War ein paar Tage twoff. Ich wollte schon immer mal nach Dubrovnik und mich dort unten in Süddalmatien einmal umsehen. Ein Billigflug trug dann zur kurzfristigen, wenngleich zugegebenermaßen nicht sonderlich ökologischen, Entscheidung bei. Ich flog und liess Gattin nebst Mamsell für Tage zurück. Ganz wie früher – so mit Zelt und wenig Gepäck. Eine Jeans, 5 T-Schirts, 2 Sporthosen, Laufschuhe, Kulturbeutel (wieso heißt der Kulturbeutel übrigens Kulturbeutel?) und was der zivilisatorische Mensch eben sonst so dringend braucht. Vor allem eine Visa- Karte. EC- Karten sind im südlichen Balkan wohl unbekannt. Das war die erste Überraschung. Kein Automat spuckte ohne VISA Geld aus. Mit tausenden Touristen von Kreuzfahrtschiffen bevölkerte ich nach nächtlicher Landung also VISA- finanziert fortan die Altstadt und genoss deren trutzig-mediterranes Ambiente.
Das MacBook gab im ersten Internetcafe, gleich beim Busbahnhof, den Geist auf. Wenn schon offline, dann also richtig. Wenn schon Bus, dann der Nächste. Und der fuhr Richtung Montenegro. Dort war ich noch nie. Also hin. Ich entschied mich für einen abgelegenen Campingplatz ohne Rummel, Party und motorisierte Reisemobilisten in der montenegrinischen Provinz, gleich hinter der kroatischen Grenze. Die Jungs am Tara- Fluss beim Rafting laden mich vorher ein, mit ihnen was zu trinken. Danke. Mineralwasser wäre jetzt toll. Sie blicken ratlos. Eigentlich haben sie nur Raki. Ok. Besser als verdursten ist Schnaps allemal. Freundlicherweise holt mich dann der Campingplatzmensch irgendwann an der Tankstelle ab.
Tankstelle ist DER Treffpunkt in Montenegro. In der Regel ist immer ein Cafè dabei. Dort wird palavert und es werden Kontakte geknüpft. Man trifft zum Beispiel den Bauarbeiter, der 35 Jahre in Deutschland schuftete. Deutschland ist das beste Land der Welt, sagt der Bauarbeiter und lädt mich zum Espresso ein. In meinem Tankstellencafe gab es neben Espresso zudem, für ein paar Cent die Kugel, das nach meinem Geschmack leckerste Eis Montenegros. Schokoladenchips, Karamell und Zitrone wird zu meinem 5- Kugeln- Tauss- Eis- Tipp. Einen jungen Australier begeistere ich mit meiner Schilderung so, dass wir mitten in der Nacht nochmals über gefühlt 20 Serpentinen mit 15%- Steigung losfahren, um Eis zu besorgen. Eine Engländerin will auch. Also 15 Kugeln zusammen.
Nur der Esel ist sauer, der für uns deshalb seinen angewärmten mückenfreien Platz auf der Straße räumen muss. Verächtlich zeigt er uns sein Hinterteil und bewegt beide Hinterhufe gleichzeitig in unsere Richtung, als er sich zur Seite trollt. Irgendwie mag ich Esel.Neben den landschaftlichen Schönheiten ist wohl die gesamte Tierwelt, und nicht nur der Esel, merkwürdig frei lebend und auf der Straße daheim.
In Montenegro käme eher die Meldung im Radio, wenn sich auf irgendeiner Verkehrsfläche mal KEIN freilaufendes Tier aufhielte.Einer beeindruckend großen Landschildkröte helfe ich unter deren zappelndem Protest über die Landstraße. Keine Ahnung, ob so ein Schildkrötenpanzer einem PKW stand hält und ob sie überhaupt wirklich auf die andere Straßenseite wollte. Aber sie machte den Eindruck.
Dort wo sie hinwollte, war vor Jahren übrigens noch vermintes Gebiet, verrät mir einer, der mich im Auto mitnimmt. In Kroatien tue er als Montenegriner immer so, als sei er Engländer. Unsere Armee hat dort im Krieg übel gehaust, wird mir der Grund erklärt.
