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„Piraten auf falschem Kurs“ – Anspruch und Wirklichkeit der Piratenpartei

Jo Menschenfreund ein Buch zu den “ Piraten auf falschem Kurs“ herausgegeben, das die überfällige Debatte zum Zustand dieser Partei belebt:

Auch wenn wir strategisch an unterschiedlichen Stellen unterschiedlicher Auffassung sind, bin ich gerne dem Wunsch des Herausgebers nachgekommen, zum Werk etwas beizusteuern: Hier ist der Beitrag, der im Buch als Vorwort zu finden ist:

Jörg Tauss* Mal was zu den Piraten

Überlebt die Piratenpartei ihren 7. Geburtstag? Alles spricht dafür, auch wenn die Piraten in ihrem siebten Jahr in der tiefsten Krise seit Gründung stecken. Denn auch mit nur noch 1% der Wählerstimmen ließe sich via Parteienfinanzierung längere Zeit überleben. Dennoch ist der Hype, der die Freibeuter zunächst in vier Landesparlamente spülte, zunächst offensichtlich vorbei. Manches ist dabei der gesellschaftlichen Entwicklung geschuldet.

So war und ist die Eurokrise lange Zeit das alles überschattende Megathema, das auch die Piraten kalt erwischte. Da es außerhalb ihrer Kernkompetenz lag, wurden sie hier nicht wahrgenommen oder gar mit dem Vorwurf konfrontiert, keine Lösungen anbieten zu können. Die etablierten Parteien hatten diese zwar auch nicht und selbst demokratiepolitisch wie ökonomisch fragwürdige Entscheidungen zu diversen Pakten und Einrichtungen, wie zur „Bankenrettung“ und zum ESM, konnten daran nichts ändern.

Zudem verbot es sich für die deutschen Piraten als Teil einer europäischen Bewegung, beim Euro eine populistisch antieuropäische Rhetorik zu bedienen, um Proteststimmen einzufangen. Die ein bis drei Prozentpunkte einer solchen Protestwählerschaft sind daher bei der AfD angekommen. Zumal diesem Teil der Wählerschaft klar wurde, dass die Piraten mehrheitlich, und entgegen des gelegentlichen Getöses um  einige rechtsgerichtete Mitglieder, eher im linksliberalen Bereich anzusiedeln sind, als bei irgendeiner rechtspopulistischen Veranstaltung.

Für diese schlichte Situationsbeschreibung tragen die Piraten zunächst keine Verantwortung. Es ist und war Pech, wenn einer, zudem inhaltlich noch nicht gefestigten, Partei die Agenda abhanden kommt oder diese erfolgreicher von der politischen Konkurrenz bedient wird. Möglicherweise ändert sich dies aber wieder durch die aktuellen Überwachungsskandale.

Sollte dies nicht geschehen wäre es dennoch verfehlt, für die derzeit schwierige Situation der Partei allein politisch wechselnde Großwetterlagen verantwortlich zu machen. Hierfür gibt es auch eine Reihe hausgemachter Ursachen, die hier und in diesem Buch näher beleuchtet werden sollen.

Die Piraten der ersten Stunde waren bis ins Jahr 2009 hinein Bürgerrechtler mit liberalem Hintergrund, denen vor allem der internetfeindliche Überwachungs- und Kontrollstaat Sorge bereitete. Auslöser der Piratengründung war so auch in Schweden die Zerschlagung der Musiktauschbörse „Pirate Bay“und die damit verbundene Kriminalisierung der Mehrheit der schwedischen Jugend, die zu Tausenden zu den Piraten strömten und diese sogar mit zwei Sitzen ins Europaparlament hievten. Die Jugendlichen wurden von der alten Musikindustrie als Piraten beschimpft. So war es ein kluger Schachzug, den Namen zu übernehmen und den Spieß gegen die „Contentmafia“ umzukehren.

Doch schon im Bundestagswahlkampf 2009 zeigte sich trotz des damals heiß diskutierten Themas Internetsperren, dass das Thema Internet zu schmal war, um in größerem Maßstab Wählerinnen und Wähler anzulocken. Das Wort von der „1-Themen-Partei“ machte medial, wenngleich unberechtigt, die Runde. Unberechtigt deshalb, weil mit dem Thema Bildungs- und Wissensgesellschaft auch bereits damals weitere breite Politikfelder angesprochen waren.

Dass aber Realität und öffentliche Wahrnehmung oft auseinanderliegen, ist ein schwacher Trost, zumal die falschen Darstellungen von den Befürwortern einer Programmausweitung „Vollis“ innerparteilich gegen die „Kernis“ instrumentalisiert wurden. Letztere, welche die Kernaussagen der Gründungsphase weiter im Mittelpunkt haben wollten, gerieten rasch in die Minderheit.

Am deutlichsten wurde dieser Konflikt an den Auseinandersetzungen um ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ (BGE). Statt sich hier des Themas behutsam und grundsätzlich zu nähern, wurde es mit Formelkompromissen Teil des heutigen Grundsatzprogramms. Viele Mitglieder aus dem ursprünglich liberalen Lager wurden durch diesn Durchmarsch der BGE- Befürworter abgeschreckt und verließen die Partei. BGE wurde zur innerparteilichen Ersatzreligion und Ausgrenzungsthematik Andersdenkender, statt zum seriös zu bearbeitenden Politikfeld.

Dieser Stil der Ausgrenzung wurde so, nachdem er innerparteilich zweifelhaften „Erfolg“ hatte, zum durchgehenden innerparteilichen Erfolgsrezept. Innerparteiliche Diskussionen werden vor allem mit dem Mittel der Diffamierung und der Ausgrenzung geführt oder beendet. Kritiker des „Mainstreams“ werden wahlweise als Sexisten oder Nazis beschimpft.

Ein interessantes Beispiel hierfür war, schon vor der BGE-Debatte, die „datenschutzkritische Spackeria“, die völlig substanzlos die Ära der „Postprivacy“ ausrief und die klassische Datenschutzszene in Deutschland, bis hin zum Chaos Computer Club (CCC), quasi zu Gegnern der Piraten erklärte und sie auch so behandelte. Da auch dieser Konflikt, wie andere auch, innerparteilich nicht inhaltlich ausgetragen wird, dürfte der Langzeitschaden dieser Rundumschläge  für die Partei noch größer als der BGE- Schaden sein.

