Tillmann Prüfer von ZEIT Online hat sich kritisch mit der Entwicklung der Piratenpartei auseinandergesetzt (seine zwischenzeitlich eingegangene Stellungnahme zu diesem Artikel findet sich unten im Kommentarteil).
http://www.zeit.de/2010/19/Piratenpartei
Vor dem Bundesparteitag in Bingen lohnt es sich tatsächlich, hierüber eine Diskussion zu führen. Erstaunlich, wie großzügig oberflächlich der Artikel leider darüber hinweg geht, dass die tolle Party des Sommerwahlkampfs 2009 so wenig andauern konnte, wie beispielsweise eine Meisterschaftsfeier beim Fußball andauert. Ein Fest ist mit dem Fest beendet. Und sei es noch so schön gewesen. Ich wundere mich, dass sich ZEIT Online darüber wundert.
Tillmann Prüfer konstatiert die „ernüchternden“ 2% der Piraten bei der Bundestagswahl. Wer hätte sich nicht tatsächlich mehr GEWÜNSCHT? Wer aber sehr viel mehr ERWARTETE, hatte meines Erachtens noch den Restalkohol dieser Party im Blut. Ohne jegliche organisatorische Struktur, ohne Kampagnenerfahrung, ohne hauptamtliche Wahlkampfmanager und ohne Geld nahmen die Piratenpartei mit viel Elan den politischen Kampf mit Schwarzrotgelblinksgrün auf. Viele haben dabei erstmals bemerkt, dass Politik auch Spaß macht und sich die Menschen nicht länger angewidert von ihr abwenden müssen. In diesem Sinne sollten Piraten übrigens tatsächlich eine „Spaßpartei“ sein und dieses Etikett selbstbewusst für sich in Anspruch nehmen.
2% waren deshalb ein Erfolg. Es war eine Vervierfachung der Stimmenzahl gegenüber der Europawahl. Für 7%, wie bei der schwedischen Europawahl, fehlten trotz Zensursula leider die Voraussetzungen. In Großbritannien kamen die Piraten jetzt übrigens auf 0,6% . Auch das ist im europäischen Überwachungsstaat Nr. 1 ein Anfangserfolg und zeigt dennoch, wie schwer der Weg auch international noch sein wird.
ZEIT Online beschreibt den Sommer 2009 als solchen zutreffend. Dieser Bundestagswahlkampf gehörte auch für mich zu den schönsten politischen Ereignissen meines Lebens und wird von mir so wenig wie wohl von den anderen Piraten, die dabei waren, je vergessen werden.
Aber nach der Wahl war vor der Wahl. 10.000 neue Mitglieder mussten integriert werden. Strukturen bis hin zu den Kreisverbänden waren zu organisieren. Mit dem „Piratenpad“ und der gerade von den Berliner Piraten vorangetriebenen „Liquid Democracy“ wird systematisch Technik entwickelt, mit der basisdemokratische Politik auch tatsächlich realisiert werden kann.
Die Themenpalette der Partei musste erweitert werden. Ausdruck hierfür sind die Debatten zu den Landtagswahlprogrammen NRW oder in derzeit in Baden- Württemberg. Aus dem Nichts entstand zudem eine internationale Piratenbewegung. Dass dies alles ZEIT Online völlig entgeht, ist eigentlich schade.
Vielleicht beschreibt die Kritik Prüfers aber eines der tatsächlichen Probleme der jungen Partei. Sie klappert zu wenig. Sie spitzt zu wenig zu, um in der heutigen Mediengesellschaft flächendeckend wahrgenommen zu werden. Dass dennoch über die vermeintlich „gekenterte“ Bewegung berichtet wird, zeigt allerdings auch, dass selbst dies nur die halbe Wahrheit ist.
Dennoch haben Piraten tatsächlich dieses Problem der Wahrnehmung. Und nur Außenwahrnehmung mobilisiert Wähler. Die Bewältigung dieses Problems ist eine ungleich größere Herausforderung als beispielsweise die (hoffentlch bald realisierte) Schaffung der Infrastruktur für ein ständig funktionierendes Wiki.
In der Piratenpartei sind viele Menschen Mitglied geworden, die der verlogene Politikbetrieb anwidert. Sie wollen deshalb auch andere Umgangsformen mit politischen Gegnern und sie fordern eine ernsthafte Politik ein, die bei den Altparteien häufig genug vermisst wird. Sie wollen nicht die Übernahme von deren Geholze und Show. Dieser an sich sympathische Zug wird aber medial nicht honoriert. Der Spagat zwischen Seriosität und Wahrnehmung durch die Mediengesellschaft muss also von Piraten noch eingeübt werden.
Die „Nacktscanner“ – Aktionen auf den Flughäfen waren übrigens ein Fingerzeig, wie man es machen muß und es besser machen kann. Piraten brauchen die Verbindung von spektakulären und auch witzigen Aktionen mit ihren ernsten Anliegen. Solche Aktionen ersetzen natürlich nicht nächtelange Diskussionen via „Pad“ und „Mumble“. Aber sie erreichen die Öffentlichkeit.
