Informationsfreiheit und Mautvertrag

Irgendjemand hat mich aufgefordert, ich möge in meinem Blog doch nicht so „amtsdeutsch“ schreiben, sondern einfach immer wieder Geschichten aus dem Bundestag erzählen. So wie man eben guten Freunden mal bei Bier & Wein Geschichten erzählt. Nun gut: Mitten am Tag will ich auf das Bier verzichten, aber mal erzählen.  Ich beginne mit der historischen Frage:

Was wurde eigentlich aus dem Schadensersatz des Mautkonsortiums an die Bundesrepublik Deutschland?

Wer erinnert sich nicht an das Maut – Desaster aus der Anfangszeit dieser stählernen Autobahnbrücken mit den daran hängenden merkwürdig anmutenden Geräten? Große technische Probleme warfen das Projekt zeitlich immer wieder zurück. Von Milliardenschäden und Schadensersatzzahlungen durch das Maut- Konsortium war die Rede. Nach 16monatiger Verzögerung startete die Mauterhebung dann vielumjubelt doch noch Anfang 2005. Also geriet das Thema Schadenseratz auch bei unserer investigativen Presse  in Vergessenheit.

Ich selbst bin  zugegebenermaßen auch nur wieder auf das Thema gekommen, weil das Bundesverkehrsministerium im Bundestag zur Zeit nach meiner Pivatanschrift forscht. Die tüchtigen Beamten dieses Ministeriums werden sie sicher irgendwann im Telefonbuch finden (oder mit Lektüre dieses Textes: Hauptstr. 34, 76703 Kraichtal – Gochsheim) .

Man will, so hörte ich,  mir nämlich jetzt einen „Gebührenbescheid“ dafür zukommen zu lassen, dass ich als Volksvertreter so vermessen war,  Einsicht in die als geheim eingestuften Verträge mit dem Mautkonsortium Daimler, Telekom und einem französischen Autobahnbetreiber namens Cofiroute zu verlangen.

Das Anliegen des Ministeriums, Geld einzutreiben, ist nur zu verständlich. Irgendwann um das Jahr 2007 herum wollte die Bundesregierung vom Mautkonsortium sogar schlappe 5 Milliarden, die sie bis heute nicht hat. Vielleicht findet das Ministerium die geheime Anschrift seiner noch geheimeren Vertragspartner auch nicht mehr? Aber der Reihe nach.

Warum wollte ich überhaupt Einsicht in den Mautvertrag?

Erstens hatte mich das Thema als Bürger interessiert- Beträge in Milliardenhöhe sind schließlich auch in Zeiten von Abwrackprämien und der Unterfinanzierung  der Bildung kein Pappenstil. Zudem fragte  mich selbst der Dorfstammtisch, „was da denn eigentlich los sei“. Weiterhin wollte ich es als neugieriger Forschungspolitiker wissen. Schliesslich war immer von verlockenden Mehrwerten des Systems bis hin zu intelligenten Flottensteuerungen in der Verkehrspolitik die Rede gewesen.

Nach all den Jahren ist von solchen Diensten aber schon lange nicht mehr die Rede, was wohl auch dazu führte, dass sich keine anderen Länder, nicht einmal  Polizeistaaten, so wirklich für die tolle deutsche Mauttechnik interessierten. Zumindest kein ausländischer Staat. Die eigenen deutschen Sicherheitsbehörden seien der Korrektheit halber erwähnt. Sie waren die einzigen, die sich für „Zusatzanwendungen“ in ihrem Sinne aussprachen. Aber das ist schon wieder eine eigene Geschichte.

Ich zog also um das Jahr 2007 herum mit den erstgenannten Punkten nach erfolglosen Bemühungen gegenüber dem Ministerium vor das Berliner Verwaltungsgericht, um die gewünschten Informationen zu bekommen, die mir, nach naiver eigener Meinung, als Volksvertreter eigentlich zustünden. Dr. Peter Struck liess mich via Fraktionsgeschäftsführung noch wissen, man könne doch keinen „eigenen Minister“ verklagen. Dieser Hinweis belastete mich dann auch nicht weiter, zumal ich bei keinem Mitglied der Bundesregierung für mich Eigentumsrechte erkennen konnte.

Das Verwaltungsgericht Berlin befindet sich sozusagen im Schatten des Bundesinnenministeriums. Dies hätte mir eigentlich schon Warnung genug sein müssen.  Ziemlich unverblümt lies mich Frau Verwaltungsrichterin im Verfahren sehr  schnell wissen, dass sie gar keine Lust hätte, die vermutlich 10.000 Vertragsseiten darauf zu überprüfen, was ich von diesen nun sehen dürfe oder nicht, was nun tatsächlich geheim sei und was nicht. Jedem, der auch schon einmal keinen Bock auf Arbeit hatte, leuchtet eine solche Argumentation  sofort ein. Frau Richterin suchte aber immerhin nach einem Ausweg:

Das beteiligte Bau- und Verkehrsministerium, so ihre pfiffige Idee,  solle doch alles schwärzen, was nicht für einen normalen Bundestagsabgeordneten bestimmt sei. Dieser  Einfall wurde leider postwendend von der Gegenseite abgelehnt. Treuherzig wiesen die Vertreter des Ministeriums darauf hin, dass man, wörtliches Zitat aus dem Gerichtssaal, „dazu mangels Sachverstand nicht in der Lage sei.“ Dieses zwingende Argument eines deutschen Ministerialbeamten leuchtet zumindest einer Berliner Beamtin am Verwaltungsgericht sofort ein, sodass auch diese Überlegung alsbald fallen gelassen wurde.

Erwartungsgemäß verlor ich kostenträchtig meinen Prozess.

Begründet wurde dies  mit dem Inhalt der sagenumwitterten Akte und dem Schutz der Geschäftsgeheimnisse, die man wie ausgeführt nun einmal nicht schwärzen könne. Vor allem wurde ich darauf hingewiesen, dass ja ein laufendes Schiedsverfahren stattfinde, bei dem es unter Leitung eines damaligen Präsidenten des Bundesgerichtshofs schließlich um den genannten  hohen Schadensersatz ginge. .