Denn nicht ausgetragene Konflikte sind im politischen Bereich schlimmer als schwelende Dauerstreitigkeiten. Aber irgendwelche Konfliktlösungsstrategien gibt es bei den Piraten nicht. Ganz im Gegenteil. Dafür steht vor allem der gegenwärtige Bundesvorsitzende Bernd Schlömer, der von den Berliner BGE- Hardlinern ins Amt gehievt wurde. Schlömer übt sein Amt im Stile eines Aussitzers aus, der persönliche Arroganz mit Führungskompetenz verwechselt. Er dürfte der einzige Vorsitzende einer politischen Partei sein, der schon mal dazu aufruft, die Basis doch bitte gegen den Vorstand zu mobilisieren, wenn jemand eine Entscheidung in der Sache kritisiert und Transparenz einfordert.

Schlömer schafft es auch, Personalkonflikte zu schüren, statt zu lösen. Als der gewiss für manches Fettnäpfchen aufgefallene ehemalige politische Geschäftsführer Johannes Ponader wegen dessen Hartz IV- Bezügen vom Vorstand der Arbeitsagentur (BA) Heinrich Alt angerüpelt wurde, legte Schlömer nach und forderte ganz im Stile Kurt Becks („rasieren Sie sich mal“) via Spiegel nach: Ponader solle mal arbeiten.

Das aber ist nicht nur eklig sondern tödlich für eine Partei, die sich sonst für ein BGE ausspricht. Statt die Steilvorlage zu nutzen und den Rücktritt Alts zu fordern, wurde innerparteilich ein ganzer Porzellanladen zertrampelt. Denn natürlich wäre Alts unsägliche Attacke gegen Ponader geeignet gewesen, über die gesellschaftliche (Nicht-)Partizipation staatlicher Leistungsbezieher und der würdelosen Behandlung vieler Hartz IV- Opfer eine gesellschaftliche Debatte zu beginnen.

Damit verletzte Schlömer auch weitere Grundsätze der Partei, die sich damit rühmt, dass Vorstände für Organisation statt für Inhalte zuständig seien. Denn außer der ordentlich geführten Kasse wird vom Bundesvorstand wenig organisiert. Hoffnungslos überfordert sind Schlömer und viele seiner Vorstandskollegen mit der Organisation von Diskussionsprozessen, welche die Internetpartei dringend nötig hätte. Statt dessen lässt man auch hier die Züge aufeinander rauschen, wie zuletzt die selbstzerstörerische Debatte um elektronische Meinungsbildungs- und Abstimmungstools wie LQFB (Liquid Feedback) oder eine ständige Mitgliederversammlung (SMV) zeigt.

Auch hier sind die gewählten Gremien völlig unfähig, Debatten ergebnisorientiert auch nur zu moderieren. Statt dessen wird eher ein ständig vergrößerter Scherbenhaufen in Kauf genommen, der auch gutwilligste Menschen aus der Partei treibt. Dass die logisch klingende Anwendung solcher Tools zu unterirdischen Auseinandersetzungen führte und führt, hängt wiederum mit jenem Teil der Partei zusammen, der Schlömer ins Amt wählte. Ein Teil der Berliner Piraten und deren Verbündete wollen schlicht ein innerparteiliches Instrument gegen unbequeme Meinungen im eigenen Herrschaftsbereich haben.

Wer dort dann „falsche“ Anträge stellt wird gemobbt und bekämpft. Da wird dann schon mal geflissentlich ignoriert, dass wegen deren Manipulationsanfälligkeit Wahlcomputer von Piraten eigentlich abzulehnen sind. Doch genau deshalb wurde und wird nach der elektronischen ständigen Mitgliederversammlung gerufen: Die parteiintern „Ministalinisten“ genannte Minorität braucht ein solches innerparteiliches Manipulations- und Überwachungsinstrument, um endlich die von ihr gewünschten Mehrheiten bilden zu können. Danach sieht es im Moment aber nicht aus. Dennoch verschleißt gerade dieser Konflikt viele Mitglieder.

Doch noch weitere Probleme belasten die junge Partei, welche einmal mit dem Thema „Rechtsstaatlichkeit“ antrat. So attackierte (folgenlos) ein zwischenzeitlich aus der Partei ausgetretener Mitarbeiter (sic!) der Berliner Piratenfraktion, Urbach, den Strafverteidiger und Piraten- Bundestagskandidaten Udo Vetter, weil dieser auch schon Rechtsradikale vor Gericht vertreten hätte.

Ein noch tieferes Unverständnis von Grundsätzen eines Rechtsstaats offenbaren dann nur noch der Vorsitzende der Jungen Piraten, Florian Zumkeller-Quast oder der Berliner Abgeordnete Lauer. Zumkeller fordert ungeniert nach US-amerikanischem Vorbild die „soziale Ausgrenzung“ selbst resozialisierter Straftäter. Lauer will sogar den Ausschluss und Aufenthaltsverbote für Menschen, deren einziges „Verbrechen“ ist, nicht seiner Meinung sind und ihn zu stören. 500 Personen hat er deshalb nach eigener Angabe auch auf twitter entfolgt. Der Herr Abgeordnete mag keinen Widerspruch und keinen Diskurs.

Es ist erschreckend, dass solche politischen Offenbarungseide nicht zu einem Aufschrei führen, sondern innerhalb der Partei eher achselzuckend zur Kenntnis genommen werden. Selbstkritik ist Piraten ein Fremdwort. Dies ist der größte Widerspruch der jungen Partei. Weder mit medialer noch interner Kritik kann man umgehen. Attackiert werden nur Kritiker, die mit gewissen Entwicklungen nicht einverstanden sind.

Lauer verlor zwischenzeitlich zwar wenigstens sein Amt als Fraktionsvorsitzender. Doch nicht wegen seiner unsäglichen Geisteshaltung und seinen unhaltbaren Äußerungen, sondern wegen des Geruchs von Vetternwirtschaft zu Gunsten seiner Schwiegermutter und einer eigenmächtig angesetzten Pressekonferenz.

Solche Vorgänge gefährden natürlich zutiefst das Vertrauen in eine Partei, die angetreten war, es „anders“ zu machen. Auf Deutsch: Ein Fall Mollath wäre mit solchen „Piraten“, von Zumkeller bis Lauer, auch jederzeit möglich. Wie auch sonst als mit Stadtverboten oder der Psychiatrie kann man sich noch Andersdenkender und gewisser Trolle erwehren? Als Troll gilt innerparteilich übrigens jede Person, die an Vorständen kratzt.