Dessen ungeachtet sind Artikel wie dieser für die Piraten gefährlich. Gefährlich ist zum einen die erschreckende Oberflächlichkeit der Zustandsbeschreibung der Partei auf journalistischem Stammtischniveau. Damit meine ich nicht die falsche Darstellung des Vorgangs Dieter Nuhr. Auch gegen einen übel holzenden Kabarettisten kann eben heute via Twitter oder durch Blogger im Sinne der Meinungsfreiheit zurückgefoult werden. Dies müssen Kabarettisten wie Journalisten aber offensichtlich auch erst mühsam lernen.
Tatsächlich gefährlicher ist aber die absurde weitere mediale Verbreitung des Märchens, die „Anderen“ hätten sich doch geändert. „Belegt“ wird diese kühne Behauptung mit dem „Argument“ des Alters der Familienministerin, die der „Generation Facebook“ angehöre *lol* . Facebook ist vieles, aber nicht die Netzbewegung. Allein diese Metapher ist Unfug (sorry, Herr Prüfer).
Hat sich aber mit der Facebook- Generation- Kunstfigur Dr. Schröder statt Zensursula in der Sache etwas geändert?
Während Köhler – Schröder ganz stolz auf ihr Facebook – Tralala ist, wird dieses Facebook von der Union (und durchaus zu Recht) kritisiert. Das wäre zu begrüßen, wenn es nicht so durchsichtig wäre. Denn gleichzeitig lenkt die Bundesregierung mit dieser bequemen Kritik bis hin zu ihrer Google – „Streetview“- Debatten davon ab, dass sie unverändert den Verkauf von Daten billigt, die uns ALLEN individuell und eben nicht der Wirtschaft gehören (siehe die von der Union zuletzt verhinderte Reform des Listenprivilegs im Bundesdatenschutzgesetz). Sie lenkt davon ab, dass die staatliche Datensammelei trotz Frau Leutheusser – Schnarrenberger vorangetrieben wird (Elena). Deutschland beteiligt sich unverändert an den ACTA- Verhandlungen.
Von allen rotschwarzgelbgrünlinks – regierten Bundesländern wurde unter Führung des SPD- Ministerpräsidenten Kurt Beck internetfeindlich, brutal, wirklichkeitsfremd, inkompetent und ohne jegliche öffentliche Beteiligung der Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) vorangetrieben. Kein Wort dazu übrigens von der Ministerin für Jugend und Senioren. Beteiligung wurde seit Zensursula so oft versprochen, wie das Versprechen seitdem auch immer und immer wieder gebrochen wurde. Dennoch feiern Presseorgane den Dialog. Welchen bitte?
Die politischen Gegner der Piraten haben sich verjüngt. Mag sein. Na und? Die Themen sind als uralte Schily/Schäuble- Zombies mitten unter uns. Mag auch sein, dass Herr de Maiziére etwas flexibler und optisch aufgehübschter wirkt als diese untoten Innenmonster.
Aber auch dieser Innenminister hält nicht ein, sondern treibt den europäischen Überwachungsstaat via Stockholmabkommen mit atemberaubender Geschwindigkeit voran. Auch das Zugangserschwerungsgesetz (Zensursula) ist nicht vom Tisch, sondern wird durch Frau Malmström mit Hilfe de Maiziérs in Europa reaktiviert. Von einem seligen „Nirwana“ dieses Gesetzes kann also keine Rede sein.
Die Bundesregierung unternimmt zudem nichts, um die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung europäisch vom Tisch zu bekommen. Im Gegenteil. Fieberhaft wird daran gearbeitet, die FDP, wie schon damals beim „Großen Lauschangriff“, auf Unionslinie zu bekommen. Dies endete übrigens schon einmal mit dem Rücktritt einer Justizministerin. Diese hiess damals wie heute Leutheusser-Schnarrenberger und war damals wie heute in einer schwarzgelben Koalition ein General ohne Truppen.
Seien die Piraten also stolz auf das Erreichte:
Schon mit ihren zwei Prozent haben sie Regierung und Parteien gezwungen, wenigstens so zu tun, als ob sich etwas geändert hätte. Jeder Prozentpunkt für die Piraten ist also tatsächlich ein Prozentpunkt für mehr Demokratie und Rechtsstaat, gegen Zensur und Präventionsstaat. Jeder Prozentpunkt wird auch TATSÄCHLICH etwas ändern. Kenterten das Piraten, wäre dies für die deutsche Politik übrigens dramatischer als die langweilige Frage, wer in NRW regiert. Rüttgers oder Kraft können jederzeit durch deren eigene Lücke ersetzt werden. Bürgerrechte nicht. Schon deshalb sind Piratenstimmen, 5% hin oder her, niemals verschenkte Stimmen.
Ohne Piraten wäre das Thema Bürgerrechte erneut vom Tisch. Die anderen müssten dann noch nicht einmal mehr den Anschein erwecken, als hätten sie begriffen. Die zwei Prozent der Piraten haben also immerhin schon mehr bewirkt, als die letzten 10 Jahre Grün und FDP zusammen. Denn es ist wahr:
Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.
War Victor Hugo Pirat? Er war zumindest nicht von der ZEIT.
Link zum Forenpost: http://forum.piratenpartei.de/viewtopic.php?f=9&t=8341&start=60#p274221
Ich habe das Thema mal im Forum der Piratenpartei erwähnt. Hoffe, es finden sich in der Tat mehr Leute, die der Nutzung von Bilddaten auf Street View widersprechen! Kurz: Jetzt erst Recht!
Sorry, nicht Mieter kündigen fristlose Kündigung an, sondern Vermieter.