Eine Aktenveröffentlichung bei diesem laufenden Verfahren, so die gemeinsame Überzeugung der eigentlichen Gegner Verkehrsministerium und Toll- Collect, „gefährde durch mögliche öffentliche Debatten die Entscheidungsfreiheit des Rechtspflegeorgans.“ Außerdem seien sich die Beteiligten (ich war damit nicht gemeint) einig, „dass durch eine Veröffentlichung des Vertrages Toll – Collect im Wettbewerb Schaden entstehen könne.“ Welcher Wettbewerb, ist man da versucht zu fragen?!?

Soviel freundliche Übereinstimmung zwischen Ministerium und Toll- Collect herrschte vor meiner Klage übrigens nicht immer. Ganz am Anfang waren Minister und die armen Beamten ohne Sachverstand sogar richtig sauer auf die Herren der Industrie. Denn Toll- Collect habe den Bund „getäuscht“, so damals Verkehrsminister Stolpe, „indem man Zusagen zu den Terminen der Inbetriebnahme ohne hinreichende Grundlage ins Blaue hinein, also arglistig, abgegeben habe“.

Bei so viel Verhärtung bedurfte es dann doch einiger vertrauensbildender Massnahmen. Am 12. 6. 2008 (!) meldete die Welt, das Schiedsverfahren beginne „in der nächsten Woche an einem geheimen Ort.“ Anfragen seien aber zwecklos, weil Vertraulichkeit vereinbart worden sei. Diese wiederum sei damit zu rechtfertigen, „dass die Verträge eben geheim seien“.

Wie es ausging, weiss ich deshalb nicht. Denn es gab seit Juni 2008 keine weitere Sitzung mehr. Oder sie tagen unter Leitung von Herrn Hirsch vielleicht am geheimen Ort immer noch und wurden, fast wie im Märchen, nur von der Welt vergessen….Und wenn sie  nicht gestorben sind, so tagen sie noch heute…..

Wer mehr wissen will, kann sich unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vertrauensvoll jederzeit an das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Invalidenstr. 44 (Nomen est omen ;)) in 10115 Berlin oder via Abgeordnetenwatch an seinen Bundestagsabgeordneten wenden. Vorsicht: Könnte aber einen Gebührenbescheid zur Folge haben…. 😉

42 Gedanken zu „Informationsfreiheit und Mautvertrag

  1. Esther

    an Jörg:
    Zunächst ist es erfreulich zu sehen, daß Mitglieder der Tauss-Gemeinde auch ältere Artikel nicht aus dem Auge verlieren. Zum Inhalt Ihrer Anmerkung: Eine gewisse Gönnerhaftigkeit ist auch ihr eigen. Problematisch ist Ihre doch sehr globale Betrachtungsweise. Daß unsere Welt nicht in allen ihren Winkeln nach Rosen duftet, ist auch mir seit längerem bekannt. Hier entscheidend ist jedoch allein, ob das, was Herr Tauss schildert, diesen abstrakten Befund im konkreten Einzelfall belegt. Das tut es nur, wenn die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Berlin tatsächlich das Schmierentheater war, als das Herr Tauss sie darstellt. Diese Prüfung wiederum bedarf der kritischen Synpose der Darstellungen, die Herr Tauss der Öffentlichkeit im August 2007, am 13.06.2008 sowie am 24.11.2009 gegeben hat. Und diese Darstellungen passen bei genauer Betrachtung und aus Sicht eines Außenstehenden nicht recht zueinander. Ich meine, diese inhaltlichen Reibungen zwischen den diversen Darstellungen, deren Auflösung noch aussteht, schlüssig aufgezeigt zu haben. Welchen Senat meinen Sie übrigens, in dem ich gesessen haben könnte?
    Mit freundlichen Grüßen,
    Esther

    Antwort tauss: Auch durch Wiederholung werden gewisse Behauptungen nicht besser. Im übrigen zählen Fakten: Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Verweigerung der Einsicht in die Mautverträge im Wesentlichen mit dem laufenden Schiedsverfahren und mit „Geschäftsgeheimnissen“ begründet. Wir hatten das Gericht darauf hingewiesen, dass dies in der Praxis eine Verhinderungsstrategie darstelle und nicht durch den Wortlaut des IFG gedeckt sei. Dies wurde vom Verwaltungsgericht anders gesehen und beiseite gewischt. Die letzte Sitzung des Schiedsgerichts fand im Juni 2008 statt. Jeglicher weiterer Kommentar zu dieser unglückseligen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlins dürfte sich erübrigen.

  2. Jörg

    unter dem Strich bleibt :
    1.) Wo sich Gestaltungsspielräume bieten, werden diese von den Freirauminhabern nicht immer unter „ethischen“ Prämissen ausgestaltet (Klüngelei, Vorteilsnahme – nichts Neues an sich).
    2.) Die in diesem Fall zutage tretende Dreistigkeit sowie echte und vorgeschobene Unfähigkeit markieren nun wahrlich kein neues Niveau (im Guiness-Sinne). Derartiges ist Alltag.
    3.) (@Weltfisch: Dank!) Warum Sie Ihre Anfrage, Sache bzw. Klage nicht auf Staatskosten betreiben konnten, ist mir unverständlich. Ich kann nur vermuten, daß dies mit „innerfraktionären Zusammenhängen“ zusammenhängt. Damit meine ich z.B. den Struck-Aspekt. Allerdings sollte ein MdB diese Freiheiten haben – finde ich – mal ganz blauäugig. An sich wäre das ein Fall für eine Untersuchungskommission, die wohl auch Ihre Fraktion nicht wollte.
    4.) Hallo Esther. Willkommen auf diesem Planeten 🙂 Ihre Argumentationsweise ist hochkarätig. Allerdings müssen Sie entweder gerade Azubine in einem Amt sein (was im Widerspruch zum Level Ihrer Schreibweise stünde) oder Sie müssen mit geschlossenen Augen durch Ihr bisheriges (Berufs-)Leben getaumelt sein, das sich in der Nähe von Justizias Amtstuben abgespielt haben dürfte. Ja, auch Ihr Steuergeld wurde und wird „umverteilt“. Täglich! Man denke an Banken usw. Sollten Sie in dem Senat gesessen haben, so erdulden Sie doch die eine oder andere Kleinigkeit. Denn in Relation zur hier behandelten Sache, … – Sie wissen schon.