Weshalb ich dennoch weiter (noch) diese Piraten  unterstütze? Gewiss nicht wegen deren Führungspersonal. Sondern weil ich die Befürchtung hege, dass Wahlniederlagen der Piratenpartei den öffentlich- medialen Eindruck verstärken, Netzpolitik sei überflüssig und Bürgerrechte hätten trotz PRISM, Vorratsdatenspeicherung und Präventionsstaat eben keine Konjunktur oder seien gar bei den etablierten Bundestagsparteien gut aufgehoben. Dieser Schaden wäre zu groß und man sollte ihn wegen einiger heutiger Führungsfiguren(noch) nicht in Kauf nehmen.

Doch langfristig kommen die Piraten nicht darum herum, sich wieder auf ihre rechtsstaatlichen Grundsätze zu besinnen und ihre Inhalte aus einem gesellschaftlichen Freiheitsbegriff und einem, gerne linken, Liberalismus abzuleiten, der, im Gegensatz zur FDP, den Namen auch verdient. Die Lauers, Schlömers und andere der genannten Figuren sollten und müssen dabei auf der Strecke bleiben. Es wäre ein Befreiungsschlag und ein starkes Glaubwürdigkeitssignal für die angeschlagene Partei.

* Der Autor war MdB von 1994 – 2009 und nach Austritt aus der SPD- Bundestagsfraktion kurzzeitig erster Piraten-Abgeordneter im Deutschen Bundestag.

Hier nochmals der volle Link zum Buch:

http://www.xinxii.com/en/piraten-auf-falschem-kurs-p-345546.html

 

 

 

 

 

 

 

Soziale Ausgrenzung bei „Piraten“

Der Vorsitzende der Jungen Piraten (Florian Zumkeller- Quast) ereifert sich zur Zeit besonders engagiert zum Thema Tauss und verteilt Ratschläge zu meiner Person:

 … Wir müssen solche Menschen sozial ausgrenzen ….

Starke Worte. Die Geisteshaltung dürfte wohl nicht sonderlich piratig sein. Meinen mehrfachen Wunsch um Mitteilung, wie sich der junge Pirat die soziale Ausgrenzung von Menschen im demokratischen Rechtsstaat denn so vorstellt, hat er mir leider auch auf mehrfache Anfrage (noch) nicht beantwortet. Übrigens auch keiner seiner Freunde, die mit ähnlich originellen Vorschlägen aufwarten. „Gelernt“ haben das einige der hoffnungsvollen Nachwuchsleute, die ich gerne als Ministalinisten bezeichne, beim Berliner Fraktionsvorsitzenden Lauer, der schon mal mit solchen Sprüchen auffiel

und dann so ne Podiumsdiskussion, wo Leute wie Jörg Tauss im Publikum sitzen… Ich kann auf Veranstaltungen, die Menschen wie Jörg Tauss unkommentiert ..äh… da lassen, also dass man diesen Mann nicht entfernt… (der ganze Text HIER)

Zur Zeit sorgt er sich mit seinen Freunden allerdings noch mehr um die Zeit, in der ich wieder Mitglied der Piratenpartei bin oder sein könnte. So schrieb das große Politiknachwuchstalent Florian ‚branleb‘ Zumkeller-Quast, auch zur Kenntnis an hunderte Mitglieder der Piratenpartei:

Eine Mitgliedschaft von Jörg Tauss ist nicht alternativlos. Sie ist untragbar. Und der Vorstand, der Jörg Tauss aufnimmt, kann sich darauf gefasst machen, dass ich sämtliche mir zur Verfügung stehenden Wege gehen werde, sie a) aus dem Amt und b) aus der Partei werfen zu lassen. Nimm es als Kampfansage, aber es reicht.

Noch stärkere Worte. Damit meint er laut twitter „die Amtsenthebung und Parteiausschlussverfahren gegen den aufnehmenden Vorstand.“ Deutlicher kann man nicht mehr werden, wie sehr man demokratische Entscheidungen und Satzung der Piraten zu missachten bereit ist.

Der Vorsitzende der Jungen Piraten sollte aber bei sich anfangen. Denn man hat mich bereits vor Jahren gerne als zahlendes Fördermitglied Nummer 497 aufgenommen. Zitat nach Eingang des letzten Beitrags für das aktuelle Jahr 2013:

 Hallo Jörg, dein Mitgliedsbeitrag für die Jungen Piraten ist auf unserem Konto eingegangen. Deshalb bedanke ich mich an dieser Stelle bei dir, dass du die Jungen Piraten unterstützt und uns durch deinen Beitrag ermöglichst unseren Betrieb aufrecht zu erhalten.

Viele Grüße, Deine Jungen Piraten / Diese Mail wurde für das Mitglied #497 der Jungen Piraten erstellt.

PS: Ich hatte mich bei den Jungen Piraten als zahlendes Fördermitglied übrigens nicht aufgedrängt, sondern wurde von ihnen geworben. Aber was Kampfansagen anlangt: Ich nehme sie gerne an. Vor allem von Leuten wie Florian Z-Q, die bei den Piraten und in der Politik nichts verloren haben.

 

 

Kommissar Elmar erzählt vom Internet

Als Tanja 12 geht der tüchtige Trierer Kriminalhauptkommissar Elmar Esseln gelegentlich im Internet, wo ihm stets erschröckliche Vorgänge begegnen, auf Streife. Darüber hält er dann Vorträge in Schulen, die sogar dpa und heise aufgreifen:

Eltern müssen Kinder am Computer besser kontrollieren.

MÜSSEN. Wirklich müssen? Wird das ansonsten alsbald ein Strafbestand oder wenigstens eine Ordnungswidrigkeit? Das zu verhüten hat Herr Kommissar tolle Vorschläge parat. Zum Bespiel

Wenn es Eltern gelingen würde, dass ihre Kinder sie bei facebook als Freunde anerkennen, wäre man ein Stück weiter – denn dann wüsste man, was sie tun.

Unabhängig davon, dass ein Konjunktiv schöner als wie etc.  „wenn es gelingen würde“ wäre- ein gar fürchterliches Deutsch, das unsere Polizei so in den Schulen verbreitet. Genau so haben wir das damals, noch ganz ohne facebook, natürlich auch gemacht. Wir wurden einfach die Freunde unserer Eltern, damit die jederzeit rund um die Uhr wussten, was wir so getrieben haben 🙂 Ist doch richtig nah an der Lebenswirklichkeit.

Anders herum gefragt: Wie naiv darf, ungeachtet seiner sprachlichen Kenntnisse, ein Polizeibeamter sein, der zum Thema Internet auf Schulen losgelassen wird? Oder muss man dazu eine ausgesprochene Paranoia entwickeln? Grund genug, bei Herrn Esselns Dienststelle einmal nachzufragen und sich um Herrn Hauptkommissar ernsthafte Sorgen zu machen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

lt. DPA hat Ihr Herr Esseln empfohlen, dass Eltern facebook – Freunde ihrer Kinder werden, damit die  immer wissen, was die Kinder tun.