Ich schreibe mal hier rein, da zumindest ansatzweise das Thema Google Street View behandelt wurde. In der Tat ist es so, das jetzt Google-Aktivisten gegen Personen vorgehen, denen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eben nicht egal ist.
Es werden Eier gegen Hausfassaden geworfen, einzelne Mieter drohen fristlose Kündigungen an und es formiert sich eine Bewegung von Hobbyfotografen, die über Bildpranger Personen, die für sich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einfordern ausforschen wollen.
Dieser Form von Google Aktionismus sollte in der Tat begegnet werden. Ein Mob macht nichts anderes, als Menschen einzuschüchtern, ihre Rechte aufzugeben, sich also einer umfassenden bildlichen Darstellung der Lebensverhältnisse zu erwehren. Eben bestimmter Dinge, deren Folgen noch nicht absehbar sind. Auch, wenn der Aktionismus v. gewissen Politikern in den letzten Wochen und Monaten nicht unbedingt sachlich war, so waren nach meiner Auffassung Wiedersprüche in der Sache mehr als nur berechtigt.
Zum einen betrebt Google gewerbsmäßig Angebote, worüber sich durchaus Nutzerprofile erstellen lassen und zum anderen können diese unkontrolliert eingesehen werden. Der Klassiker Suchabfragen vor Bewerbungen ist ja längst überholt. Da fragt man sich, wieso Leute, die Rechte wahrnehmen, also der Nutzung durch Google widersprechen, quasi vor der eigenen Haustür belästigt werden. In der Tat kann man hier zumindest in Essen von SA-Methoden reden. Das das belästigen durch Google Aktivisten in Essen anscheinend nicht strafrechtlich relevant ist, sollte ein Alarmsignal sein. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist in der Tat in einer ersten Sache durch einen Mob v. Google-Aktivisten bedroht. Und da finde ich persönlich, müsste Google und gewissen Aktivisten mehr widersprochen werden. Grundrechte sind ein zu hohes Gut, um darüber zu verhandeln bzw. andere dazu legal nötigen zu können, auf diese gänzlich zu verzichten! Soweit kommt’s noch, das man sich Erpressern beugen müsste!
Hallo Herr Zulla,
Sie sprechen mir aus der Seele: Die Piratenpartei braucht zwingend mehr Präsenz in den herkömmlichen Medien, vor allem im Fernsehen. Man bräuchte eine charismatische Persönlichkeit, ein Gesicht, das man mit der Partei verbindet. Die Persönlichkeit müsste es in Talkrunden mit den Politprofis der großen Parteien aufnehmen können und deren Rhetorik erwidern. Sie muss es schaffen, dem normalen unbedarften Wähler in 3 Minuten zu erklären, warum die Themen der Piratenpartei ichtig sind.
Dafür muss man sich trauen, komplexe Themen auch mal vereinfacht darzustellen. Und man muss sich trauen, eine Führungspersönlichkeit in den eigenen Reihen zu dulden.
Lieber RLP-Pirat, ich dachte, eine Partei will ihre Wähler mit ihrer politischen Arbeit überzeugen.
Dass eine Partei ihren Wählern die mickrigen Ergebnisse der eigenen Arbeit anlasten will, ist neu.
Zumindest bei Computer/Internet-Themen ist die Zeit nicht wesentlich korrekter als die Hetzzeitung. Ich erinnere nur an den Artikel im Vorfeld der Bundestagswahl, als allen Ernstes behauptet wurde, dass die Piraten das Urheberrecht abschaffen wollten. Oder daran, dass in einem anderen Artikel zu den Websperren die ach-so-richtigen Argumente der Zensursula dem einzigen Gegenargument, die Kritiker wollten keine Zensurinfrastruktur gegenüber gestellt wurde.
Seitdem lese ich die Zeit nicht mehr. Schließlich kann ich nicht sagen, in welchem Maße der restliche Inhalt Unsinn ist…
Warum die Piratenpartei nicht weiter ist als sie ist?
Wohl vor allem deshalb, weil die meisten Menschen lieber Blogposts schreiben und bejammern, dass die Partei nicht weiter ist als sie ist, anstelle sich konkret zu beteiligen. Weil die meisten Menschen lieber Forderungen an die Partei stellen als Anträge zu schreiben. Weil die meisten Menschen lieber meckern statt konstruktiv mitzuarbeiten.
Warum die Partei es nicht schafft, die Themen besser zu besetzen? Weil die meisten Menschen eben nicht mitarbeiten in der Pressearbeit der Partei, sondern lieber meckern, warum die Pressearbeit nicht besser läuft oder bejammern, dass sie so schlecht laufe.
Das Motto der Partei ist „Klarmachen zum Ändern“ und das ist nicht der Anspruch an sich selbst, alles zu ändern, sondern primär ein Appel an alle Menschen da draußen, die über Parteien gemeckert haben und meckern, endlich _selbst_ etwas zu ändern.
Und da macht es die Partei nun wirklich jedem leicht: Jeder kann Anträge schreiben und stellen. Die Frage ist also nicht nur, wo sind die guten Anträge von den Piraten, sondern auch wo sind die guten Anträge von Nichtpiraten.
Wo sind z.B. deine guten Konzepte, Hanno? Wo ist deine politische Vision und wo ist deine politische Arbeit?