  3. Esther

    Sehr geehrter Herr Tauss,
    ich sehe, dass Sie auch Ihre älteren Artikel ständig im Blick haben. Ich danke für Ihre – wenn auch etwas gönnerhaft formulierte – Rücksichtnahme gegenüber meinem bislang noch intakten Vertrauen in die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die von mir erwähnte Überraschung bezieht sich weniger darauf, dass Sie nach dem Ende ihrer MdB-Zeit Papiermengen reduzieren müssen. Das ist sehr gut nachvollziehbar. Überrascht bin ich lediglich von Ihrer fehlenden Erinnerung an grundsätzliche Begebenheiten des von Ihnen offenbar mit viel Herzblut und unter Einbindung der Öffentlichkeit (vgl. Ihre Pressekonferenz vom 10.08.2007) geführten Rechtsstreits, nämlich 1.) die Diskrepanz ihrer Darstellungen vom 13.06.2008 einerseits und vom 24.11.2009 andererseits zum Verlauf der mündlichen Verhandlung (wobei Ihre anschauliche Darstellung vom 24.11.2009 von einem sehr guten Gedächtnis Zeugnis abzulegen scheint) und 2.) die Frage, ob denn niemand das Gericht darauf hingewiesen hat, dass Ihnen bereits ein kleiner Teil des Mautvertrags vorlag, den Sie am 10.08.2007 der Öffentlichkeit präsentiert hatten und über den das Gericht folglich nicht mehr zu entscheiden hatte, was es aber, wenn ich Sie recht verstanden habe, erstaunlicher Weise in Ihrem Sinne doch getan hat.

    Widersprüchliches und erst recht immer Widersprüchlicheres ist in meiner Anmerkung vom 08.02.2010 nicht enthalten. Auch Sie benennen hierzu lediglich den Umstand, dass ich mich für das Thema Schiedsverfahren („Ist ein Schiedsverfahren ein Gerichtsverfahren im Sinne von Informationsfreiheitsgesetz § 3 Nr. 1g?“) nur noch am Rande interessiere. In der Tat interessierte und interessiert mich dies in diesem Zusammenhang von meiner frühesten Anmerkung (08.12.2009) an allenfalls am Rande, denn auf diese übrigens keineswegs sonnenklar in Ihrem Sinn zu beantwortende Rechtsfrage (Schoch hat in seinem Kommentar von 2009 zum Informationsfreiheitsgesetz, § 3 Anmerkung 80, kein Problem damit, Schiedsverfahren als Gerichtsverfahren zu sehen) kommt es für die Beantwortung meiner an Sie gerichteten Fragen nicht an. Mein Punkt war und ist vielmehr Ihr Vorwurf an das Gericht, es von vornherein arbeitsscheu („kein Bock auf Arbeit“) und geradezu parteiisch darauf angelegt zu haben, Ihre Klage abzuweisen und Ihnen in der mündlichen Verhandlung eine für die Entscheidung wesentliche rechtliche Bewertung vorenthalten zu haben, um dann – was auf Sie wie Hohn gewirkt haben müsste – eben diese rechtliche Bewertung tags darauf per dpa öffentlich zu machen. Diese allein auf das VERFAHREN des Gerichts bezogenen Punkte sind unabhängig von der Frage, ob das Gericht in der Sache § 3 Nr. 1g Informationsfreiheitsgesetz richtig angewandt hat.

    Welches ist übrigens das „dünne Eis“, auf dem Sie mich wähnen?

    Mit freundlichen Grüßen,
    Esther

  4. Jörg Tauss

    zu Esther: Was die „Denk- und Merkwürdigkeit der Aktenaufbewahrung“ anlangt darf ich darauf hinweisen, dass ALLE aus meiner MdB – Zeit stammenden Akten an Archive (z. B. an die Friedrich- Ebert- Stiftung) gingen oder vernichtet wurden. Ich habe nach Ende meiner MdB- Zeit 6 Büro- und Lagerräume auf mein häusliches Arbeitszimmer reduziert. Evtl. mindert dieser einfach zu erklärende Vorgang Ihre Überraschung.

    Dennoch stelle ich Ihnen anheim, mit meinem damaligen Anwalt oder der Gesellschaft für Informationsfreiheit bezüglich der Beurteilung des Falles auch direkt Kontakt aufzunehmen.

    Da aber die Schlussbemerkung Ihrer neuerlichen Einlassungen vermutlich das von vornherein feststehende eigentliche Ergebnis Ihrer wortreichen und ansonsten in sich immer widersprüchlicher werdenden Ausführungen war (kaum sind Sie auf dünnem Eis, interessieren Sie sich z. B. für das Thema Schiedsverfahren nur noch am Rande und beweinen statt dessen das Gericht), will ich Ihren Glauben an die Verwaltungsgerichtsbarkeit aber nun auch nicht weiter erschüttern :)))

    Herzliche Grüße Tauss

  5. Esther

    Sehr geehrter Herr Tauss,
    Sie hatten mir freundlicher Weise am 05.02.2010 direkt per E-mail auf meine Fragen vom 12.01.2010 (vgl. mein Kommentar vom 04.02.2010 zu Ihrem Artikel „Das Schweigen von gelbgrünlinksrot…“) geantwortet:

    „Keineswegs. Allerdings haben Sie eine Reihe von Detailfragen gestellt,
    die ich nicht mehr beantworten kann, weil ich die Akten Dritten
    archivarisch zur Verfügung gestellt habe. Bisher war es mir zeitlich
    nicht möglich, mich darum zu kümmern. Ihr Bekanntenkreis darf sich
    aber auch gerne individuell mit mir in Verbindung setzen. Der ganze
    Spass hat mich rd. 3.000.– Euro gekostet, weil es ja nicht nur um
    Gerichtsgebühren sondern auch um die Finanzierung von Anwälten und
    gegnerischen Anwälten geht. Ich halte einen solchen Betrag aus 1.
    Instanz schon für ein Argument, sich nicht in weitere Abenteuer zu
    stürzen. Ihre Annahme, dass das Gericht sich in mündlicher
    Verhandlung kaum für das damn im Urteil hervorgehobene Thema
    Schiedsverfahren interessiert hat, ist richtig. Das Gesetz spricht
    auch ausdrücklich nur von Gerichtsverfahren und nicht von
    Schiedsverfahren. Dies entspricht auch gängiger Kommentierung.
    Insofern bleibe ich bei meiner Kritik an der Kammer und am Urteil.
    Gruß Tauss“.