Mit Verlaub: So blöd, unseren Eltern alles auf die Nase zu binden, waren damals, und auch ganz ohne Facebook, noch nicht mal wir. Das gilt sicher auch für heutige Polizist(inn)en. Und stellen Sie sich vor: Wir liefen dennoch frei durch die Gegend und haben es überlebt. Wir wurden von unseren Eltern ganz allgemein vorm „bösen Mann“ und vorm Straßenverkehr gewarnt. Und das genügte.

Damals lief übrigens sogar noch ein Jürgen Bartsch frei herum und trieb sein fürchterliches Unwesen, ohne dass Massenhysterie ausbrach und uns unsere Eltern Tag und Nacht überwachten. Er ermordete mehrere Jungs unseres Alters. Und schauen Sie in den Akten nach: So ganz ohne Internet.

Muss man also schlicht Paranoia entwickeln, um bei Ihnen fürs Internet zuständig zu werden? Dann sollte man sich um Herrn Esseln, dessen Namen unter Weglassung des zweiten „s“ ja bereits berechtigt zu Wortspielen verleiten könnte, Sorgen machen. Kann sich ein Polizist nicht vorstellen, dass es auch für Kinder, Jugendliche und ohnehin für jeglichen normalen Menschen unbeobachtete Freiräume geben muss, um sich entwickeln zu können?

In Zeiten der Lügerei des BKA in Sachen Kinderpornografie und der polizeilichen Forderung nach Vorratsdatenspeicherung und Videoüberwachung an jeder Ecke offensichtlich nicht.

Dennoch ein Vorschlag zur Güte: Lassen Sie Herrn Esseln künftig Einbrüche aufklären. Vielleicht versteht er wenigstens davon was und redet öffentlich keinen weiteren Blödsinn.

Mit freundlichen Grüßen
Jörg Tauss
MdB von 1994 – 2009

Gespamblockt

Der Tag begann ganz furchtbar. CSU.net um die berühmte netzpolitische Staatsfrau Doro Bär hat mich „gespamblockt“. Meine Welt bricht zusammen. Bisher kannte ich das ja nur von kommunikationsunfähigen Piraten wie dem Berliner twitter-Verweigerer Lauer und seinen anderen Ministalinisten. Aber nun gut. Das Leben ist hart und man versteht, warum sich Brüder und Schwestern im Geiste, also Bär und Lauer, parteiübergreifend so gut verstehen. Man hat einfach ein Problem mit abweichenden Meinungen.

Aber kommen wir zum Kern der Auseinandersetzung, wegen der man mich heute in beliebiger Folge mal als Troll (Grüne) oder als Spammer (CSU) desavouierte. Hintergrund ist, dass ich einfach nicht in den gemeinschaftlichen schwarz-rot-gelb-grün-röter gehaltenen Jubel über die Arbeit der endlich beendeten Internet- Enquetekommission einstimmen will. Das geht aber auch nun gar nicht. Wo kämen wir auch hin, wenn man parlamentarisch verordnetem  Jubel nicht folgen mag?

Dass ich mit meiner Kritik an dieser Alibi- Enquete von der ersten Minute an Recht hatte beweisen nur leider deren Ergebnisse. Es sind fleißige Bestandsaufnahmen fürs Bücherregal ohne Wirkung. Nur EIN kleines Beispiel: Kürzlich diskutierte der Landtag NRW das Thema Medienkompetenz. Der Landtag kam nicht einmal auf die Idee, dass es da einen ordentlichen Enquetebericht auf Bundesebene zum Thema geben könnte. Ich habe ihn auf Bitten einer Fraktion in Papierform hingeschickt. War mir das Porto wert. Wie gesagt: Nur EIN Beispiel, dass die Enquete noch nicht einmal im parlamentarischen Raum kommuniziert wird. Schade um die Arbeit.

Nun ist nicht verwunderlich, dass jene, welche die (Fleiss-)Arbeit leisteten, das anders sehen. Das ist menschlich sogar nachvollziehbar. Wer gibt schon gerne zu, für den Papierkorb gearbeitet zu haben? Dass man aber politisch von Seiten der Opposition noch nicht einmal ansatzweise erkennt, mit dieser Enquete Schwarzgelb als Deckmantel für mehrjährigen netzpolitischen Stillstand und Rückschritt in Deutschland gedient zu haben, ist mehr als erstaunlich.

Statt dessen werden gemeinschaftlich und parteiübergreifend die nicht vorhandenen Erfolge gefeiert. Dies geschieht so penetrant, dass es selbst die Welt bemerkt. Es scheint irgendwie natürliche Aufgabe von Netzpolitikern zu sein, Hoffnung zu wecken, wo bestenfalls Tristesse vorherrscht. Das eigene Scheitern einzugestehen wäre, gerade nach dem  so traurigen wie klassischen Modellfall Leistungsschutzrecht, wohl zu viel verlangt.

Nun soll es also in der nächsten Legislaturperiode ein Staatsminister und ein ständiger Internetausschuss des Deutschen Bundestages richten. Toll. Das wird der staunenden Öffentlichkeit als wahre politische Innovation präsentiert. Doch noch nicht einmal die Idee ist neu. Die Piraten forderten 2009 wenigstens noch einen InternetMINISTER. Was aber sind Staatsminister? So heißen die parlamentarischen Staatssekretäre im Bundeskanzleramt und im Auswärtigen Amt, weil sich Staatsminister eben noch besser anhört als Sekretär.

Die Ministerien erzittern…

Als parlamentarische Staatssekretäre oder analog als Staatsminister werden solche Abgeordnete mit Dienstwagen und Fahrer bezeichnet, die nach allgemeinem Beamtenverständnis Arbeiten erledigen, die ohne sie gar nicht erst anfielen. Parlamentarische Staatssekretäre werden jene, die für ein Ministeramt vor allem aus regionalem Proporz nicht zum Zuge kommen aber in den Fraktionen noch wichtig genug sind, etwas in der Bundesregierung mitspielen dürfen. Aus 15 Jahren Bonn und Berlin fallen mir aus vielen Dutzend dieser Figuren höchstens drei, vier Namen parlamentarischer Staatssekretäre ein, die tatsächlich als politische Schwergewichte zu werten waren.

