Nachdem das Märchen von der Kinderpornoindustrie und deren „Milliardenumsätzen“ vergleichbar dem Waffenhandel selbst kriminalwissenschaftlich längst widerlegt ist, stellt sich doch die Frage, was Herr Jürgs und SPON mit dem neuerlichen Artikel zum Thema bezwecken?
Geht es „nur“ um das Herbeigeschreibe der Vorratsdatenspeicherung und des Präventionsstaats? Dann wäre es ein weiterer politisch-medialer Missbrauch des Missbrauchs von Kindern.
Dessen ungeachtet könnten investigative Journalisten der Kinderpornolüge von BKA und Justiz doch einmal nachgehen- statt sie in Permanenz zu wiederholen.
Warum geschieht dies nicht?
Wie kommt es, dass bei einem „Milliardenmarkt“ weder diese Summen oder die imaginären profitierenden Hintermänner und deren Konten nie irgendwo auftauchen?
Wie kommt es, dass Ermittlungen in diesem Bereich (z.B. Aktion Himmel) stets mit großem medialen Brimbamborium (wiederum SPON) starten, um dann geräuschlos zu enden?
Warum antwortet hierzu die sonst so auskunfts- und medienfreundliche Staatsanwaltschaft KA nicht auf entsprechende Fragen nach dem Ausgang von rd. 100 eingeleiteten Verfahren im Bereich „kommerzieller“ Kinderpornografie aus der genannten Aktion?
Warum weichen Polizeidienststellen bei Hinweisen gezielt aus und verweisen – gleichfalls wahrheitswidrig – auf schwierige Dienstwege, wo es doch um Kinder geht?
Diese Fragen habe ich übrigens auch dem SPIEGEL gestellt.
Zum Thema auch Tauss-Gezwitscher „Was juckt ein BKA Fakten“
Na, dass der Artikel hanebüchener Unfug ist entlarvt er doch eigentlich schon selbst. Schlecht oder gar nicht recherchiert und in sich nicht schlüssig. So hat die Mehrzahl der vorgebrachten Beispiele mit dem Internet gar nichts zu tun – obwohl das alle Nase lang suggeriert wird. Ferner werden Behauptungen einfach kopiert ohne sie zu prüfen geschweige zu belegen.
Um Übrigen hätte in keinem der Fälle Voratsdatenspeicherung oder Internetsperren irgendetwas zur Aufklärung beigetragen. Im Gegenteil.
Auch die absurde Behauptung illegale Inhalte auf in den USA stehenden Servern könnten nicht verfolgt werden.
Ist jemandem aufgefallen? Bei Urheberrechtsverletzungen klappt die Verfolgung erstaunlicherweise immer. Da interessiert nicht ob der Eigentümer in Russland sitzt: der Server wird einfach beschlagnahmt.
Aber was bei einer kopierten Musikdatei geht soll bei KiPo nicht möglich sein? Das ist unglaubwürdig. Das klingt eher wie: man hat es gar nicht erst versucht. Wenn man freilich keine Anzeige erstattet gibt’s auch keine Strafverfolgung.
Angeblich würden nur 1000 von 15000 Providern an einem ausgesuchten Programm zur Meldung von Seiten mit strafbaren Inhalten teilnehmen – so so! Sind die „Provider“ nicht einfach nur deshalb nicht gelistet weil es sich dabei um Universitäten, Kleinstanbieter oder staatliche Stellen handelt die gar nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind?
Auch wird nicht geklärt ob die USA nicht ein eigenes Meldesystem haben. Wo wir doch alle wissen, was man in Amerika von europäische Programmen hält. Hat die USA also nicht ganz einfach andere Mittel?
Woher kommen eigentlich die Zahlen? Es fehlen jegliche Quellenangaben.
Massenmarkt im Internet? Dagegen spricht schon eines ganz klar: man bräuchte über längere Zeit eine feste Domain, damit man von den „Kunden“ auch gefunden wird und diese muss in einschlägigen Suchmaschinen gelistet werden. Wenn die Suchmaschinen das aber finden können, so können Beamte das auch. Das Nest wäre im Handumdrehen ausgehoben. Wenn es das hingegen nicht ist, so muss man doch peinliche Fragen stellen über die Kompetenz oder Inkompetenz der eingesetzten Beamten.
Selbst wenn die Seite kurze Zeit später im Netz als Mirror wieder auftaucht, so muss zumindest eine Stelle immer existieren, welche die Mirror wiederfindet. Irgendwas zentrales ist immer da – technisch bedingt. Auch Websperren helfen da überhaupt nicht, denn sie zielen immer auf die Köpfe der Hydra, jedoch nicht auf ihr Herz. Beseitigen kann man die Quelle nur, indem man die Verantwortlichen hinter Gitter bringt: und das geht immer noch am besten durch gute alte Polizeiarbeit – dies zeigt sogar dieser Artikel recht deutlich.
Vielleicht hätte der Autor das ganze besser als „Interview mit dem BKA“ überschrieben und die Kommentare direkt im O-Ton wiedergegeben statt in eigenen Worten mit Ausschmückungen. Das wäre näher an der Wahrheit gewesen.