Jeder der über die Piratenpartei meckert (und sich nicht in einer anderen Partei engagiert) sollte sich also Gedanken machen, warum er nur meckert und nicht selbst mithilft, damit die Welt ein Stück besser – ein Stück freier – wird.
Hallo Herr Tauss,
„Den Vorwurf, keine Vorschläge vorgelegt zu haben, halte ich nicht für fair. Was für Vorschläge sollen das denn sein?“
Was? Das wissen Sie nicht?
Es ist so einfach, gegen etwas zu sein. Aber Sie als Vollblutpolitiker sollten besser als ich einfacher Wähler wissen, dass „dagegen“ als politisches Profil nicht lange ausreicht. Eine Protestpartei will ich nicht wählen. Wo ist die Vision der Piratenpartei? Ich habe dazu viel Blabla von der PP gelesen, aber wenig konkrete politische Arbeit.
Die Piratenpartei könnte so viel sinnvolles zum Thema Internet & Wissensgesellschaft fordern, was von den Nichtpiratenparteien meistens versäumt wird. Und zwar nicht als diffuses „wir sind dagegen“; sondern als konkrete Vorschläge, die in der Gesellschaft Konsens finden können.
Ad hoc ein paar Stichpunkte, bei denen die PP es nicht ansatzweise geschafft hat, die öffentliche Diskussion zu befeuern:
Förderung der Ausbildung an und mit Open Source in Schulen und Universitäten. Einsatz von Open Source und Forderung von nicht-proprietären Dateiformaten in der Verwaltung. Abschaffung der versteckten Staatssubventionen für deutsche Großkonzerne bei sog. IT-Leuchtturmprojekten. Programme für Medienkompetenz für neue Internetnutzer (jung und alt). Freigabe von Inhalten aus staatlichen Archiven für CC-Projekte wie die Wikipedia. Freifunk in Groß- und Kleinstädten. Reform des Patentsystems (Stichwort Software-Patente).
Und ganz besonders: Wo ist er denn nun, der Reformvorschlag der PP zum Urheberrecht? Wir sind uns ja alle einig, dass es kaputt ist, aber was wollen wir tun außer dumpf dagegen zu sein?
Also warum schafft die Piratenpartei es nicht, diese ihre angeblich ureigenen Themen in den Medien zu besetzen?
Wenn es um Gesundheitspolitik geht, wird SPD-Mann Lauterbach eingeladen, geht es im innere Sicherheit, sitzt CDU-Flachpfeife Bosbach in der Runde, bei Staatsfinanzen wird FDP-Mann Hermann Otto Solms angerufen. Aber warum gibt es keinen solchen Piraten, der bei den Journalisten auf Kurzwahl gespeichert ist, sobald es um Datenschutz, Internet und IT-Wirtschaftspolitik geht, und der dann zuverlässig die (hoffentlich vernünftigen) Positionen der Piratenpartei darlegen kann?
Wenn mal wieder ein Datenschutzskandal geschieht, wenn Frau Aigner wieder populistischen Quatsch erzählt, wenn Netzneutralität diskutiert wird, wenn die Content-Industrie mal wieder Amok läuft – dann erwarte ich, dass da ein PP-Vertreter in den Tagesthemen interviewt wird und der ruhig und sachlich erklären kann, was aus ITler-Sicht davon zu halten ist.
Und dass das nicht geschieht, ist nicht allein Schuld der bösen bösen Journalisten.
Leute wie @Cruelty haben einfach noch nicht begriffen und manche Piraten werden es nie begreifen, daß Bürgerrechte und digitale Themen eben weitaus unwichtiger sind für die breite Masse der Bevölkerung und soziale Themen die sind, die zählen, da es hier viele Dinge gibt, die den Menschen die Kühlschränke voll macht. Was nützt vielen Wählern die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung, und viele andere digital Themen, wenn viele Leute am 5. des Monats nicht mehr wissen, woher das Geld für Essen etc. kommen soll. Hier ist man absolut auf dem Holzweg. Ich will jetzt nicht behaupten, daß die Parteien in den Landtagen oder im Bundestag gute Politik machen aber zumindest erreichen diese Parteien mit ihren Themen genügend Wähler, um dort zu sein, wo diese Parteien sind. Wenn der Kurs so beibehalten wird und soziale Themen so vernachlässigt werden dann heisst der Weg auch weiterhin : wir können <5
Anmerkung tauss: Es mag sein, dass für eine Masse der Bevölkerung sogar Demokratie und Freiheit weniger wichtig sind. Deshalb bleibt es richtig, dafür zu kämpfen. Fressen kommt nicht vor die Moral. Die Annahme, dass die Piraten keine sozialen Themen hätten, ist im übrigen schlicht falsch. Es beginnt bei der kostenlosen Kinderbetreuung und den Studiengebühren und endet nicht bei der Beendigung von Nachteilen von „Hartz IV- Kindern“.
Mein Problem mit den Piraten ist, dass sie seit der BTW eigentlich keine konkreten Lösungsvorschläge gemacht haben. Selbst nicht zu den Themen, bei denen sie vorher sagten, dass es besser wissen als alle anderen.
Dauernd Pressemitteilungen rauszuhauen ist keine politische Arbeit.
Es gab bis heute keine Konzepte, mit denen die Piraten bei ihren Fachgebieten die Diskurshoheit gewinnen konnten. Man findet sich selbst ganz toll und kompetenter als alle anderen, mault darüber was falsch läuft und dass die anderen ja alles alte Säcke und Internetausdrucker sind, aber sagt dann auch nicht wirklich, wie man es denn besser machen würde.