Ein solcher Staatsminister soll nun also endlich die Netzpolitik in Deutschland voranbringen. Schön. Nehmen wir mal an, zu Zeiten der großen Koalition wäre dieser ins Kabinett eingebundene Internetstaatssekretär bei Otto Schily erschienen und hätte diesen höflich ersucht, im Interesse des Netzes auf die Vorratsdatenspeicherung zu verzichten. Da hat Schily bekanntermaßen schon ganz anderen Leuten Aktenordner hinterhergeworfen. Oder unser braver Internetsekretär, wahlweise gerne Staatsministerin, erschiene im Justizministerium und reklamierte die Zuständigkeit für das Urheberrecht. Oder im Wirtschaftsministerium für die Netzneutralität. Oder die IT- Forschungsförderung im Ministerium für Bildung und Forschung….. Oder, oder oder…..

Die Ministerien erzitterten und erbebten monatelang – vor Frau/ Herrn Internetstaatsminister und zuförderst vor allgemeinem Gelächter.

Auf die Idee eines solch albernen Konstrukts zu kommen zeigt, dass die selbsternannten Netzpolitiker in den Fraktionen von realer Politik weniger Ahnung haben als damals die jugendlichen Piraten – Newcomer im Jahre 2009. Die wussten wenigstens, dass nur ein Ministerium mit weiten Aufgabenübertragungen aus den Bereichen Innen, Wirtschaft, Forschung, Justiz etc. tatsächlich netzpolitisch etwas bewirken könnte. Sonst nicht. Daher wäre die Umsetzung der Forderung nach einem Internetstaatsminister als reine Alibiveranstaltung so gefährlich und wirkungslos für die Netzpolitik wie es diese Enquete war.

Noch deutlicher: Wer einen Internetstaatssekretär will hat netzpolitisch kapituliert und veralbert die Öffentlichkeit mit Schattenzirkus.

Und wer diese schlichte Wahrheit und nüchterne Benennung eines schlichten Sachverhalts verleugnet, mag im politischen Ränkespiel eventuell sogar selbst irgendwann Internetstaatsminister spielen dürfen. Für Netzpolitik ist es das Letzte, was es braucht.

 

Was wäre die Alternative? Egal wer regiert: Wer netzpolitisch etwas bewegen will, muss es bereits in die Koalitionsvereinbarung schreiben. Für Bürgerrechte, gegen Vorratsdatenspeicherung, gegen die Abmahnlobby, gegen die Contentmafia, gegen Leistungsschutzrechte und für eine freiheitliche Wissensgesellschaft. Haben die braven Netzpolitiker, die jetzt die Öffentlichkeit so eklig täuschen, dazu Einfluss und Kraft? Leider nein.

Und wer dies sagt, ist dann natürlich ein Troll (Grüne). Oder ein Spammer (CSU). Aber in Wahrheit wissen die Herrschaften genau, dass die Kritik berechtigt ist. Und Wahrheit tut weh. Also wird geblockt. Gähn. Die Debatte, werte ehemalige Kolleginnen und Kollegen, gewinnt man so aber nicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ominöses um Pallasch

Der Landesvorsitzende der Piraten Baden-Württemberg, Lars Pallasch, ist am Mittwoch von seinem Amt zurückgetreten. Gleichzeitig verließ er die Partei. In einem Blogbeitrag nahm er dazu ausführlich Stellung. Pallasch machte für seinen Schritt anonyme Drohungen verantwortlich:

„Gegen meine Frau und gegen meine beiden Söhne (7 Monate, 4 Jahre alt) – hier ist der Spaß endgültig vorbei!“

Die Täter, so seine Vermutung, müssten aus Kreisen seiner früheren Partei gekommen sein. Er werde deshalb „diese Personen mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zur Rechenschaft ziehen (lassen)“.

Die Piraten Baden-Württemberg schoben in einem eigenen Beitrag nach. Auch sie verurteilten die „Gewaltandrohungen gegen die Familie“. 

http://piratenpartei-bw.de/2013/02/20/rucktritt-des-landesvorsitzenden-lars-pallasch/

Als Konsequenz aus den Vorgängen will die Landespartei „rüde Störer“ künftig aus der Partei „rauswerfen“. Wer immer das dann ist. Allerdings gab es bislang keine Versuche, die „rüden Störer“ in diesem Falle herauszufinden. Dies ist um so erstaunlicher, als der Piraten-Landesvorstand Baden-Württemberg interne Mails schon bei alltäglichen Meinungsäußerungen in ministalinistischer Manier auf Kritiker durchforstet und diesen dann Schreibverbote erteilt.

Noch merkwürdiger ist, dass Pallasch ihm zugegangene persönliche Mails immer wieder auf twittter veröffentlichte, sobald sie nur einen minimalen Ansatz an Kritik gegenüber ihm oder den Piraten beinhalteten. Nicht aber jetzt in einem Fall, in diesem Fall, wo es buchstäblich um seine politische Existenz und um das Wohl seiner Familie ging.

Bei Anfragen hierzu verwies er auf die Pressestelle der Piraten Baden-Württemberg. Höchst ungewöhnlich- für jemand der gerade aus eben dieser Partei mit Knall ausgetreten ist.  Und so blieben diese Fragen bislang unbeantwortet:

Wie viele solcher Drohungen gab es wann, woraus ergibt  sich die Vermutung, dass der oder die Absender aus dem Umfeld der Piratenpartei kommen und bei welcher Behörde wurde Anzeige (gegen Unbekannt ?) erstattet? Warum wurden diese Vorgänge bis zum Rücktritt und Austritt nicht kommuniziert, nachdem ansonsten belanglosere Mails Dritter, z.B. via twitter, verbreitet wurden?

Keine Antwort. Vielmehr kam der erneute Verweis auf das Blog:

Die entsprechenden Mails und Briefe liegen bei den Ermittlungsbehörden und sollte(n) die besagte(n) Person(en) ermittelt werden können, so kann/können sich diese schon jetzt auf einiges gefasst machen.

Nachdem Pallasch sich „auf anwaltlichen Rat“ aber sogar weigert, mitzuteilen, wo er Anzeige erstattet hat, hakte ich bei Polizei und Staatsanwaltschaft seines zuständigen Wohnortes nach. Dort wurde mitgeteilt, dass nichts vorliegt. Erstaunlich. Denn gerade bei Drohungen gegen Kinder wäre mein erster Gang zu deren Schutz nicht zur Piratenpartei, nicht zu den Medien und nicht an den PC, um zu bloggen, sondern zur örtlichen Polizei gewesen. Dazu heute Vormittag auf Befragen der Erste Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Baden-Baden:

Sehr geehrter Herr Tauss, 

auf Ihre Anfrage teile ich mit, dass bislang weder bei der Staatsanwaltschaft Baden-Baden noch bei einer Polizeidienststelle der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden eine Strafanzeige von Herrn Pallasch wegen Bedrohung/Nötigung o.ä. eingegangen ist.

