Mal wieder Terror

Ja. Terrorismus ist eine Gefahr. Er stellt aber entgegen der grassierenden Hysterie in den westlichen Industrienationen eine  marginale Randerscheinung dar. Flugzeugabstürze haben in den  letzten Jahren mehr Menschen das Leben gekostet als der nun ach  so praktisch im Meer entsorgte Herr Laden. Vom alltäglichen  Terror des Strassenverkehrs ganz zu schweigen. Dem schlimmsten  europäischen Terroranschlag fielen in Madrid im Jahr 2004 über  200 Menschen zum Opfer. Dem alltäglichen Verkehr auf  deutschen Straßen über 4.000.

Wesentlicher Unterschied ist, dass die Gesellschaft offensichtlich  damit zu leben bereit ist, dass Verrückte oder falsch reagierende  Fahrer auf Straßen ein Blutbad anzurichten vermögen. Darunter  sind auch zweifellos Selbstmordattentäter, die andere Menschen  bewusst mit den Tod reissen. Achselzuckend wird bedauert, wenn  Familienväter das Leben von Kindern auslöschen. Bestenfalls  Beschäftigte in Frauenhäusern oder Jugendämtern kümmern sich um alltägliche Gewalt  in deutschen Wohnstuben. Doch dies alles ist nichts gegen den wohligen medialen Schauer, den bärtige Terroristen auszulösen vermögen.

Auch ich verspüre selbstverständlich wenig Lust, mir Gesundheit und Leben von einem besoffenen GTI-Raser beziehungsweise von einem durchgeknallten nationalistisch oder religiös motivierten Terroristen nehmen zu lassen. Aber ich mag auch Begriffe wie Demokratie und Freiheit viel zu sehr, um sie mir aus Angst vor Terror von den Obamas, Schilys oder Friedrichs dieser Welt wegnehmen zu lassen. Und da sind wir beim Problem.

Dieses Land empfindet eher eine Geschwindigkeitsbegrenzungen als Zumutung denn die sonstige Beeinträchtigung von Freiheitsrechten. Eine 120km-Beschränkung gilt als größere Bedrohung freier Bürger als der präventive Überwachungsstaat via Vorratsdatenspeicherung.

Ausgehend vom 11. September wurden und werden Bürgerrechte wie bei uns und ausgehend von den USA global massiv beschnitten. Das systematische Schüren von Angst zur Durchsetzung weitreichender Einschnitte wurde Mittel einer vermeintlichen Politik der „Stärke“.

Terrorbekämpfung und nicht Terror gefährden Demokratie und Freiheit

Rechtsstaaten werden zu präventiven Überwachungsstaaten umgewandelt. Im Namen des  „Krieg gegen den Terror“ wurrde in Staaten wie Russland seit Jahren nicht nur eine kurze Zeit von Demokratie und Meinungsvielfalt abgebaut, sondern tschetschenische Zivilisten abschlachtet. Wenn Israel Mauern baut und Palästinenser terrorisiert, gilt dies gleichsam als legitime Antwort auf Terror. Nach Autonomie strebende Menschen werden weltweit kurzerhand als Terroristen entmenschlicht, die man „selbstverständlich“ abknallen darf. Schlächter wie Gaddafi und Assad berufen sich ungeniert ebenso auf den Kampf gegen Al Qauida, wie Ex-Präsident Bush, als er den irrsinnigen Irak-Krieg startete. Man muss eigentlich nur noch darauf warten, bis Nordkorea im Kreis der „Willigen“ willkommen ist.

Terroristen wird vorgeworfen, westliche Werte und Freiheit zu gefährden. Bitte? Durch nichts und niemand werden bis hin zu völkerrechtswidrigen Aktionen westliche Werte mehr gefährdet als durch diese entartete Terrorismusbekämpfung. Innenpolitiker werden weltweit zu einer größeren Freiheitsbedrohung, als es die Träger von Sprengstoffgürteln je sein und werden könnten.

Wenn in Kabul ein Krankenhaus schließen muss, weil Deutschland hierfür keine 50.000 Euro mehr hat, dafür aber die Oberst Kleins dieser Welt straflos Kinder verbrennen dürfen, sind dies ebenso „erfolgreiche“ Terrorförderprogamme wie die Zerstörung palästinensischer Olivenbäume oder die jahrelange Unterstützung prowestlicher Despoten, deren Folgerkeller sich vor allem der CIA ja stets gerne bediente.

Mir bereitet diese Form der Terrorismusbekämpfung mehr Angst als jeder Dschihadist. Selbst wenn der schon mal im Sauerland auftaucht. Oder in der Schweiz. Die Schweiz?

Ende der 70iger Jahre warnte man mich tatsächlich mal vor einer Reise in den Schweizer Jura. Dort seien Terroristen am Werk. Es kam damals tatsächlich zu Sprengstoff- und Brandanschlägen, um einen eigenen Kanton Jura zu erzwingen. Sogar der Einsatz des schweizerischen Militärs gegen die Separatisten wurden erwogen. Zum Glück kam es nicht dazu. In der typischen Art unserer Nachbarn organisierte man Volksabstimmungen und gründete dann eben den neuen Kanton. Fertig. Der Friede kehrte ein. Sicherlich nur ein kleines Modell für die Welt.