    Sie haben demnach keine Erinnerung mehr an die von mir erfragten „Details“, und ihre Akten haben Sie bereits an Dritte gegeben. Das ist schade. Aber zugleich auch merk- und denkwürdig.
    Zu meiner dritten Frage vom 12.01.2010 bestätigen Sie mein aus Ihren bisherigen Darstellungen gewonnenes Verständnis, dass das Gericht in der mündlichen Verhandlung im Juni 2008 sich kaum für den in den schriftlichen Urteilsgründen tragenden Grund für die Klageabweisung interessierte: die Gleichstellung des zwischen Bund und Toll Collect laufenden Schiedsgerichtsverfahrens mit den im Informationsfreiheitsgesetz (§ 3 Nr. 1g) genannten Gerichtsverfahren. Es geht also nicht nur um die diskussionswürdige Frage, ob eine solche Gleichstellung rechtlich zulässig ist, sondern auch und vor allem um den massiven Vorwurf an das Gericht, Sie in der mündlichen Verhandlung entweder hinters Licht geführt zu haben oder aber unfähig zu sein, seine tragenden Rechtsüberlegungen in der mündlichen Verhandlung zu artikulieren. Und es kommt ja noch schlimmer, wenn man bedenkt, dass dasselbe Gericht kurz nach dieser mündlichen Verhandlung gegenüber dpa in offenbar klaren Worten eben diese tragende Rechtsauffassung mitgeteilt hat, die Ihnen eben dieses Gericht höchstens einen Tag zuvor mit Absicht oder wegen Unfähigkeit zu angemessener Artikulation vorenthalten hat. Das heißt: Entweder haben sich die Richter gegen Sie verschworen, aber sogleich das Ihnen Vorenthaltene via dpa publik gemacht, oder aber die Richter waren gegenüber den Parteien in der mündlichen Verhandlung sprachunfähig, tags darauf gegenüber dpa aber nicht. Helfen Sie mir: Welche der beiden für das Gericht vernichtenden Varianten ist lebensnäher?

    Meine vierte Frage vom 12.01.2010 nach der Höhe des „irrwitzigen“ Streitwerts mag man noch als Detail ansehen, das nach eineinhalb Jahren in Vergessenheit geraten kann. Obwohl Ihnen immerhin noch erinnerlich war, dass das Gericht den Streitwert „irrwitzig“ hoch angesetzt hat, so dass zumindest eine ungefähre Zuordnung zu den Kategorien „5.000 Euro“, „10.000 Euro“, „50.000 Euro“, „100.000 Euro“ oder gar mehr möglich sein müsste.

    Meine erste und zweite Frage vom 12.01.2010 jedoch betreffen keine Details, sondern Grundsätzliches, das zu vergessen einfach sehr bedauerlich ist. Immerhin haben Sie sich ja doch noch sehr gut an Details der mündlichen Verhandlung erinnert und diese am 24.11.2009 anschaulich publik gemacht. Vielleicht hat ja Ihr Rechtsanwalt Herr Dr. Partsch, der Sie vor dem Verwaltungsgericht Berlin vertreten hat (vgl. Ihre Pressemitteilung vom 13.06.2008 unter http://www.tauss.de), noch eine Erinnerung daran, wie es kommen kann, dass Ihre Pressemitteilung vom 13.06.2008 dieselbe mündliche Verhandlung lobt, die von Ihnen am 24.11.2009 unter Erhebung massivster Vorwürfe gegen die Vorsitzende Richterin verrissen wird, und wie es kommen kann, dass das Gericht Ihnen Mitte 2008 Zugang zu vier Seiten des Mautvertrags zugesprochen hat, die Ihnen bereits seit August 2007 vorlagen. Ersterer anscheinender Widerspruch lässt sich nicht durch wie auch immer geartete schriftliche Urteilsgründe erklären, die Ihnen naturgemäß erst nach ihrer Pressemitteilung vom 13.06.2008 bekannt geworden sein können. Denn wenn, wie Sie am 24.11.2009 geschildert haben, sich die Vorsitzende Richterin in der mündlichen Verhandlung im Juni 2008 ungeniert als jemand entpuppte, der „keinen Bock auf Arbeit“ und großes Verständnis für „mangelnden Sachverstand von Ministerialbeamten“ hatte, dann hätte bereits Ihre Pressemitteilung vom 13.06.2008 vernichtend ausfallen müssen, und die späteren schriftlichen Urteilsgründe hätten Sie in Ihrer Bewertung allenfalls noch bestätigen können. Und was die vier Ihnen vom Verwaltungsgericht zugesprochenen Seiten des Mautvertrags angeht: Es liegt doch sehr nahe, dass jedenfalls Ihr Anwalt das Gericht nicht im Unklaren darüber gelassen hat, dass diese vier Seiten Ihnen bereits vorlagen und daher vom Gericht nicht mehr zuzusprechen waren. Dem entsprechend hat das Gericht ja offenbar auch dpa mitgeteilt, dass Ihre Klage komplett abgewiesen wurde, das Gericht Ihnen also auch keine vier Seiten zusprach.
    Sehen Sie es mir bitte nach, dass ich mich bei dem bisherigen Stand Ihrer Erläuterungen noch nicht dazu entschließen kann, meinen Glauben an die Integrität der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit über Bord zu werden.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Esther

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  7. Esther

    Sehr geehrter Herr Tauss,
    vielen Dank, daß Sie den Faden der Diskussion wieder aufgenommen haben. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich weitere Nachfragen habe. Doch der von Ihnen geschilderte Sachverhalt ist so skandalös, daß mein bisher noch unangefochtener Glaube an die Integrität der deutschen Gerichte schweren Schaden zu nehmen droht. Und bevor ich so weit gehen muß, diesen Glauben auf Grund Ihrer Schilderungen über Bord zu werfen, möchte ich einige Dinge besser verstehen. Und das wird sicherlich nicht nur mir so gehen.