Mit freundlichen Grüßen Staatsanwaltschaft Baden-Baden

Der Fall Pallasch wird langsam ominös. Dessen ungeachtet erhielt ich nun meinerseits Dohungen:

„Sollte mich noch eine weitere Mail von Ihnen erreichen, so werde ich meinen Anwalt anweisen, eine Unterlassungsklage gegen Sie anzustrengen. Hochachtungsvoll Lars Pallasch. 

Nachtrag 25. 2. 2013:

Nachdem in Kreisen der bad.-württembergischen Piraten die Vermutung geäußert wurde, es ermittle in Sachen Pallasch der „Staatsschutz“, habe ich mich natürlich auch an das Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart gewandt. Antwort:

Bei uns im Hause liegen keine Erkenntnisse über den von Ihnen geschilderten Sachverhalt vor

 

 

 

Baden mit Aphrodite

Wer mit Aphrodite badet, erfährt die ewige Jugend. So heißt es in der Legende. Dummerweise ist die aus Schaum geborene schöne Göttin aber wohl zu selten zu Hause, dass es wirkt. So hat es bei mir schon damals vor 30 Jahren mit der Verjüngung nicht geklappt und nun – bei meinem zweiten Besuch auf Zypern – schon wieder nicht. Aber 18 Grad Wassertemperatur und bewegte See waren auch nicht dazu angetan, jetzt im Januar den berühmten Felsen dreimal zu umschwimmen, nur um wieder etwas jünger zu werden. Man kann das mit der Verjüngungskur also getrost auf den Sommer schieben. Denn die geteilte Insel ist dessen ungeachtet zu jeder Jahreszeit wirklich einen Urlaub wert.

Überreste aus der antiker Zeit und der wechselhaften Geschichte finden sich beispielsweise um Paphos zuhauf. Denn schon in der Jungsteinzeit konnten sich im wahrsten Sinne des Wortes Menschen für Zypern erwärmen, wovon man sich im archäologischen Museum überzeugen kann. Von höchstem Wohnkomfort betuchter Römer und diverser Gottheiten damaliger Zeit zeugen die Mosaiken in den Häuserüberresten der Dionysos, Orpheus und Co im archäologischen Park. Es empfiehlt sich einfach, an den angebotenen Führungen teilzunehmen.

Oder sich ein Fahrrad zu mieten und die Stätten vom Hotel aus für sich noch einmal abzuklappern. Nach kurzer Gewöhnung an den Linksverkehr macht es einfach Spass, die historischen Relikte und die heutige Stadt auch auf diese sportlichere Art zu entdecken.

Ein MUSS sind auch die Fahrten ins Trodos-Gebirge, dem Schwarzwald von Zypern. Im Gegensatz zum Feldberg ist der Olympos ein fast Zweitausender vulkanischen Ursprungs, umgeben von Pinienwäldern, Aleppo-Kiefern, Steineichen oder Zedern. Schnee kann man im Januar noch vorfinden. Doch Skifahren dürfte kaum ein Grund sein, nach Zypern zu reisen. Die Mandelblüte im Februar wäre neben der Historie eher einer. Oder die Spaziergänge am Meer. Viele Hotels sind geschlossen und man ist oft allein. Erst recht beim Baden. Einen Sprung wagte ich dann schon. Amüsiert beobachtet von Zyprioten, die mit Pudelmütze und Anorak vorbei flanierten und sich bei spinnerten Touristen ohnehin über nichts mehr wundern.

 

Die Sache mit dem Fotografieren 

 

Richtige Wunder ist demgegenüber sind die „Scheunenkirchen“. Von außen Scheune, insgesamt UNESCO- Weltkulturerbe, von innen byzantinische Fresken in einer Farbenpracht, auf welche die äußere Hülle niemals schließen ließe. Über sechs Jahrhunderte unterm „Scheunendach“ entstandene und erhaltene Malkunst pur, zum Beispiel in der Agios Nikolaos. Ein weiteres MUSS. Allerdings mit absolutem Fotografierverbot im Inneren.

Auch der Ausflug in den türkisch besetzten Teil Zyperns lohnt sich. International nicht anerkannt sind 250.000 türkische Siedler ein Faktum, an dem die politische Realität langfristig kaum herumkommt. Insofern wird man mit der zwischenzeitlich durchlässigen Grenze wohl leben und sich irgendwann im Gesamtinteresse der Insel arrangieren müssen. Der Ton der Töpferei in Paphos stammt aus dem Westerwald- „selbstverständlich“ nicht aus dem türkisch annektierten Norden, wo es Ton in bester Qualität gibt. Selbst das Fotografieren ist am Grenzübergang nicht möglich. Also bitte ich den „türkischen“ Grenzbeamten um die Erlaubnis, fotografieren zu dürfen. Er gibt sie zu meinem großen Erstaunen. Doch sofort eilt der Vorgesetzte herbei und fordert mich auf, die Aufnahmen umgehend zu löschen. Friedlich komme ich dem nach und überlasse die Herren ihrem Disput.

Kein Fotografierverbot herrscht dagegen im Zielgebiet der Tour – der alten Hafenstadt Kyrenia nebst Festungsanlage und dem dort untergebrachtem Schiffsmuseum. Beeindruckend sind Festung und erstaunlich gut erhaltene Ladung aus vorchristlicher Zeit, darunter sogar Mandeln von damals. Entspannend der Blick auf den Hafen und der türkische, Verzeihung: zypriotische, Kaffee.

Malerische Ruinen und ebenfalls danebenliegende Restaurant bietet auch das im 16. Jhd. zerstörte Kloster Bellapais am Rande des Fünf-Finger-Gebirges. Es sind die Finger eines abgewiesenen Liebhabers, der sich im Sprung über das Gebirge mal eben abstützen musste und so seine Abdrücke hinterließ. Egal wie es damals war, die Felsen sind schön und die Legenden hübsch.

