Heute tagte die Bundestagsenquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ ein letztes Mal. Man ist erleichtert. Die Show ist zu Ende. Zu den Problemen dieser Enquetekommission habe ich mehrfach gezwitschert und deren sechs Grundfehler auch mehrfach benannt. Diese Erkenntnisse vom Juni 2011 blieben auch im Jahre 2012 bis heute gültig.
Gibt es gar nichts Positives zu sagen? Doch. Eine Reihe der 12 Zwischenberichte auf über 2.000 Blättern Totholz unter CC-Lizenz sind lesenswert. Wer beispielsweise ein Sammlung von klugen Gedanken zum Thema Medienkompetenz sucht, wird fündig. Dies aber dokumentiert auch eines der zentralen Probleme. Die Enquete war inhaltlich dort um so besser, wo sie keinerlei Bezug zur Bundespolitik hat. Für Medienkompetenz, ob es nun passt oder nicht, sind die Länder zuständig, die mit ihrer Schul- und Medienpolitik die beste Chance zur Umsetzung haben.
Dass aber auch dieser Bericht verpuffen wird beweist beispielsweise der „Tag der Medienkompetenz“ Ende vergangenen Jahres im Medienland NRW. Das Werk wurde staunenden Landtagsabgeordneten im Düsseldorfer Landtag von mir überreicht. Konkret: Noch nicht einmal die politische Fachszene wird von dieser Enquetekommission erreicht.
Dort aber, wo der Bund originäre Zuständigkeiten hat, beispielsweise zu den Themen Urheberrecht, zur Netzneutralität, zu den Freiheitsrechten der Bürger oder gar für ein freies globales Internet, gibt es keinerlei Signale. Dies wurde von Schwarzgelb systematisch verhindert. Selbst die Rundfunkreferenten aus den Staatskanzleien der Länder konnten sich, um ein Beispiel zu nennen, schon im April 2011 auf mehr Inhalte zum Thema Netzneutralität einigen, als diese Enquete, die zu diesem Zeitpunkt mit sich noch um Begriffsklärungen rang. Darauf angesprochen kam von Enquetemitgliedern weder eine Antwort noch eine inhaltliche Übernahme. Auch dies zeigt, wie wenig ernst Anregungen von außen, Bürgern und Fachleute genommen werden.
Wie geht es weiter?
Einigen konnte man sich in der Enquete darauf, in der nächsten Legislaturperiode einen Internetausschuss und einen Staatsminister für das Internet einzurichten. Darauf ist man parteiübergreifend stolz. Doch auch dieser Vorschlag ist nichts als weiße Salbe ohne jegliche Wirkstoffe. Ausschüsse des Deutschen Bundestages sind Ministerien zugeordnet, die Zuständigkeiten haben. Der Internetausschuss hätte keinerlei Anbindung an die wesentlichen Ministerien wie beispielsweise Innen, Justiz, Wirtschaft, Forschung. Er könnte nicht einmal Anhörungen zu Themen durchführen, die in deren Zuständigkeit liegen.
Auf Parlamentsdeutsch: Weder zum Urheberrecht, noch zur Vorratsdatenspeicherung, noch zur Netzneutralität etc. etc. könnte dieser Internetausschuss federführend initiativ werden. Das ist eine Farce und eine Augenwischerei wie diese Enquete, deren Ergebnisse in den Regalen unseres Berliner Parlaments verstauben werden. Dazu muss man kein Prophet sein.
Ein Internetministerium und ein zugehörender Ausschuss machte Sinn, wenn dort hin tatsächlich Zuständigkeiten verlagert würden. Dies ist parteiübergreifend nicht in Sicht. So wenig wie die Tatsache, dass sich Ausschüsse des Bundestages stärker den Bürgerinnen und Bürgern öffnen.
Netzpolitik ist und bleibt in Deutschland ein Stiefkind. Das ist das so ernüchternde wie traurige Fazit dieser Enquete. Sie hätte die Republik verändert, meinte dem gegenüber Enquete-Parlamentarier Klingbeil. Man wünscht sich zu wissen, welche Halluzinogene der Mann raucht.