    Zum Ersten: Ich habe verstanden, daß beim Verwaltungsgericht Berlin die Äußerungen der Richter in der mündlichen Verhandlung nicht übereinstimmten mit dem, was Sie dann in den schriftlichen Urteilsgründen lesen mußten. Und letztere konnten Sie natürlich zur Zeit Ihrer Pressemitteilung vom 13.06.2008 noch nicht kennen. Nur: Ihre Darstellung vom 24.11.2009 dreht sich doch gerade um die mündliche Verhandlung, deren Verlauf Ihnen auch am 13.06.2008 schon bekannt war. Ihre schweren Vorwürfe gegen die Vorsitzende der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin („kein Bock auf Arbeit“; „mangelnder Sachverstand von Ministerialbeamten ist für die Vorsitzende Richterin zwingendes Argument“) zielen gerade auf die mündliche Verhandlung, nicht auf spätere schriftliche Urteilsgründe. Und wenn es in Ihrer Darstellung vom 24.11.2009 im Anschluß an Ihre bildhafte Darstellung der mündlichen Verhandlung heißt „Erwartungsgemäß verlor ich kostenträchtig den Prozeß.“, dann heißt das doch, daß Sie diesen Ausgang schon auf Grund der mündlichen Verhandlung erwarteten („erwartungsgemäß“). Hinzu kommt: Sie waren im Prozeß von einem Anwalt vertreten. Dieser Anwalt hat doch sicher vor Ihrer Presseerklärung vom 13.06.2008, die er zusammen mit Ihnen abgab, bei der Geschäftsstelle des Gerichts nach dem Ergebnis des Urteils nachgefragt. Das hat jedenfalls entweder schon am 11. oder jedenfalls am 12.06.2008 die Deutsche Presseagentur getan, deren Meldung vom 12.06.2008 über den Ausgang Ihres Prozesses unter http://www.verkehrsrundschau.de abrufbar ist. Dort heißt es klar und deutlich, daß Ihre Klage komplett abgewiesen wurde. Oder haben Sie oder Ihr Anwalt vor Ihrer Pressemitteilung nicht beim Gericht nachgefragt und statt dessen wochenlang nichtsahnend auf die schriftlichen Urteilsgründe gewartet? Das wäre dann freilich bemerkenswert.

    Zweitens: Sie erläutern, daß es sich bei den Teilen, zu denen Ihnen das Gericht gemäß Ihrer Pressemitteilung von 13.06.2008 Zugang zugesprochen hat, um diejenigen vier Seiten handelt, die Ihnen bereits mindestens seit August 2007 vorlagen. Ein solches Verhalten des Gerichts ist für mich kaum faßbar. Haben Sie oder Ihr Anwalt oder das Ministerium dem Gericht denn vorher nicht gesagt, welche Teile des Mautvertrags Sie bereits ein dreiviertel Jahr vor der mündlichen Verhandlung erhalten hatten? Dann hätten die Prozeßparteien ja das Gericht (bewußt?) im Dunkeln tappen lassen. Denn die von Ihnen so anschaulich charakterisierte Frau Vorsitzende hätte sich doch sicher nicht die Arbeit gemacht, Ihnen Zugang zu Vertragsteilen zuzusprechen, die Sie ohnehin schon in Händen hielten. So unnötige Arbeit tut sich doch kein Richter an. Außerdem: Wenn Ihnen das Gericht immerhin etwas zugesprochen hat, warum hat dann dpa am 12.06.2008 eine komplette Abweisung Ihrer Klage gemeldet (siehe oben)?

    Drittens: Sie sagen, der in den schriftlichen Urteilsgründen maßgebliche Grund für die Klageabweisung, nämlich das zwischen Ministerium und Toll Collect geführte Schiedsverfahren, habe das Gericht in der mündlichen Verhandlung kaum interessiert. So etwas nennt man wohl Überraschungsentscheidung. Wie kommt es aber dann, daß die o. g. dpa-Meldung vom 12.06.2008, die ja auf einer Auskunft der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin beruhen muß, in aller Deutlichkeit sagt, daß Ihre Klage wegen möglicher nachteiliger Auswirkungen auf das Schiedsverfahren abgewiesen wurde und nach Ansicht des Gerichts Schiedsverfahren vom Informationsfreiheitsgesetz ordentlichen Gerichtsverfahren gleichgesetzt werden? Hat das Gericht also Ihnen diese tragende Überlegung in der mündlichen Verhandlung, die wohl am 11.06.2008 stattgefunden haben muß, verschwiegen, um sie dann am gleichen Tag oder am Folgetag per dpa herauszuposaunen?

    Viertens: Sie schildern, daß allein der irrwitzige Streitwert Grund dafür war, daß Sie aus finanziellen Gründen keine weitere Instanz mehr anrufen konnten. Mich würde interessieren, wie hoch denn das Gericht den Streitwert angesetzt hat. Ihre Formulierung („irrwitzig“) läßt mich fast befürchten, daß das Gericht die Höhe der vom „Stern“ in seiner Ausgabe 49/2009 aufgedeckten Toll Collect-Rendite lt. Maut-Vertrag von über 1 Milliarde Euro zugrunde gelegt hat. Oder hat das Gericht sich nicht doch eher, wie bei unbezifferten Klageanträgen wohl öfters der Fall, den Auffangstreitwert von 5.000 Euro (Gerichtskostengesetz § 52 Absatz 2) angenommen? Dann würde eine Gerichtsgebühr nur 121 Euro betragen und eine Anwaltsgebühr ganze 301 Euro.

    Ich weiß, meine Fragen sind sicher lästig und ihre Beantwortung raubt Ihre kostbare Zeit. Doch bedenken Sie: An Ihrer Erläuterung hängt der Glaube einer treuen Staatsbürgerin an die Integrität deutscher Gerichte. Daher wäre ich dankbar, wenn Sie es nochmals auf sich nähmen, mir Aufklärung zu verschaffen. Und ich kann mir vorstellen, daß Ihre Informationen wegen der dankenswerten Transparenz Ihres Diskussionsmediums auch anderen Interessierten zugute kommen.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Esther

  8. Jörg Tauss

    Immer wieder holen einen die Sünden der Vergangenheit ein. Mea Culpa, dass ich noch nicht geantwortet habe und auch während der Weihnachtsfeiertage andere Prioritäten setzte.