Ach so: Essen muss natürlich auch sein. Und zypriotischer Wein. Der nach Hause transportierte Fusel erwies sich leider als verkorkt und ungenießbar. Vor Ort ist der Rotwein dagegen Genuss pur. Dazu das Nationalgericht Meze, für das man schon zu zweit sein sollte, um es serviert zu bekommen. Aber auch sonst bekommt man leckere Gerichte. Zyperns wechselhafte Geschichte hat auch in der Küche Spuren hinterlassen. Es vereinigt sich das Beste aus griechischen, türkischen und selbst libanesischen kulinarischen Einflüssen. Und eben gerade in einem kalorienreichen Meze-Gereicht. Eine junge Katze fand das auch und wollte ständig von meinem Mahl profitieren. Man ist ja nicht so. Einige Kalorien von den vielen vielen Tellerchen kann man abgeben. Das Tierchen bedankte sich mit heftigem Schnurren. Sollte sich der nächste Gast belästigt fühlen: Schuld war ich.

Und Kultur, Essen, Landschaft, Meer und Aphrodite sind schuld daran, dass ich sicher mal wiederkomme. Ob‘s mit der Verjüngung nun klappt oder nicht. Müssen ja nicht gleich wieder 30 Jahre sein.

 

 

Quo vadis Piraten?

Viel wird gegenwärtig von Neuanfang geredet. Bei den Piraten. Der Absturz aus dem realen wie demoskopischen Erfolgshimmel und der harte Aufschlag bei der Niedersachsenwahl tun weh. Ein Erfolg bei der Bundestagswahl ist in weite Ferne gerückt. Nunmehr wird nach Schuldigen gesucht. Für manche sind es „die Berliner“, für andere „der Bundesvorstand“, für Dritte irgendwelche Einzelmitglieder, die wahlweise als Sexisten, Nazis oder Trolle auffallen. Gegen solche Gestalten ist dann sofort der Parteiausschluss oder wenigstens ein internes Schreib- oder Meinungsverbot zu verhängen.

Richtig ist, dass alles davon irgendwie richtig ist. Richtig ist aber auch, dass die Piraten in Zeiten von Lagerwahlkämpfen es schwerer als andere Parteien haben. Niemand der Wähler, die tatsächlich noch wählen, will eine Stimme verschenken. Aus dieser Gruppe fällt es Piraten dann am Schwersten, gar 5% der abgegebenen Stimmen zu generieren. Denn sie wählt weiterhin unerschrocken und im Zweifel immer „taktisch“ oder das für sie kleinere Übel.

Wenn Piraten Erfolg haben und in Parlamente einziehen wollen, müssen sie ihre Stimmen also wieder im Lager der Nichtwähler abholen. Damit leisteten sie der Demokratie auch den wichtigsten Dienst. Um hier zu punkten, wurde allerdings zu viel Porzellan zerschlagen. Denn aus der Bürgerrechtspartei 2.0 des Jahres 2009 wurde eine Mobberpartei 1.0. Und dieses Krebsübel geht tatsächlich, wenngleich nicht allein, von Berlin aus. Hier hat sich eine Gruppierung durchgesetzt, die mit den Grundprinzipien der Piraten so viel zu tun haben, wie die Antifa oder gar Nazis mit Toleranz.

 

 LQFB als sektiererische Heilslehre 

Statt ein demokratie- wie beteiligungsförderndesTool auszuprobieren und dessen Schwächen im Dialog zu beseitigen, wurde Liquid Feedback von dessen Protagonisten zur sektiererischen Heilslehre erklärt. Das Manipulationsinstrument soll nun mittels einer ständigen Mitgliederversammlung ergänzt werden. Die Absicht merkt man wohl und  ist verstimmt. Doch Kritiker wurden systematisch gemobbt. Aber auch weitere Instrumente von Gesinnungsschnüffelei innerhalb der Piratenpartei sind bekannt. Im berlinfernen Baden-Württemberg wird die interne Mailingliste des Landesverbands von Kritikern gesäubert. Rechtsstaatliche Verfahren, Anhörungen oder gar Überprüfungen von Anschuldigungen  sind unbekannt.

Und hierfür trägt auch der Bundesvorstand Verantwortung. Selbst piratige Lichtgestalten wie die zwischenzeitlich zurückgetretene Afelia schauten grinsend zu, wie willkürlich Ausgrenzungen erfolgten. Bundesvorstandsmitglieder (Nerz) gründen eben mal abgeschottete eingetragene Vereine. Der amtierende Bundesvorsitzende Schlömer belog schon ungeniert Vorstand und Basis. Damit fielen aber auch weitere BuVo-Mitglieder auf. Beispielsweise dessen früheres Mitglied Schrade mit der bezeichnenden Eigenbezeichnung „Kungler“. Wirklich interessieren tut dies parteiintern allerdings niemand. Ein funktionierendes System innerparteilicher Klärung und des Rettens in den Brunnen gefallener Kinder existiert nicht.

Sexisten wie der Berliner Abgeordnete Morlang, dessen frauenverachtende Sprüche legendär sind, diffamieren dagegen andere als Sexisten. Der Abgeordnete weigert sich auch beharrlich, seine Nebeneinkünfte offenzulegen. Faschistoides Verhalten darf ihm getrost unterstellt werden. Konsequenzen? Keine. Ein Mitarbeiter der Berliner Fraktion darf den Bundestagskandidaten eines anderen Landesverbandes diffamieren, weil dieser als Strafverteidiger einen Nazi verteidigte. Rechtsstaatliche Grundprinzipien zum Thema Strafverteidigung? Fehlanzeige. Eine weitere Mitarbeiterin wollte eben mal einen Menschen anzünden. Bedauern oder Rücknahme? Fehlanzeige.

Und dies alles sind nur die Spitzen des Eisbergs. Nicht zufällig gehören Berliner Piraten zu den unbeliebtesten Berliner Politikern. Noch hinter dem abstürzenden Wowereit. Das irritierte Publikum ist also informiert, dass Grundsätze der Piraten und deren praktische Politik oft genug diametral voneinander abweichen.

 

Mit dem jetzigen Erscheinungsbild ist kein intellektuelles Potenzial für die Partei zu erschließen

Der Bundesvorsitzende irritiert nun damit, dass künftig verstärkt Köpfe als Piratenrepräsentanten in Erscheinung treten sollen. Dabei sind es aber die genannten Köpfe, welche die Probleme verursachen. Doch Problemverursacher sind selten geeignet, Probleme zu lösen. Und so befinden sich die Piraten in einer permanenten und selbstverursachten Abwärtsspirale.

Aus dieser Spirale wird man sich nur lösen können, wenn der innerparteiliche Stil verbessert wird und sich die Verantwortlichen bei der Basis für die Fehlentwicklungen entschuldigen. Das wäre der letzte große Dienst, welchen der Bundesvorsitzende seiner Partei in Form eines Signals einleiten könnte. Es ist dann egal, ob er vor oder nach einer verkorksten Bundestagswahl zurücktritt.

