Freier Welthandel ist schön. Freier Welthandel ist nicht schön, sondern verabscheuungswürdig, wo er die Menschenwürde verletzt. Was aber verletzt mehr die Menschenwürde, als Kindern nicht Spielen und Lernen zu ermöglichen, sondern sie als Arbeitssklaven auf Kaffeefeldern, in Kakaoanbaugebieten oder beim Teppiche knüpfen arbeiten zu lassen?
Natürlich kannten wir das hierzulande aus der Frühzeit unserer eigenen Industrialisierung. Kinder mussten schuften, bis sie körperlich so kaputt waren, dass der alte Fritz nicht mehr genügend gesunde junge Rekruten auftreiben konnte. Erst dieser Umstand führte im Deutschen Reich zu einem Verbot der Kinderarbeit.
Angesichts der „Überbevölkerung“ in weiten Teilen der Welt, wo man mit offensichtlich freudiger Zustimmung der Vereinigten Staaten von Amerika selbst Kinder für Kriege rekrutieren kann, ist sogar diese zynische Begründung aus dem alten Preussen entfallen. Insofern erlebt die Kinderarbeit in weiten Teilen der Welt deren „Comeback“. Weil die Erwachsenen nicht genug verdienen, müssen Kinder ran.
Zwar gibt es durchaus verdienstvolle und nachhaltige Bemühungen, dies zu ändern. Sie reichen von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bis hin zu UNICEF. Es gibt Labels gegen Kinderarbeit, „Eine Welt“-Läden mit fair gehandelten Produkten und es gibt eine lebhafte Debatte und Konferenzen zum Thema. Alle diese verdienstvollen Bemühungen stoßen aber an ihre Grenzen, wo sich an den entscheidenden Stellen nichts tut. So beispielsweise bei der EU-Kommmission, die Kinderarbeit sogar für einen Wettbewerbsvorteil hält, den es durchzusetzen gilt.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,728263,00.html
Danach werden Kommunen, die auf faire Beschaffung ihrer Güter setzen, in Brüssel neuerdings als vermeintliche Rechtsbrecher angeprangert.
Hintergrund war die Entscheidung der niederländischen Provinz Noord-Holland, deren Kaffeeautomaten nur noch mit fair gehandeltem Kaffee bestücken zu lassen. Das aber gehe zu weit, befand die EU-Kommission, der es ansonsten mit dem vermeintlichen Schutz von Kindern bei der Überwachung des Internets gar nicht restriktiv genug sein kann. Kommissar Barnier verklagte auf Verlangen des Kaffeekonzerns Douwe- Egberts (u.a. Senseo-Pads) in dieser Angelegenheit sogar die Niederlande und bekam vor dem europäischen Gerichtshof „Recht“:
Eine kinderfreundliche Beschaffung von fair gehandeltem Kaffee verhindere, dass Produkte mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis zum Zuge kämen. Punkt.
Erfreulich ist, dass selbst im Deutschen Bundestag dieses kapitalistische Raubtierargument nicht zählt, sondern fair gehandelter Kaffe zum Zuge kommt.
Dennoch will ich von der Kinderkommission des Deutschen Bundestages wissen, was sie von dieser Kinderarbeitskommission hält. Vielleicht bewegt der Skandal ja politisch etwas. Bis dahin preist sich Douwe-Egberts weiterhin, abwechslungsreiche Arbeitsplätze zu gestalten. Auch so kann man den Missbrauch von Kindern umschreiben.
PS: Ich wusste bislang nicht, dass meine Senseo-Pads von Douwe-Egberts kommen. Es gibt aber Alternativen 😉
PS 2: Zur Diskussion gestellt: Ein weiterer interessanter Artikel zum Thema, den ich mir in seiner Tendenz aber ausdrücklich NICHT zu eigen mache: Denn Kinderarbeit verbilligt Arbeit. Die „Gestaltung“ von Kinderarbeit verschärft das Problem http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,700225,00.html
Danke, Herr Tauss. Diesen Artikel zitiere ich gern und oft.
Und nun bitte mal alle in den eigenen Schrank schauen: faire Schokolade? fairer Zucker? Es gibt keine Entschuldigung für was anderes. Bitte, sofern nötig, nachbessern.
»PS: Ich wusste bislang nicht, dass meine Senseo-Pads von Douwe-Egberts kommen.«
Schwer zu glauben, weil es sowohl auf der Verpackung der Pads als auch auf der Verpackung der Maschine selbst steht.
Anmerkung tauss: Na ja. Ehrlich gesagt hatten mich Kaffeehersteller bis zu diesem Vorgang auch nicht sonderlich interessiert. Ich wusste noch nicht einmal, dass die in den Niederlanden sitzen. Und SOOOOO gross steht es nun wirklich auch nicht drauf;))
Erschütternd, eklig und abstoßend.
Besonders erschreckend finde ich mit welcher Selbstverständlichkeit da pro Konzern contra Kindeswohl argumentiert und entschieden wird.
Willkommen in der Konzernokratie!
Hier wird mal wieder ganz klar, daß es nie um die Kinder geht. Beim Geld hört eh alles auf, und im Internet sind die Kinder auch nur vorgeschoben.
Daß ein CDU-Mann meint, die Wirtschaftlichkeit sei wichtiger als die Bekämpfung von Kinderarbeit, zeigt mal wieder deutlich die „Christlichkeit“ in dieser Partei.
Gruß, Frosch