    Der vermeintliche Widerspruch erklärt sich dadurch, dass wir damals aus der mündlichen Verhandlung und aus den Äusserungen des Gerichts am Ende der Verhandlung andere Schlüsse zogen, als sie dann in der schriftlichen Begründung des Urteils enthalten waren. Deshalb ist es logisch, dass sich die Bewertung aus der Distanz betrachtet und im Lichte der damals noch nicht vorliegenden schriftlichen Urteilsbegründungen natürlich geändert hat.

    Der mir vom Gericht „zugesprochene Zugang“ bezog sich auf Teile, die mir bereits vorlagen: Dieser betraf im Wesentlichen die Deckblätter des Vertrages. Selbst das Inhaltsverzeichnis gehörte nicht dazu.

    Darüber hinaus hat sich das Gericht eine grobe Fehlinterpretation des Gesetzes gestattet, indem es Schiedsverhandlungen und Gerichtsverfahren gleichsetzte. Der von uns vorgetragene Einwand, dass damit dann mit einem einfachen aussergerichtlichen Schiedsverfahren immer das Recht auf Akteneinsicht durch beliebige Verzögerungen der Gegenseite ad absurdum geführt werden könne, spielte in der Verhandlung kaum eine Rolle (unser das Gericht nicht interessierende Vortrag wurde durch die Praxis bestätigt: Seit Juni vorletzten Jahres hat das Schiedsgericht nicht mehr getagt!).

    Trotz dieser absehbaren Trickserei der Gegenseite stützte sich dann das Gericht bei seiner schriftlichen Urteilsbegründung auf diesen Punkt laufendes „Schiedsverfahren“, der aber wie gesagt beim Termin selbst das Gericht kaum interessierte. Ich habe an vielen Gerichtsverhandlungen unterschiedlichster Gerichte teilgenommen und kann mich an keinen Prozess erinnern, wo dann die tatsächliche Erörterung vor Gericht, deren Gewichtung und die anschliessende Urteilsbegründung derart voneinander abgewichen sind.

    Ich bleibe dabei: Informationsfreiheit ist bei dieser Richterin und bei diesem Gericht leider in schlechten Händen. Da helfen auch die Attacken der Dame nicht weiter, die sie später bei einer Veranstaltung der Friedrich- Ebert- Stiftung gegen den Deutschen Bundestag „wegen schlechter Gesetzesformulierung“ geritten hat. Der Gesetzgeber sprach klar von Gerichtsverfahren und nicht von Schiedsverfahren.

    Dass der Vertrag heute in wesentlichen Teilen bei Wiki- Leaks veröffentlicht ist, macht aber einmal mehr deutlich, dass man mit kritischer Öffentlichkeit mehr erreicht als mit lustlosen Richtern, die sich auf die Seite von Leuten schlagen, die mit dem Geld der Bürger per Mautvertrag einen Selbstbedienungsladen eingerichtet haben.

    Leider war allein der irrwitzige Streitwert der Grund, dass ich aus finanziellen Gründen keine weitere Instanz anrufen konnte. Dies brachte dann aber erfreulicherweise eine Person aus dem Umfeld des Mautkonsortiums aus Gewissensgründen dazu, den Vertrag wie ausgeführt Wikileaks zur Verfügung zu stellen. Bei diesem mutigen Menschen bedanke ich mich ausdrücklich.

    Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben abschließend gedient zu haben.

  9. Esther

    Sehr geehrter Herr Tauss,
    leider habe ich von Ihnen noch keine Antwort auf meine Nachfragen vom 10. Dezember erhalten. Nun sind Sie gewiß ein vielbeschäftigter Mann und werden daher nicht leicht die Zeit für eine Antwort finden. Doch da Sie seit meinen Nachfragen die Zeit gefunden haben, einen neuen Artikel einzustellen, könnten Sie vermutlich auch die Zeit für eine kurze Antwort erübrigen. Ansonsten droht der Austausch über Ihren interessanten Beitrag zum Maut-Vertrag unter der Vielzahl Ihrer neuen Beiträge in Vergessenheit zu geraten. Und das wäre doch sehr schade. Denn ich denke, daß viele daran interessiert wären zu erfahren, was in den weiteren, über die vier schon vom Verkehrsministerium an Sie herausgegebenen Seiten hinausgehenden, Teilen des Maut-Vertrags steht, zu denen Ihnen das Verwaltungsgericht Berlin Zugang gewährt hat (vgl. Ihre Pressemitteilung vom 13.06.2008 unter http://www.tauss.de).

  10. Esther

    Sehr geehrter Herr Tauss,
    vielen Dank für Ihre schnelle Stellungnahme. Ich muss da aber zu zwei Punkten nachfragen. Zum einen schreiben Sie, dass es einen erheblichen Qualitätsunterschied zwischen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und der Ihnen erst später zugesandten schriftlichen Urteilsbegründung des Gerichts gab. Die Verhandlung war demnach in Ordnung, und so erklärt sich Ihre insoweit lobende Äußerung in Ihrer Pressemitteilung vom 13.06.2008 (www.tauss.de). Die schriftlichen Urteilsgründe dagegen scheinen wenig zu taugen. Nun kritisieren Sie aber in Ihrer Darstellung vom 24.11.2009 weniger die schriftlichen Urteilsgründe, die direkt gar nicht angesprochen werden. Vielmehr zielen Ihre Hauptvorwürfe auf die mündliche Verhandlung: „Frau Verwaltungsrichterin hatte keinen Bock auf Arbeit“; „mangelnder Sachverstand von Ministerialbeamten ist ein zwingendes Argument, das einer Berliner Beamtin am Verwaltungsgericht sofort einleuchtet“. Also: Ihre Pressemitteilung vom 13.06.2008 bezieht sich (lobend) ausschließlich auf die mündliche Verhandlung, Ihre Darstellung vom 24.11.2009 bezieht sich (mit vernichtender Bewertung) jedenfalls ganz überwiegend ebenfalls auf die mündliche Verhandlung und nicht auf die schriftlichen Urteilsgründe. Das passt aus meiner Sicht nicht zusammen.