Oder jedenfalls sagen die Piraten es nicht in einer Weise, bei der die ja durchaus geneigte Öffentlichkeit aufmerkt und sagt: Stimmt, da haben die Piraten mal einen wirklich guten Vorschlag gemacht, warum, liebe Nichtpiratenparteien und liebe Regierung, machen wir das eigentlich nicht so?
Denn es gibt eine geneigte Öffentlichkeit. Das ständige „Skandal, alle sind gegen uns!“ Geschwafel“ einiger Piraten führt leider zu sektenartiger Paranoia. Denn die Realität ist: Die Piraten haben letztes Jahr sehr viel Sympathien und Vorschusslorbeeren erhalten. Und die haben sie dann nicht geerntet. Mehr als das schreibt Tillmann Prüfer eigentlich gar nicht. Und damit hat er Recht.
Anmerkung tauss: Den Vorwurf, keine Vorschläge vorgelegt zu haben, halte ich nicht für fair. Was für Vorschläge sollen das denn sein? Ein besserer Nacktscanner? Ein bisschen Vorratsdatenspeicherung? Sperren UND Löschen? Ja aber…. zu Sendezeiten im Internet? Die Beispiele zeigen, dass wir eben mit KLAREN Positionen auf dem Markt sind ;))
Lieber Herr Tauss,
Ihre Kritik an meinem Artikel habe ich wohl gelesen. Leider bedienen Sie sich vor allem des einfachen Kniffs, nicht über das zu schreiben, was ich an den Piraten kritisiere sondern über das, was mir angeblich entgangen ist. Ich kann Sie vollkommen beruhigen: Ich habe sehr wohl wahrgenommen, dass es eine internationale Piratenbewegung gibt. Die war aber nicht Gegenstand meines Artikels. Genauso habe ich viele Einzelheiten über die internen Querelen bei der Piratenpartei nicht beschrieben. Und die ging es mir auch nicht hauptsächlich.
Ich habe vielmehr erklärt, dass es den Piraten nicht gelungen ist, den großen Schub des Bundestagswahlkampfes in eine öffentlich wahrgenommene Bewegung zu übertragen. Ich schreibe an keiner Stelle, dass die Piraten nicht aktiv seien. Ich schreibe auch nicht, die Bewegung sei gekentert, ich schreibe nicht einmal, dass Facebook eine Bewegung sei.
Ich sage aber, dass Ursula von der Leyen ein wesentlich dankbareres Feindbild war, als es ihre Nachfolgerin ist.
Ich schreibe auch, dass die Piraten niemanden habe, der sie charismatisch vertreten könnte. Und dass eine Partei, die wenig Wahlkampfmittel hat und noch weniger Erfahrung, sehr davon abhängig ist, großen Widerhall in den Medien zu finden, dürfte keine Überraschung sein. Vorausgesetzt, man möchte tatsächlich in die Parlamente.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich möchte hier niemanden davon abhalten, schon immer Recht gehabt zu haben. Aber ich habe den starken Eindruck, dass die Piraten sich sehr darauf verlassen haben, dass alle anderen Parteien im Hinblick auf das Internet verdammt alt aussehen. Und diesen Gefallen wird man den Piraten nicht lange tun.
Ich finde, die Piraten sollten sich vor allem über ein Problem Gedanken machen: Wie kann es sein, dass eine Partei im Internet, gemessen an den Statistiken, fast eine Volkspartei ist – aber an den Wahlurnen gerade mal 1,5 Prozent erreicht? Was sagt das über das Mobilisierungspotenzial des Internet? Und was über die öffentliche Wahrnehmung der eigenen Politik?
Herzlich Tillmann Prüfer
Anmerkung tauss: Die letzten vier Sätze sind in der Tat wichtig. Schade, dass sie in ihrem Artikel vergleichbare Punkte nicht angesprochen haben. Ein Hauptproblem ist, dass die etablierten Parteien natürlich auch in den Köpfen der Internetnutzer verankert sind. Das wird auch nicht zu ändern sein, zumal dann, wenn es wie in NRW zumindest eine stärkere Wechselstimmung gibt.
Hinzu kommt, dass wir die Nichtwähler mit einem neuen Politikstil der Beteiligung noch nicht erreicht haben. Ausserdem wird übersehen, dass viele Kernanliegen der Piraten (Bürgerrechte, Bildung, Medien) zentral in der Landespolitik angesiedelt sind, während den Piraten widersprüchlicherweise eher bundespolitische Kompetenz zugebilligt wird.
Was den Artikel anlangt glaube ich bis hin zu der von ihnen gewählten Überschrift nicht, zu einem Kniff gegriffen zu haben.Sollte ich ihn allerdings nun wirklich absolut nicht begriffen haben, liegt das aber wie in der Politik möglicherweise nicht nur am Adressaten, seien es jetzt Leser oder Wähler 😉
Meine Kritik bezieht sich auf die von mir unterstellte Oberflächlichkeit. Gegenüber Herrn Klose habe ich dies hier umfassend. kommentiert. Den Höhepunkt eines Bundestagswahlkampfs mit dem politischen Alltag zu vergleichen und daraus Schlüsse zu ziehen, halte ich eher für einen Kniff 😉 Aber die Diskussion war es doch wenigstens wert 😉 Ihre Stellungnahme empfand ich jetzt übrigens als wesentlich interessanter als Ihren Artikel. Vielleicht schreiben Sie ja mal wieder.
Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken in § 187 StGB. Es wird Zeit zu klagen, Piraten! Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung muss in Stuttgart nach einem Beschluss durch das Verwaltungsgericht nicht unterschrieben werden(http://kaepsele.blog.de/ analog).
@Cruelty
Nach wie vor gilt der Satz Dostojewskis, dass Geld geprägte Freiheit sei. Daher ist die soziale Frage immer auch eine Frage der Freiheit und eine Frage, die die Piratenpartei beantworten muss.
Der Streitpunkt scheint mir keine Links-rechts-Problem zu sein, sondern die Frage, ob man „schwedisch“ eine Einthemenpartei sein will oder nicht. Imho haben die Piraten als Einthemenpartei auf mittlere Frist keine Überlebenschance.
Flecky,
Freiheit, toller Begriff, solange es noch moderne Sklaven, äh, ich meine natürlich Zeit- und Leiharbeiter gibt, kann man nicht von Freiheit sprechen.
Bürgerrechte gehen auch weit über das Netz hinaus und da sind die Piraten einfach sehr nah an der neoliberalen FDP.
Einer euer Listenkandidaten hier in NRW fordert sogar die Abschaffung des Kündigungsschutz.
Daher werdet ihr nie die 5% erreichen, von der CDU werden keine Stimmen kommen, von der SPD, Grünen und Linken ebenfalls nicht, da eure „Sozialpolitik“ eben nicht sozial ist, bleibt nur die FDP, aber die hat ja auch nicht mehr soviele Stimmen abzugeben…
Naja, bleiben natürlich noch die Rechten, im euren Kader befinden sich ja paar Braunhemden, vielleicht wird es ja so etwas.
@Richter169: Von den 128 Wahlkreisen in NRW sind 66 mit Direktkandidaten besetzt. Du wirst also möglicherweise schon heute Abend bei einem Vergleich der Wahlkreise erkennen können, ob die Direktkandidaturen einen Einfluß auf das Wahlverhalten hatten. Ich glaube sogar, dass dem so ist, aber nicht wegen des Designs der Wahlzettel. Direktkandidaten wurden vor Ort zu Podiumsdiskussionen eingeladen, haben sich den lokalen Medien zu Interviews stellen können, hatten also mehr Chancen, die Positionen der Piraten in der breiten Öffentlichkeit zu vertreten.
Ciao
acepoint
<Anmerkung tauss: Wie rechts muss man sein, um bei den Piraten einen “Linksruck” zu <bemerken? Ich stimme zu, dass die Bürgerrechte im Mittelpunkt bleiben müssen. Aber auch <soziale Themen haben etwas mit Freiheit von Menschen zu tun.
Linksruck ist vielleicht etwas überzogen. Aber wenn ich sehe, dass der Bundesvorstand einen Aufruf zur BLOCKADE einer Nazidemo unterzeichnet, kriege ich schon Bauchschmerzen. Demonstrationsfreiheit muss mMn für alle gelten, selbst für Nazipack.
Und nein, das heisst keineswegs, dass ich die Nazis toll finde oder glaube, dass man nicht Gegenaktionen starten sollte. Aber Blockaden sind nun mal rechtwidrig und mMn sollten die Piraten nicht zu illegalen Aktionen aufrufen.
Und das sehe ich durchaus als eine "Linke" Aktion…
Pingback: Tauss rechtfertigt Piraten « Sköne Oke
@NomNomNom: Die Piratenpartei ist das, was die FDP (zumindest dem Namen nach) sein sollte… nämlich diejenigen, die sich um Bürgerrechte und Freiheit kümmert. Von daher kann kann ich im ursprünglichen Sinne damit leben, jedoch nicht in dem, was die FDP derzeit für tatsächliche Politik macht.
Womit ich auch nicht leben kann, ist so eine unflätige Ausdrucksweise, gemäß dem Motto „Schimpfworte bereichern jedes Argument“… solche Menschen disqualifizieren sich selbst aus jeder sachlichen Diskussion.
Was den Piraten vor allem fehlt sind echte Wadenbeißer, die mit scharfer Rethorik polarisieren können. Man kann 10 mal im Recht sein, wenn man das nicht verkaufen kann nützt einem das überhaupt nichts.
@Cruelty…
Ha, Linksruck, was bist du denn für einer.
Ist ja wirklich der mit Abstand größte Müll, neoliberaler Haufen ist das, die Piratenpartei scheint mir ein verlängerter Arm der Julis zu sein.
Hab auch nach den Debatten rund um die Steuer- CD die Partei verlassen und werde morgen einen großen Haufen da legen, wo die Partei steht.
Hoffentlich wird das nicht als Kreuz gewertet…
Wenn ich mir jetzt noch anschaue was für Deppen auf der Liste stehen und ein paar von denen durfte ich kennen lernen, FUCK YOU.
Anlässlich der NRW-Wahl habe ich mich mal wieder mit dem Programm der Piraten auseinandergesetzt und war sehr positiv überrascht. Endlich gibt es ein Wahlprogramm, das sich nicht nur auf Bürgerrechte beschränkt sondern auch in Wirtschafts- und Sozialpolitik gute Grundsätze aufweist. Ihr seid auf dem absolut richtigem Weg, macht so weiter und bei der nächsten Wahl gehört meine Stimme euch!
