+++ Abstimmung auf dem SPD- Parteitag für Vorratsdatenspeicherung++++
SPD- Parteitag stärkt die Union in Sachen Vorratsdatenspeicherung
Zwei Parteitage, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, fanden zeitgleich an unterschiedlichen Orten statt. Die gute alte SPD tagte in Berlin, die Piraten trafen sich in Offenbach. Außer der Bezeichnung „Parteitag“ haben beide Politevents wenig miteinander zu tun.
Bei den einen gibt es das verzweifelte Bemühen, mit Hilfe Helmut Schmidts und stundenlangen Reden des Führungspersonals an glorreichere Tage politischen Erfolgs anzuknüpfen. Bei den anderen brodelt nach dem ersten Einzug in das Berliner Abgeordnetenhaus eine politische Ursuppe, von der niemand richtig weiß, was daraus entstehen kann oder noch entstehen wird und kann. Jugendliche Ungeduld und Aufbruchstimmung kontrastiert auffällig zur ältesten Partei Deutschlands, die mit Union und der Linken auch im Altersschnitt der Mitglieder wenig rüstig ins Rentenalter strebt.
Just in die Zeit dieser beiden Parteitage fiel der bislang größte außerparlamentarische Erfolg der Piraten, die mit der Netzbewegung den Versuch der Installation einer Zensurinfrastruktur im Internet in Deutschland verhindert hatten. Sang- und klanglos räumte der Bundestag seinen eigenen gesetzgeberischen Unfug des Zensursula-Gesetzes nach zweijährigem Siechtum ab.
Die SPD musste zerknirscht ihren Irrtum einräumen, dem sie in großer Koalition mit der Union gegen alle Warnungen populistisch mit der vermeintlichen Bekämpfung von Kinderpornografie erlegen war. Selbst dieser Triumph war den Piraten in Offenbach auf der Suche nach neuen Ufern aber kaum noch ein Wort wert.
Bei der SPD wäre Vergleichbares medial inszeniert in minutenlangen Parteitagsovationen abgefeiert worden. Und dennoch lernt man dort offensichtlich wieder nicht aus den bürgerrechtlichen Fehlern der Vergangenheit, die seit dem verfassungswidrigen großen Lauschangriff bis hin zu Zensursula Methode sind. Unbelehrbar folgt die Partei, welche vor Jahrzehnten „mehr Demokratie wagen“ wollte, ihrem Vorsitzenden Gabriel auf auf dem weiteren Weg vom Rechtsstaat in den präventiven Überwachungsstaat.
Drei statt bislang sechs Monate Vorratsdatenspeicherung sollen jetzt ein „Kompromiss“ sein, der jetzt auch noch an die Bundestagsfraktion als Material „überwiesen“ wird. Dort aber sitzen eher Befürworter denn Gegner der Bürgerüberwachung. Das mehrfach verschobene politisch feige Signal des SPD-Parteitags, jetzt noch einmal verschoben, ist klar:
Lieber verbündet man sich seitens der SPD-Führung einmal mehr mit einem erzreaktionären BKA-Präsidenten mit SPD- Parteibuch oder dem innenpolitischen Amokläufer und Unions-Mann Hans-Peter Uhl, als in Sachen VDS der letzten Sozialliberalen in der FDP, Justizministerin Sabine Leuheusser-Schnarrenberger, den Rücken zu stärken. Die SPD begreift nicht einmal das Problem: Es geht nicht um die Speicherzeit von Vorratsdaten als solchen, sondern darum, ob man präventiv die Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger speichern und diese damit unter Generalverdacht stellen will.
Mit einem einzigen Satz wurde die SPD vom Piratenvorsitzenden Sebastian Nerz bei diesem Herumgeeiere deshalb bürgerrechtlich versenkt: Piraten wollten nicht mehr nur MEHR Demokratie, sondern statt dessen DEMOKRATIE wagen. Volltreffer. Chapeau! Aus der Debatte um Bürgerrechte hat sich die SPD mit ihrem Berliner Beschluss zu Vorratsdaten endgültig verabschiedet.