    Zum anderen schreiben Sie, dass Sie Einsicht nur in die beiden ersten und die beiden letzten Seiten des Maut-Vertrags bekommen haben. Ich hatte da meine Frage vielleicht nicht klar genug formuliert. Meine Frage ist, welchen teilweisen Zugang zum Maut-Vertrag Ihnen das Verwaltungsgericht zugesprochen hat, so wie es in Ihrer Pressemitteilung vom 13.06.2008 heißt. Dort sprechen Sie von einem Teilerfolg für die Informationsfreiheit in Deutschland, weil Sie zwar keinen vollen Einblick in den Maut-Vertrag zugesprochen bekommen haben, aber eben auch Toll Collect keinen Erfolg mit seinem Antrag hatte, Ihnen überhaupt keinen Zugang zum Vertrag zu geben. Die vier von Ihnen erwähnten Seiten des Vertrags haben Sie ja vom Verkehrsministerium schon vor Ihrem Gerichtsprozess erhalten. Das haben Sie auf Ihrer im Internet recherchierbaren Pressekonferenz vom 10.08.2007 (zusammen mit Ihrem damaligen Abgeordnetenkollegen Jung) erklärt und diese Vertragsseiten auch in die Kameras gehalten. Das Verwaltungsgericht muss Ihnen in seinem gut zehn Monate später ergangenen Urteil also Zugang zu WEITEREN Teilen des Maut-Vertrags zugesprochen haben. Nur dann macht es Sinn, wenn Sie in Ihrer Pressemitteilung vom 13.06.2008 – also nachdem Sie die vier Vertragsseiten schon längst erhalten hatten – davon sprechen, dass abzuwarten bleibt, in welchem Umfang das Verkehrsministerium Ihnen nun tatsächlich Einblick in den Maut-Vertrag gewährt. Mich interessiert, welche Teile das sind, die nach Ansicht des Verwaltungsgerichts offenbar weder Geschäftsgeheimnisse von Toll Collect enthalten noch das Schiedsverfahren zwischen Bund und Toll Collect stören. Außerdem muss die „Frau Verwaltungsrichterin“, wenn Sie Ihnen Zugang zu weiteren Teilen des Maut-Vertrags zugesprochen hat, ja doch den Vertrag überprüft und sich nicht einfach darauf zurückgezogen haben, dass sie dazu „gar keine Lust hätte.“

  11. Jörg Tauss

    Gerne nehme ich dazu Stellung: Was die Herren Ministerialbeamten betrifft, habe ich diese Herren wörtlich zitiert. Was die Frau Vorsitzende anlangt hatten wir in der Tat aus der Verhandlung heraus und nach den ersten Verlautbarungen einen völlig anderen Eindruck, als es dann leider in der schriftlichen Urteilsbegründung zum Ausdruck kam. Im übrigen habe ich ihr nicht Inkompetenz unterstellt. Es war aber völlig klar absehbar und vorgetragen, dass das Schiedsgericht allenfalls eine Verschleppungsinstanz ist. Dennoch hat sie dieses Schiedsverfahren einem ordentlichen Gerichtsverfahren gleichgesetzt. Dies war eindeutig nicht der Wille des Gesetzgebers. In der Tat habe ich Einsicht bekommen: In die ersten beiden und die letzten beiden Aktenblätter;)

  12. Esther

    Sehr geehrter Herr Tauss,

    Sie zeichnen da ja ein verheerendes Bild. Vor allem die „Frau Verwaltungsrichterin“ muss – ebenso wie die Ministerialbeamten – gemäß Ihrer Darstellung ein Ausbund an Faulheit und Inkompetenz sein. Wenn ich das Aktenzeichen des Verfahrens vor dem Gericht richtig deute, dann fand Ihre Verhandlung vor dessen 2. Kammer statt. Deren Vorsitzende ist die Präsidentin des Verwaltungsgerichts. Wie die es wohl mit soviel Faulheit und Inkompetenz bis an die Spitze des Gerichts geschafft hat? Und da stellt sich mir die Frage: Wie verhält sich Ihre Schilderung von November 2009 zu Ihrer unter einzusehenden Presseerklärung vom 13.06.2008, die Sie offenbar noch unter dem ganz frischen Eindruck der mündlichen Verhandlung verfasst hatten und in der Sie dem Verwaltungsgericht bescheinigt haben, „sich in einer beeindruckenden Verhandlung sehr intensiv mit den unterschiedlichen Positionen der Prozessbeteiligten auseinandergesetzt“ zu haben? Wie kommt es, dass sich Ihre Schilderung 15 Monate später so ganz anders anhört? Und noch eine zweite Frage: In Ihrer Pressemitteilung vom 13.06.2008 steht, dass laut dem Urteil des Verwaltungsgerichts weder Sie die volle Einsicht in den Maut-Vertrag zugesprochen bekommen haben noch Toll Collect Erfolg mit seinem Antrag hatte, wonach Sie überhaupt keinen Zugang erhalten sollten. Also muss das Gericht Ihnen wohl einen teilweisen Zugang zugesprochen haben. Was hat das Gericht Ihnen denn genau zugesprochen? Welche Teile des Maut-Vertrags dürfen Sie einsehen? Ihre Darstellung vom 24.11.2009 hört sich ja fast so an, als hätten Sie vor dem Verwaltungsgericht überhaupt keinen Erfolg gehabt.

  13. Ein Mensch

    Das nächste Mal bitte bei der Basis nachfragen. Kann doch nicht angehen, dass so ein wichtiges Verfahren ausgerechnet am Geld scheitern musste. Oder ist es Zeit einen „Rechtsstaat e.V.“ zu gründen?

  14. Jens

    Bei Toll Collect und den Verzögerungen bei der Inbetriebnahme denke ich immer an einen Beitrag aus den Fernsehnachrichten damals, wo es doch so viele Zweifel am Start des Systems gab: „Die Inbetriebnahme werde wie geplant in ein paar Tagen erfolgen“, sagte ein Specher von Toll Collect und unterlegt wurde das Ganze mit Bildern von Helfern an den Maut-Terminals, wie sie den Lastwagenfahrern an den Raststätten gerade helfen. Einige Tage später wurde dann der Start um mehrere Monate verlegt…

    Natürlich war das schon damals eine arglistige Täuschung der Öffentlichkeit und mich ärgert immer noch diese Dreistigkeit, mit der damals diese Nachrichtenbilder inszeniert wurden.