Aber als Modell durchaus ein Beweis dafür, dass intelligente Strategien des Interessenausgleichs bis hin zur Armutsbekämpfung eher zu Problemlösungen und zur Austrocknung von Gewalt führen als Irakkriege und die Aufgabe von Werten.

Genau diese Werte sind es aber, die uns auch weiter von Terroristen unterscheiden sollten.

9 Gedanken zu „Mal wieder Terror

  1. garak2406

    Komisch alle sind dagegen (wobei fast alle Parteien anderer Meinung sind) bleiben die Piraten weiter weit unter 5%. Datenschutz ist OK aber bitte auch an den Schutz des Bürgers einhalten vor übergriffen von Gewaltverbrechern. Wobei auf den U-Bahnhöfen Kamaras zu Abschreckung 100% sinnlos sind sollten dort mehr Sicherheitskräfte aufpassen. Ich denke das wird einigen auch wieder nicht passen. 😉

  2. garak2406

    Achja einer der Freiheit mit Anarchie auf eine Stufe stellt. Datenschutz heißt nicht das jeder machen darf was er will der schafft eher das Gegenteil. 😉 Egal immer schön weiter kiffen. ;P

  3. Johannes Döh

    Das norwegische Nobel-Komitee hat beschlossen, den Friedensnobelpreis 2009 an Präsident Barack Obama zu vergeben für seine außergewöhnlichen Bemühungen zur Stärkung der internationalen Diplomatie und zur Zusammenarbeit zwischen den Völkern. Das Komitee hat dabei besonderes Augenmerk auf Obamas Vision und seine Arbeit für eine Welt ohne Atomwaffen gelegt.

    ANZEIGEAls US-Präsident hat Obama ein neues Klima in der internationalen Politik geschaffen. Multilaterale Diplomatie ist wieder ins Zentrum gerückt, ein Schwerpunkt ist dabei die Rolle, die die Vereinten Nationen und andere internationale Institutionen übernehmen können. Dialog und Verhandlungen werden als vorrangiges Mittel angesehen, um selbst die kompliziertesten internationalen Konflikte zu lösen. Die Vision einer atomwaffenfreien Welt hat den Verhandlungen über Abrüstung und Rüstungskontrolle kräftige Impulse verschafft. Dank Obamas Initiative spielen die USA nun eine konstruktivere Rolle, um dem massiven Klimawandel zu begegnen, mit dem die Welt sich konfrontiert sieht. Demokratie und Menschenrechte gewinnen an Stärke.

    Es kommt nur sehr selten vor, dass eine einzelne Person es in dem Maße wie Obama schafft, die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich zu ziehen und den Menschen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben. Sein Verständnis von Diplomatie gründet sich auf der Überzeugung, dass diejenigen, die in der Welt den Ton angeben, dies auf der Grundlage von Werten und Maßstäben tun, die der Großteil der Erdbevölkerung teilt.

    Dieser Ausszug aus Spiegel- Online 2009 (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,654188,00.html) beschreibt die Begründung, weshalb Präsident Obama den Friedensnobelpreis erhalten hat. Das passt ganz gut zu diesem Artikel und lässt sich, nach fast 2 Jahren wesentlich besser beurteilen. Ich erspare mir weitere Kommentare…

  4. EsEf

    Dazu passt bestens Prantls „Der Terrorist als Gesetzgeber“. http://bit.ly/iaAwR

    Der Autor zeigt deutlich auf, wie Terroristen die Köpfe unserer Machteliten als Geisel nehmen und diese aus Angst unsere Freiheitsrechte abbauen.

    Präventionsstaat statt Rechtsstaat. Erst mal ist jeder verdächtig, die Unschuldsvermutung wird gestrichen, Verhörunterstützende Techniken (aka Folter) werden offen diskutiert, abknallen Verdächtiger ohne Gerichtsverhandlung als „notwendig“ gerechtfertigt.

  5. nereide12

    sie sprechen mir aus der seele. wir hören den vorwürfen der terroristen ja nicht einmal zu. wohinter auch methode steckt. terror bekämpft man am besten, in dem es überall auf erden ähnlich gute lebensbedingungen gibt und keine bis zur unkenntlichkeit ausgebeutete, immer noch kolonialisierte 3.welt. wie ich das wort hasse!

  6. AbbeFaria

    Herr Tauss, Sie haben mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen.
    @BKA-Mitleser: Nein, natürlich besitze ich keine echten Nägel, die sich ja bekanntermaßen zum Bau von Terrormitteln eignen, ich besitze lediglich die rhetorischen…

  7. Siegfried Schlosser

    Genau! Wahre Worte. Worte, die sich diese unsäglichen Innenpolitiker aus DCU/CSU, SPD und in Teilen FDP sowie diese Polizei-„Gewerkschafter“ hinter die Ohren schreiben sollten.

    Wie sag ichs auf twitter immer: Pack, elendes !

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