Wäre ich Kroate, könnte ich die Kroaten verstehen, sagt er. 20.000 Soldatdeskas hätten ohne Aufsicht durch Offiziere in den Nachbartälern übel gehaust. Ich verstehe. Dafür verstehe ich manch ältere Kroaten etwas weniger. Deren Deutschlandbegeisterung hat oft mit jenem Regime vor 1945 zu tun, mit dem ich wiederum ungern identifiziert werde. Hätte Deutschland den Krieg gewonnen, wäre es heute in Europa viel besser. Ich widerspreche. Aber ich habe nicht das Gefühl, verstanden zu werden.
Dafür versteht mich auf Anhieb jemand, mit der ich gar nicht gerechnet habe. Daisy. Daisy verliebt sich in mich auf Anhieb. Es war Liebe auf den ersten Blick. Daisy ist der Campingplatzhundemischling. Ich erkläre ihr noch, dass ich Mamsell versprochen habe, sie nie mit einem Hund zu betrügen. Vergeblich. Wir werden ein Paar. Ich gehe in die Berge: Daisy kommt mit. Ich leihe ein Mountainbike, Daisy rennt hinterher. Ich erkläre dem Montenegriner, dass Daisy eigentlich gar nichts gegen seine Katze hätte, die sie gerade über dessen Grundstück jagt. Vergeblich. Der Einheimische solidarisiert sich erzürnt mit seiner Katze und mag uns irgendwie nicht.
Ich gehe zum Bach, Daisy ist bereits vor mir drin. Im Bach liegen Schläuche, um das Wasser auf darunter liegende Grundstücke zu transportieren. Daisy taucht unter und klaut das Sieb, mit dem kein Dreck in den Schlauch geraten soll. Ich renne hinter Daisy her, um ihr das aus einer alten Plastikflasche gefertigte Sieb wieder abzunehmen. Das hält sie für ein tolles neues Spiel. Daisy ist klatschnass und schüttelt sich, als sie mich endlich gewinnen ließ. Jetzt bin ich klatschnass, weil sie sich weigert, an meiner Stelle das Sieb im Bach und unterhalb des Wasserspiegels wieder anzubringen.
Dafür schaut sie sehr entschlossen, als wir plötzlich angezischt werden. Außer im Film sah ich noch nie eine Schlange, die sich vor mir aufgerichtet hätte und zischt was das Zeug hält. Man sieht, dass auch Daisy noch nie mit einer zischenden Schlange konfrontiert war. Sie setzt sich vorsichtshalber erstmal hin und beobachtet die Szene. Zischende Schlange gegen Tauss. Das meterlange Ringeltier und ich entscheiden uns für einen Kompromiss: Ich gehe einen Schritt zurück und sie ringelt sich, weiterhin fauchend, in die Büsche. Mit einem kurzen Wuff signalisiert Daisy, dass sie das offensichtlich auch für die beste Lösung des Konflikts hält.
Solche Abenteuer verbinden. Fortan bewacht Daisy mein Zelt. Wenn ich es morgens öffne, kommt mir bereits eine feuchte Hundeschnauze mit unglaublich langer Zunge entgegen. Erspart die Gesichtswäsche. Liege ich in der Hängematte, ruht die Schnauze auf mir.
Schade ist nur: Ich reise ab und die Engländerin, jene mit den Eiskugeln, wird wohl meine Nachfolgerin an Daisys Seite. Und doch habe ich beim Abschied das Gefühl, als wolle sie sagen, ey, Alter, war ein wirklich cooles Programm mit Dir. Sehe ich auch so. Irgendwie gefällt mir Montenegro. Und Daisy sowieso. Mach‘s gut.
ja cool, danke! fkk ist überhaupt kein problem,bin ich gewöhnt. 😉
Gerne 😉 Ist allerdings ÜBERWIEGEND FKK, was mich nicht stört(e). Sehr nette Leute mit Öko-Anspruch. Publikum war da aus England, Schweden, USA, Kanada, Australien. Mit eigenem Auto für gelegentliche Ausflüge ist der Platz zum relaxen optimal.
http://www.full-monte.com/
hört sich nach einem coolen trip an,ganz nach meinem geschmack.erinnert mich ein wenig an kreta…..vielleicht sollte ich auch mal nach montenegro reisen……wäre es vermessen zu fragen wo genau der Campingplatz war?
unterhaltsamer schreibstil! danke dafür.
Das hört sich nach einem sehr tollen kurzurlaub an 🙂