    Jens

  15. Pojarkow

    Vielleicht ein kleiner Trost: Besagte Richterin war neulich zu Besuch in Leipzig in einem Gebäude, dass als Justizpalast jede Behörde in den Schatten stellt. Sie durfte dort ihr persönliches Waterloo erleben, denn der Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat ihre rechtswissenschaftlich kaschierte Aktenphobie nach allen Regeln der Juristerei zerlegt. (Es ging darum, dass die Verwaltung bisher nur mit dem Etikett „Verschlusssache“ zu winken brauchte, damit Richterin X abwinkt und sagt, das prüfe ich nicht, ob die Einstufung zu Recht besteht. Urteil vom 29.10.09 , Az BVerwG 7 C 21.08)

    Sie wirkte auf mich dabei auch not sehr amused und hat noch vor der Urteilsverkündung das Weite gesucht. Dabei braucht man tatsächlich keine juristischen Kenntnisse um vorherzusagen, was für eine Rechtssprechung aus den katakombenartigen Fluren in der Berliner Kirchstraße zu erwarten ist und welcher Geist sich in den Wandelhallen des Bundesverwaltungsgerichts entfalten kann.

    Ich bin mal gespannt, mit welcher neuen Ausrede man am Berliner VG seine offenkundige Aktenphobie weiter pflegen will.

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  19. Weltfisch

    Gebührenbescheit? Geht das überhaupt. Ich meine, können Abgeordnete des BT für Kosten, die sie IM Rahmen ihrer Tätigkeit für den BT verursacht haben, privat dafür haftbar gemacht werden?

  20. Tim

    Es ist tatsächlich an der Zeit, die Fahne zu hissen und das Volk mit vollen Segeln in den fernen Hafen der Demokratie zu schippern.
    Oder ich wander aus…. 🙂

  21. Sven

    Hallo Herr Tauss,

    mich beeindruckt, daß Sie sich so vehement einsetzen.

    Lassen Sie sich nicht unterkriegen – alles Gute!

    Sven

  22. Joachim

    nur gut, dass Sie den Prozess verloren haben und keine Einsicht bekamen, sonst hätten sie jetzt eine viel größere Klage am Hals, nachdem nun Teile des Vertrages bei Wikileaks auftauchen. Denn dann wäre ja offensichtlich gewesen, wer da nicht ganz dicht war (und leaked-te).

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  25. Maut Konsortium geschädigter

    Wenn die Verträge zwischen Staat und dem Konsortium handwerklich genauso schlecht gemacht sind, wie die zwischen dem Konsortium und den Subunternehmern, Gute Nacht.Deutschland.

    Habe selbstbei einem Subunternehmen gearbeitet.
    Die Vollpfosten der Projektleitung haben sich den passus: Zahlung bei Inbetriebnahme aufs Auge drücken lassen.

    Dank der Verzögerung stand die Firma am Ende mit einem Riesenschuldenberg, bis Troll Collect gezahlt hat, da.

    Deshalb mussten dann auf drängen der Banken 10% der Stellen abgebaut werden oder die Banken hätten den Laden dicht gemacht.

    Zum Dank darf ich mich heutzutage als einer der 10% damals sozialverträglich entlassenen heute von Politik, Ministern, Abgeordnetten, Kanzlerinnen und Wirtschaft als Assozialer Schnorrer der jeden Cent versäuft und nicht arbeiten will …. defamieren lassen.

    🙁 🙁 🙁 🙁

  26. Jörg Tauss

    Jörg Tauss: Weil mich die Geschichte schon in erster Instanz tausende von Euro an Anwalts- und Prozesskosten gekostet hat und ich schlicht das Geld nicht mehr hatte….. einen Gebührenbescheid muss ich erst abwarten, um ihn bewerten zu können.

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  28. Bernd Eckenfels

    Lach! Hach sehr amüsant (wenn es nicht so traurig wäre).

    Das mit dem „nicht politiker sprache“ solltest du garnicht mehr versuchen – man verstehts aber auch so:)

    Gruss
    Bernd

  29. kerindor

    Reif sicherlich, aber vorerst sind 4 Jahre Schwarz-Geld abzuwettern. Man darf halt nicht vergessen das das Problem hier genau auf die gelbe Klientel zugeschnitten ist.
    Ich vermute ähnliches wie mit den unsäglichen Steuergeschenken für Hotels.
    Das Thema wird klammheimlich oder mit „Gewalt“ vergessen werden.

  30. Marcus

    Verwaltungsgericht Berlin? Warum ist die Sache nicht weiter gegangen bis nach Leipzig?

    Und warum bekommen Sie nun einen Kostenbescheid deswegen?

  31. Stephan Eisvogel

    Super Jörg. Ich hab mir das jetzt durchgelesen und dank dem Text wieder fünf Pickel mehr am. Für mich gibt es nur drei mögliche Erklärungen für die Geheimhaltung des Toll Collect Vertrages: Entweder irgend ein Rind hat in den Vertrag die Datenlieferungsbedingungen nach Pullach oder gleich die ganze API Schnittstellenbeschreibung mit in das Papier getackert und nun denkt man sich „solange nichts publik ist, haben wir ein vorher-was-gesagt/hinterher-was-anderes-gemacht Problem weniger“. Oder die Bedingungen bei Verzug und Co. wurden so derart zu Ungunsten des Bundes und uns Steuerzahlern abgekartet, dass es jedem gestanden Geschäftsmann die Zornesröte ins Gesicht treiben würde. Oder Nummer drei, irgendwelche vereinbarten Provisionen in dem Vertrag sind auf Banker-Niveau.

    Ich glaube für uns Piraten war noch nie die Zeit reifer und die Kommunikationstechnik mehr auf unserer Seite, dieser Art von autonomer Politikgestaltung ihre übergestülpten Deckmäntelchen wegzureissen und den Souverän darauf aufmerksam zu machen. Und mit den ersten paar gekaperten Sitzen im Bundestag geht der Spass dann erst richtig los. Es wär verdammt noch mal endlich Zeit für ein Herbert Wehner Reloaded.

  32. mahrko

    Schön Artikel. Sowas liest man gerne… dass man so einen Betrag schon einmal vergessen kann, das passiert.

    Tauchen sicher auch nicht mehr auf, der Finanzminister hat doch schon einmal bewiesen, dass er 100.000 Mark vergessen problemlos vergessen kann… ja sogar die Frage nach der Frage hat er vergessen 😀

    http://www.youtube.com/watch?v=tPbN2Aio4i4

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