Berliner Linke trickst: So nicht, Herren Wolf!

Sehr geehrter Herr Senator Wolf,

sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Wolf,

mit Interesse habe ich Udo Wolfs Stellungnahme zum JMStV gelesen und gehe davon aus, dass diese von ihm auch verfasst ist. Sollte dem nicht so sein, bitte ich um Mitteilung:

http://opendataberlin.wordpress.com/2010/12/03/antwort-des-fraktionsvorsitzenden-der-linken-berlin-udo-wolf-an-die-unterzeichner-des-briefes-zum-thema-jmstv/

Sollte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus tatsächlich der Verfasser sein, will ich der Berliner Linken gerne ganz großes Kino oder schlichte Täuschung der Öffentlichkeit bescheinigen.

Ihre Empfehlung an Kritiker des JMStV, sich doch bitte an den Regierenden Bürgermeister zu wenden, ist ja grundsätzlich richtig. Allerdings finde ich es ausgesprochen putzig, dass eine Koalitionspartei zum außerparlamentarischen Kampf gegen den Koalitionspartner aufruft, um ihr das ureigene parlamentarische Geschäft abzunehmen. So nicht, meine Herren Wolf. Als Parlamentarier und als Senator hätten Sie bereits in Ihren Funktionen längst Flagge zeigen können.

Gehen Sie davon aus, dass das undemokratische Zustandekommen von Staatsverträgen und deren regelmäßige Absegnung auch durch linke Landtagsfraktionen in der Öffentlichkeit hinreichend bekannt ist. Genau aus diesem Grunde wurden Sie bereits VOR Zustandekommens des JMStV schon während dessen Verhandlungsphase und zuletzt am 1. Februar des Jahres  in Ihren jeweiligen Funktionen bis hin zum Stellvertreter von Herrn Wowereit ebenso wie dieser selbst auf das Problem aufmerksam gemacht.

Es hätte für Sie somit ein ganzes viertel Jahr die Zeit bestanden, Herrn Wowereit auf Kritik aus Ihrer Partei aufmerksam zu machen. Auch diese gab es durchaus nicht erst seit gestern.

Oder ist Ihnen der Beitrag der digitalen Linken entgangen? Sie schrieb im Frühjahr „Ministerpräsidenten: Falsch beraten und unbelehrbar“.

http://blog.die-linke.de/digitalelinke/jugendmedienschutzstaatsvertrag-ministerprasidenten-falsch-beraten-unbelehrbar/

Welchen Beitrag haben Sie und hat hat Ihre Fraktion dann nachfolgend geleistet, um im Berliner Senat auf das nach Ihrer heutigen Auffassung „undemokratische“ Verfahren einzuwirken, über das ja selbst die Presse berichtete:  „Sieg der Bürokraten über die Parlamente“

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,684943,00.html

Doch leider, leider, schreiben Sie, sei es aber jetzt wegen der bösen SPD zu spät. Wie bitte? Weshalb zu spät? Sie schreiben selbst, dass „grundsätzlich“ gemeinsam gestimmt wird. Richtig! Grundsätzlich bedeutet im juristischen Sinne, dass Ausnahmen möglich sind. Oder ist ist es im Berliner Senat so, dass die Linke ohne Verhandlungen mit der SPD jeweils alles akzeptiert, was von Herrn Wowereit kommt? Das nimmt Ihnen nun wohl wirklich niemand ab.

Das Gegenteil ist der Fall: Ins Plenum des Abgeordnetenhauses kommt ohne Ausnahmen auch aufgrund Ihres Koalitionsvertrages nur das, was innerhalb der Koalition abgestimmt ist. Sollte sich Her Wowereit also nicht mit Ihnen abgestimmt haben, läge der Verstoß gegen Koalitionsregeln wohl bei ihm und nicht bei Ihnen. Ich zitiere aus IHREM rot/roten Koalitionsvertrag:

„Die Koalitionspartner sind sich einig, dass Entscheidungen in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, die nicht ausdrücklich Gegenstand der Koalitionsvereinbarung sind, nicht gegen den Willen eines Partners getroffen werden. Parlamentarische Initiativen bedürfen der Absprache beider Fraktionen über Inhalte und Vorgehen“. Ende des Zitats.

Sie können von der SPD also jederzeit verlangen, dem Machwerk gleichfalls nicht zuzustimmen und es abzusetzen. Nachdem selbst die Wirtschaft neben vielen Jugendschutzfachleuten sagt, dass dieser JMStV nichts taugt, hätte der Wirtschaftssenator Wolf zur Abwendung von Schaden vom Standort Berlin um so bessere Argumente.

Ihre Forderung muss und kann also durchaus lauten: Im Lichte der Anhörungen, lieber Klaus Wowereit, können wir als linker Koalitionspartner diesem Vertrag nicht zustimmen. Von der Medienstadt Berlin sollte ein anderes Signal und für einen effektiven Jugendmedienschutz ausgehen.

Wenn Sie dazu nicht den Mumm haben, sollten Sie wenigstens nicht weiterhin versuchen, die Öffentlichkeit zu täuschen.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Tauss

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