Via twitter ließ Volker Beck aktuell verlauten, mit dem „uigurischen Weltkongress über Menschenrechte in China zu sprechen“. Dies ist wichtig und erfreulich. Und zweifellos hat sich der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen auch schon um Menschenrechte in aller Welt verdient gemacht. Diese stehen international unter erheblichem Druck. Fast schlimmer noch: In internationalen Gremien bilden sich zunehmend Mehrheiten autoritärer Staaten gegen unser westliches Menschenrechtsverständnis, das gleichfalls bröckelt. Guantanamo ist ein Beispiel. Es wäre also an der Zeit, sich im Deutschen Bundestag strategisch zu überlegen, wie man unser Verständnis von Menschenrechten besser „exportieren“ und das Thema auch bei uns parlamentarisch verbreitern könnte.
Denn exklusiv, bis hin zu Reisemöglichkeiten zu Uiguren, sind Menschenrechtsangelegenheiten im entsprechenden Ausschuss des Deutschen Bundestages angesiedelt. Die 18 dort versammelten Parlamentarier wachen unter Vorsitz des gleichfalls grünen MdB Tom Koenigs jedoch eifersüchtig darauf, möglichst unbehelligt vom Restparlament die globale Arbeit tun zu können.
So war ein SPD-Abgeordneter furchtbar gekränkt, als er von mir wegen der Absage eines drängenden Besuchs in Menschenrechtsangelegenheiten nach Aserbaidschan kritisiert wurde. Deren Reiseorganisation sollte via Europarat erfolgen. Leider war im großen Apparat aber gerade niemand verfügbar, der Flugtickets und Hotels buchen konnte. So musste diese Reise ins Wasser fallen und die politischen Gefangenen konnten sich samt Regime in Baku keines Besuchs erfreuen.
Volker Beck brauchte für seinen Uiguren-Treff wenigstens keinen Praktikanten, der ihm die Mühsal von Reiseplanungen abnahm. Das sinnvolle Treffen fand in Berlin statt. Egal wo: Nichts nutzt Thema und Betroffenen mehr, als internationale Aufmerksamkeit. Deshalb hatte ich vorgeschlagen, dass der Ausschuss angesichts seiner wachsender Aufgaben über den eigenen Kreis hinaus andere Abgeordnete beauftragt, auch dringend notwendige Reisen ins Ausland vorzunehmen und entsprechendes dem Ältestenrat des Bundestages vorzuschlagen. Diesem gehört wiederum Volker Beck an und ich glaubte, mit dieser Idee zumindest bei ihm offene Türen einzurennen. Weit gefehlt. Parteiübergreifend lehnte er es samt Menschenrechtsausschuss und Ältestenrat ab, über diese Verbreiterung der eigenen Möglichkeiten auch nur nachzudenken. Gehandelt wurde nach dem Motto, dass da wohl jeder kommen könne….
In meinem Falle hiess dies konkret, mich als Abgeordneter bei Bedarf, und ohne die Kollegen des Menschenrechtsausschusses zu bitten, auf eigene Kosten um das Thema im mir gut bekannten südlichen Kaukasus zu kümmern. Wegen der Kombination einer anderen Reise als Wissenschaftspolitiker mit einer Menschenrechtsangelegenheit streite ich mich allerdings schon im 2. Jahr mit dem Bundestag über eine Reisekostenübernahme in Höhe von knapp 730.– Euro. Denn die Verwaltung liess verlauten, dass sich der Menschenrechtsausschuss auch mit dieser genannten Reise nach Aserbaidschan nicht befassen wolle. Dies hinderte dann allerdings das Büro des Ausschussvorsitzenden später nicht daran, sich wenigstens individuell nach den Erkenntnissen zu erkundigen, mit denen man sich „offiziell“ nicht beschäftigen wollte. Dessen ungeachtet haben sich aber wenigstens Beamte des Auswärtigen Amtes bei mir für meine (nicht erfolglosen) Bemühungen vor Ort bedankt.
Interessanterweise ist der Bundestag bei Reisen, bei denen es nicht um Menschenrechte, sondern um Sigtseeing und Shopping von Abgeordneten geht, aber weniger penibel. Legendär ist die Kalifornienreise des Gesundheitsausschusses aus dem Jahre 2008, über die nach einem SPIEGEL-Bericht das deutsche Konsulat vor Ort Klage führte und bei der Bundestagspräsident Dr. Lammert samt seinen Volker Beck – Vasallen im Ältestenrat offensichtlich keinerlei Probleme mit der Reisegenehmigung hatte:
Vor Reiseantritt habe Krüger (Anmerkung: Sekretär in der Bundestagsverwaltung) „wiederholt“ darauf hingewiesen, „dass das Programm (Anmerkung: der Bundestagsabgeordneten) bitte nicht mit inhaltlichen Terminen zu überfrachten sei und genug Zeit zur freien Verfügung bleiben möge“, notierte Generalkonsul Schütte. Auch habe Krüger „um eine Zusammenstellung von Theater- und Konzertveranstaltungen und von Einkaufsmöglichkeiten, insbesondere der Schuhgeschäfte“ gebeten. Staatsdiener Krüger, der die Gruppe begleitete, verteidigt seine Planung: „Die Leute wollen sich doch vor Ort was ansehen.“ Für die Golden Gate Bridge, Fisherman’s Wharf oder eine Tour mit der Cable Car braucht man eben Zeit.
Weshalb sollte sich da der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im eigenen Interesse darum kümmern, dass sich mehr Abgeordnete statt dessen mit den doch weit unangenehmeren Reisen in dessen Angelegenheiten befassen? Mehr als lächerliche Eifersüchtelei und Gartenzaundenken von Beck & Co fallen einem als Gründe allerdings nicht ein.