventiv die Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger speichern und diese damit unter Generalverdacht stellen will.

Mit einem einzigen Satz wurde die SPD vom Piratenvorsitzenden Sebastian Nerz bei diesem Herumgeeiere deshalb bürgerrechtlich versenkt: Piraten wollten nicht mehr nur MEHR Demokratie, sondern statt dessen DEMOKRATIE wagen. Volltreffer. Chapeau! Aus der Debatte um Bürgerrechte hat sich die SPD mit ihrem Berliner Beschluss zu Vorratsdaten endgültig verabschiedet.

Welche Drogen nimmt Klingbeil?

„Es sind nicht ausschließlich die Netzthemen, die sie (die Piraten) attraktiv machen. Gleichwohl war ihre Geburtsstunde sicherlich der irrsinnige Versuch, in Deutschland Netzsperren einzuführen. Ein unwirksames Instrument, was nun auch endlich die schwarz-gelbe Regierung eingesehen hat“ Lars Klingbeil

Man muss es zwei mal lesen, um es glauben zu können. Selbst meine an Parteierfahrung reiche sozialdemokratische Gattin konnte sich angesichts der Ereignisse aus dem Jahre 2009 über diese Chuzpe nur noch ärgern. Nochmals, um es auf der Zunge zergehen zu lassen: …. der irrsinnige Versuch…., den endlich auch die schwarz-gelbe Regierung eingesehen hat….. ?????

Nein lieber Lars Klingbeil. Welche Droge hat zu dieser Darstellung geführt? Hätte es im Jahre 2009 eine Fortsetzung der Großen Koalition mit der SPD gegeben, wäre das gesetzgeberische Machwerk ohne Wenn und Aber unter jubelnder Zustimmung der meisten Sozialdemokraten  in Kraft getreten.

Man muss die FDP nicht mögen. Aber nur der Regierungswechsel und der Widerstand im Netz bis hin zur Petition der 130.000 beeindruckte die Liberalen so, dass sie via Koalitionsvertrag (24.10.2009, S.105 von 132) die in 3. Lesung verabschiedeten schwarz-roten Sperren nicht nur in Frage stellten, sondern letztlich dann auch mit viel Gewürge gekippt haben.

Nicht nur der Fairness halber muss daher dieser klingbeilsche Vertuschungsversuch des historischen Versagens der SPD beim Zustandekommen des als Zensursula zu trauriger Berühmtheit gelangten Zugangserschwerungsgesetzes zurückgewiesen werden. Weiterlesen

Was ist das für ein Land….

Seit Bekanntwerden des Entwurfs eines Glücksspielstaatsvertrages mit seinen Netzsperren geht wieder das aus dem Kindergarten altbekannte Spielchen los. Der war‘s, nicht ich, nein der…..

Fakt ist: 15 Länder haben zu dem Werk Zustimmung signalisiert, die grünrote Koalition in Stuttgart steht wie die rotgrüne in Mainz noch nicht. Vor der Wahl hatte die dann abgewählte FDP in Baden-Württemberg aber wohl keine Bedenken

Solche hatte vielmehr wenigstens Schleswig-Holstein als bislang noch fehlendes 16. Land. Auf Deutsch: Auf diese Landesregierung hat offensichtlich nur die FDP in Schleswig-Holstein aufgepasst. Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Die anderen, Liberale wie Grüne wie Linke können es sich aussuchen, ob sie sich in den jeweils von ihnen mitregierten Ländern mit VERSCHLAFEN herausreden wollen oder eben tatsächlich in voller Absicht „grünes Licht“ für das Projekt gaben. Die Grünen aus Bremen wollen sich nun immerhin  schnell verabschieden. Gut so!

So weit, so schlecht. Zur Posse wurde die Sache nun aber durch eine etwas übereifrige grüne Staatsfrau in Schleswig- Holstein. Die Tatsache, dass irgendetwas in Kiel in Sachen Glücksspiel anders als im Rest der Republik lief, brachte sie so auf die Palme, dass sie der Landesregierung gleich schwere Versäumnisse bei einer „Sylter Sause“ vorwarf.

Wie hätte die Ärmste aus dem meerumschlungenen Land auch wissen können, dass man so die mitregierenden Grünen in NRW, Bremen und im Saarland einmal mehr als unaufmerksame Schnarcher gegenüber Staatskanzleien entlarven würde?

Die FDP im hohen Norden liess sich dieses Zuspiel nicht entgehen und attackierte unter Ignorierung der  liberalen Zustimmungen in Bayern, Hessen, Sachsen, Niedersachsen etc. nun ihrerseits die Grünen, in Wahrheit nun wohl doch für Netzsperren zu sein. Dies veranlasste Herrn von Notz zurückzubashen, wiederum die FDP als unseriös zu brandmarken und einen grünen Schwur gegen Netzsperren abzulegen. Fortsetzung folgt.

Dabei lässt sich doch sehr einfach festhalten:

1.Wieder einmal saßen Beamte zusammen und haben, dieses mal unter Leitung von Sachsen-Anhalt, ihren schwarzroten Ministerpräsidenten wie schon beim JMStV ein „alternativloses“ Papier vorgelegt.

2. Wieder einmal wurde in großer Selbstverständlichkeit im stillen Kämmerlein der Versuch unternommen, wegen einer Sachfrage (Glücksspiel) elementar in Freiheitsrechte eingegriffen

3. Es scheint bei den Exekutiven in Sachen Netzsperre und Bürgerrechte in kaum einem Bundesland Warnlampen zu geben, sobald der vermeintliche Zweck die Mittel heiligt.

Und genau das ist das Problem und deshalb ist der grüngelbe Streit an dieser Stelle lächerlich.

Die FDP in Schleswig-Holstein hat aufgepasst. Chapeau. Und genauso ist klar, dass die FDP in den anderen Ländern wie Grün erneut versagt hat. Grüne und Gelbe werden aber wie völlig abgetauchte Linke, selbstverständlich auch Union und SPD, in den Landtagen für oder gegen Netzsperren tatsächlich Farbe bekennen müssen. Man darf auf neuerliche parlamentarische Zwänge im wechselnden politischen Farbenspiel gespannt sein.

Und ungeachtet des Ausgangs ist die twitter-Debatte mehr als berechtigt:

Was ist ist das eigentlich für ein Land, in dem man Gesetzesentwürfe „leaken“ muss, um sie öffentlich diskutieren zu können.R

Wie wahr! Und vielen Dank an die PIRATEN und den CCC fürs leaken und rasche politische wie mediale  Reaktion 😉