Und bezüglich ZEIT-Artikel: Wer interessiert sich schon für das Geschmiere der Print-fuzzies? 😉
Ahoi,
ich habe mal eine Frage in die Runde, wir sind doch nur mit der Landesliste angetreten. Es gab also keine Piraten vor Ort. Nehmen wir an, es gibt Piraten vor Ort, würden dann mehr Leute die Piraten wählen, da sie bei der Person und der Landesliste auf jeden Fall ein Kreuz machen können bei den Piraten.
Wenn es daran Liegt, müssen wir in jeden Wahlbezirk wenigstens einen, wenn nicht zwei Piraten aufstellen. Ich denke da mehr an 2011.
Bei der nächsten Bundestagswahl dürften wir das dann auf jeden Fall hin bekommen. Aber bringt das zusätzliche Stimmen, wenn da eine Person zu wählen ist?
Bis dann
LG von Richter169
Wenn sich die alteingesessenen durch uns Piraten auf den Schlips getreten fühlen und sich wenigstens öffentlich mit dem Thema Bürgerrechte befassen müssen, ist ein wichtiges Ziel erreicht: Rechte der Menschen sind im Gespräch!
Natürlich ist da immer Luft nach oben, aber ob 2%, 4% oder 5%+ morgen, wir haben das Thema wieder salonfähig gemacht!
Ich werde morgen nach Überzeugung wählen, und das werden viele weitere Bekannte und Verwandte auch tun. Bei den „alten“ Parteien weiß ich, dass sie mich belügen, die Idee Piraten hat auf jeden Fall eine Chance verdient. Patzer von einzelnen Personen sind bei nicht- opder gerade-erst-Politikern kein Ausschlusskriterium für gute Ideen.
Mindestens die Union hat die Nachtigal trapsen gehört und steuert dem entern beispielsweise mit Ilse Aigner dagegen bzw. probierts: Gelaber über Google Street View, Kritik beim Datenschutz von Facebook, jetzt gehts dem Genschnitzel an den Kragen und die Liste verlängert sich weiter. Aber ich sage auch, solange die Altparteien uns Piraten nur eine einzige popelige Ministerin entgegenstellen, sind wir noch viel zu unprofessionell aufgestellt und viel zu harmlos. Bitte bei uns Piraten mehr Mut zu Professionalisierung der Partei, einer Prise Politainment, Polemik, Populismus und, beizeiten, blanker Provokation. Ich bin dabei.
@feuertinte: Wenn Jörg Tauss anfängt, ein Buch zu schreiben, bewerbe ich mich als Lektorin. *hust* 😉
Gruß, Frosch
Stellungnahme tauss: Lieber Frosch. Eine eigene, richtige, tolle und phantastische Lektorin ist mein Traum, seit ich Kind war !!!! :)))
Also, mir können diese glasklaren Analysen von Jörg Tauss nicht lang genug sein. Und ich hoffe, dass er bald mal mit dem Bücher-Schreiben beginnt.
An dem ZEIT-Text ist in der Tat das einzige Schlimme, dass angenommen wird, die anderen Parteien hätten sich geändert, weil sie jetzt mal öffentlich ein bisschen über das Netz plaudern usw. Was für eine Fehleinschätzung!
Und ich frage mich, ob meine bisher so sehr geschätzte ZEIT auch bei anderen Themen, also wo ich mich zufällig nicht so gut auskenne, so oberflächlich recherchiert??
Eine weitere Sache will mir nicht aus dem Kopf: Die Twitter- und Facebook-Nutzer erreichen die Piraten leicht über Themen, da braucht es kein prominentes Personal. Aber die anderen, die erreicht man nur mit markanten Persönlichkeiten, die jeder gleich erkennt und den Piraten zuordnet.
In diesem Punkt könnte der ZEIT-Autor Recht haben.
🙂
Wir haben schon denselben Artikel gelesen. Sie zitieren ihn nur falsch, wie sie in Ihrer Antwort ja einräumen.
Zitat Taus: „‚Belegt‘ wird diese kühne Behauptung mit dem ‚Argument‘ des Alters der Familienministerin, die der ‚Generation Facebook‘ angehöre *lol* .“
Und genau das steht da nicht. Sie verdrehen den Sinn des Originals.
Antwort tauss: Man muss sich die nachfolgende 7 Auszüge, Uli Kloses Kommentare auf der Zunge zergehen lassen und gerne den gesamten Artikel lesen, um festzustellen, wer hier den offensichtlichen Sinn des Artikels verdreht.
1. Der Gegner war die Mutter der Nation selbst….(von der Leyen)
2. (sie) dämonisierte ein Medium, das jungen Menschen zur Heimat geworden war…
3. Das wollte sich die Generation Facebook nicht gefallen lassen…
4. Wo sind sie jetzt (die 134000 Petenten)? …. Die neue Koalition schickte die Idee der Internetsperrren ins Nirwana…
5. Ihre Nachfolgerin Kristina Schröder, wirkt selbst wie eine Vertreterin der Generation Facebook
6. Sie ist 32 und kommuniziert ständig über Facebook
7. Der politische Gegner hat sich verjüngt. Die Piraten, die bei der Bundestagswahl ernüchternde zwei Prozent holten, sind um gefühlte 20 Jahre gealtert.
Wenn diese Sätze NICHT signalisieren sollen, von der Leyen ist weg, das Zugangserschwerungsgesetz auch, die Piraten kentern (bereits in der Überschrift des Artikels) und in der Union haben andere Kräfte mit einer anderen Einstellung das Ruder übernommen, dann habe ich mich in der Tat geirrt. Sollte ich mich geirrt haben, erschliesst sich mir dann aber der (noch) tiefere Sinn von 1 – 7 gar nicht mehr.
Lieber Herr Tauss,
dieser quälend lange Text zeigt ein Grundproblem der Piraten: Sobald Pressefreiheit zur Kritik (sei es Polemik oder sachliche Analyse) an den Piraten selbst genutzt wird, reagieren diese dünnhäutig und agressiv.
Und machen sachliche Fehler – wie sie auch: Kristina Schröder wird an keiner Stelle des Zeit-Artikels der „Generation Facebook“ zugeordnet. Von Nuhr-Bashing via Twitter oder Blogger ist dort ebenfalls nicht die Rede.
Ulrich Klose
Anmerkung tauss: Danke, dass sich durchgequält haben 😉 Bezüglich Zeit online und Schröder haben wir wohl zwei völlig unterschiedliche Artikel gelesen…. Zitat: Frau Schröder wirkt wie eine Vertreterin der Internetgeneration. Sorry: Sie wirkt eben nicht.
Presse- und Meinungsfreiheit stellen für mich dessen ungeachtet allerdings die höchsten Güter überhaupt dar. Ich sehe aber, wie im Blog beschrieben, eher ein Grundproblem der Presse. Früher konnte man schreiben und niederschreiben, wie und was man wollte. Und entschied dann noch selbst, ob gnädigerweise ein Leserbrief dazu erscheinen durfte. Das ist und bleibt auch gut so. Heute können sich die „Opfer“ aber wehren. Und die Gegenwehr ist oft mächtiger, als das alte Meinungsmomopol. Insofern muss die Presse mit solcher Gegenwehr genauso leben, wie Piraten mit Kritik
Ahoi,
wer versucht, einen Pressemann zu einem Stammtisch einzuladen, hat ein Problem. Es wird als Unbedeutend abgetan.
Leider oder Gott sei dank haben sie noch nicht so richtig erkannt, was die Piraten zur Zeit auf die Beine Stellen. Wenn sie erst mal mitbekommen, dass zur Zeit eine bundesweite Organisation aufgebaut wird (mit Lagern etc.) dann werden sie sich über die Logistik wundern, die wir haben. Die Fehler von der Bundestagswahl mit Werbematerial werden nicht wiederholt.
Bis dann
LG von Richter169
Ist mal einem dieser extreme Linksruck in der Piratenpartei aufgefallen?
Es fing alles so toll an. Da war ich auch noch Mitglied. Aber seitdem sich die Piratenpartei bald mehr mit sozialen Themen als mit Bürgerrechten befasst, bin ich raus.
Die Partei verlottert. Die Äußerungen von Aaron zur Iran-Bombardierung (irgendwie so gar nicht links) sind auch noch nicht verhallt, vom Forenskandal ganz zu schweigen.
Wenn ich mir die schwedische Piratenpartei da anschaue, wünschte ich Schwede zu sein.
Anmerkung tauss: Wie rechts muss man sein, um bei den Piraten einen „Linksruck“ zu bemerken? Ich stimme zu, dass die Bürgerrechte im Mittelpunkt bleiben müssen. Aber auch soziale Themen haben etwas mit Freiheit von Menschen zu tun.
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Einerseits einen ernsthafteren Umgang unter Politikern fordern – andererseits aber bei jeder Gelegenheit auf „schwarzgelbrotlinksgrün“ einhauen passt in meinen Augen nicht zusammen. Zwar ist Leutheußer-Schnarrenberger nicht die FDP, aber eine Justizministerin, die von der Wichtigkeit der Freiheit des Internets statt vom „rechtsfreien Raum“ spricht, scheint zumindest mir dennoch ein Fortschritt zu sein.
Anmerkung Tauss: Ich wünsche der Ministerin natürlich Erfolg. Und wo die Etablierten versagen, braucht es eben die Piratenpartei.
Genau so sehe ich das auch.
Im Sinne der Bürgerrechte ist jede Stimme für die FDP eine verschenkte nicht für die Piraten, Herr Westerwelle.
Die Stimmenzahl von der Europowahl zur Bundestagswahl hatte sich sogar vervierfacht, nicht nur verdoppelt (Wegen fast doppelter Wahlbeteiligung)
Anmerkung tauss: Richtig! Vielen Dank an NineBerry für den Hinweis. Der Artikel wurde entsprechend korrigiert
Der ZEIT-Artikel kritisiert ja auch indirekt, dass man von uns Piraten nicht viel hören würde. Fakt ist: Wir erstellen nicht gerade wenige Pressemitteilungen – nur selten sieht sich ein Medium gewillt, diese aufzunehmen und darüber zu berichten… dieses Privileg genießen bis heute nur die „etablierten“ Parteien – und die Rechten, von wegen dem Skandalpotential. An mangelndem Engagement der Piratenpartei liegt das also nicht – diese Kritik müsste der Autor eher mit sich selbst zuschreiben.