Einleiten kann der jetzige Vorstand auch einen echten Dialog über die inhaltliche Ausrichtung der Partei. Es ist völlig gleichgültig, für oder gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen zu stehen. So lange auch hier nicht weiter Sektierertum vor der Sachdebatte steht, könnte dies sogar eine interessante gesamtgesellschaftliche Debatte bewirken. Es ist aber nicht gleichgültig, ob weiterhin schon innerparteilich elementare rechtsstaatliche Grundsätze verletzt werden und nicht mehr im Mittelpunkt der Arbeit der Partei stehen.

Darüber hinaus wäre notwendig, sich intellektuelles Potenzial zu erschließen, um die programmatische Arbeit voranzutreiben. Mit dem jetzigen Erscheinungsbild ist das nicht machbar. Und so wird die Qualität von Anträgen für Parteitage immer unterirdischer. Daran  hat das Manipulationsinstrument LQFB entscheidenden Anteil.

Ebenfalls mit Hilfe externer Fachleute wäre zu prüfen, wie politische Kommunikation im Netz bis hin zu Kompromiss- und Konfliktlösungen erfolgreich funktionieren könnte. Das wäre ein spannendes Projekt für die Partei wie für die Kommunikationswissenschaft und verwandte Disziplinen.Wer dieses Problem löst, wird als Partei in der Informationsgesellschaft vorne sein.

Und am Wichtigsten: Innerparteilichem Mobbing ist entschieden zu begegnen. Hierzu bedarf es entsprechender Beauftragter, die mit Supervision unterstützt werden und von Schiedsgerichten überprüfbare schnelle Entscheidungen bis hin zu Rügen treffen können. Sonst versinkt die Partei im Chaos. Dass in Berlin statt dessen ein Kritiker von Vorgängen, die bereits strafrechtlich relevant sind, statt Aufklärung ein Parteiausschlussverfahren erfährt, ist ungeheuerlich und Ausdruck der Fehlentwicklung.

Diese Punkte anzugehen wird wichtiger sein, als einen weiteren Wahlerfolg zu erzielen. Erst die Europawahl ohne 5%-Klausel wäre dann wieder ein Meilenstein. Wenn die Bundestagswahl vergeigt wird. Worauf alles hindeutet.

EU-Datenschutz? Nein Danke.

Alarmismus ist angesagt. Laut Netzpolitik.org geht gerade die Welt unter. Schade, dass die Diskussion der problematischen europäischen Datenschutzverordnung mit dieser hysterischen Debatte offensichtlich verhindert werden soll. Das antiamerikanische Gedöns und Lobbyismusgejammer ist  bestenfalls Ablenkungsmanöver. Denn nicht jeder berechtigte Einwand der Wirtschaft (nicht nur der amerikanischen) ist  netzpolitisch gleich von der Hand zu weisen. Das beweist auch die derzeitige Debatte um das Leistungsschutzrecht, wo die „böse“ Wirtschaft außerhalb der analogen Verlagswelt durchaus Verbündeter ist und sein kann. Doch zum Kern dieser Debatte:

Wollen wir tatsächlich jegliche Datenschutzzuständigkeit an die EU abgeben, wovor selbst unsere Verfassungsrichter warnen? Das sind Verfassungsrichter, die in den letzten Jahren mehr für den Datenschutz in Deutschland getan haben, als alle Regierungen und Parlamente zusammen. Das Bundesverfassungsgericht wird nach den aktuellen Plänen in Sachen Datenschutz aber ein für allemal entmachtet. Brüssel statt Karlsruhe. Ade liebe Rechtssprechung zur informationellen Selbstbestimmung. Habt mehr Vertrauen zur EU-Kommission. Aber das habe ich nicht.

Einmal verabschiedet wird so der Datenschutz zum (EU-) parlamentsfreien und verfassungsgerichtsfreien Raum. Bürokraten in Brüssel schreiben künftig vor, was wir noch freiwillig mit unseren Daten machen dürfen und was nicht. Datenschutz wird auch begrifflich zum Interpretationsspielraum in den Händen der Kommission. Die Twitter und facebook- Nutzung wird in der Substanz gefährdet- Bürgerbevormundung pur.

Wollen wir den Datenschutz aber mal einfach so und wegen des  Hobbys einer Kommissarin und eines deutschen grünen Berichterstatters tatsächlich an jene EU ausliefern, die mit Fluggastdaten und SWIFT hinreichend bewiesen hat, dass sie mit Datenschutz nicht das Mindeste am Hut hat?

Die bedenkenlos mit Vorratsdatenspeicherung und Co. Bürgerrechte zu opfern bereit war und ist? War da nicht was mit Netzsperren oder ACTA? Haben wir nicht eine Kommission, die sich weigert, mit dieser Datenschutzverordnung Bürgerrechte gegenüber den europäischen Staaten zu schützen und dies lediglich in einer separaten „Richtlinie“ regeln will?

So lange dem alles so ist, kann man nur hoffen, dass dieser Murks, mit oder ohne amerikanische Hilfe, nicht zustande kommt. Die http://www.privacycampaign.eu/ leistet dem Datenschutz unter Verweis auf böse Lobbyisten bestenfalls einen Bärendienst.

Denn der „Feind“ heißt für mich nicht facebook. Daran beteilige ich mich ohnehin nicht (mehr).Wer will, mag es aber ohne willkürliche EU-Bevormundung weiterhin tun. Die USA und deren Lobbyisten sind mir wurscht. Gegen die gehe ich auch gerne jederzeit auf die Strasse- aber nicht für dieses EU-Datenschutzmonstrum und nicht für die EU-Kommission der Censilia Malmströms. Da sage ich: Nein Danke.

Denn der eigentliche Gegner für Datenschützer ist für mich der europäische Überwachungsstaat mit seinen demokratie- und kontrollfreien Zonen bis hin zu Europol. Hier werden mit den Geheimdiensten und Journalistenmördern in Russland und Co bedenkenlos Daten ausgetauscht. Von Europa geht kein Signal der Freiheit im Internet aus. Das ist unser eigentliches Datenschutzproblem.

Und mit dieser Verordnung wird dieses Problem nicht gelöst. Im Gegenteil. Doch dies alles scheint deutsche „Datenschützer“ in deren europäischem Verordnungswahn nicht zu stören. Insofern wünsche ich den us-amerikanischen Facebook-Lobbyisten (ausnahmsweise) viel Erfolg.

Mein Vorschlag wäre, die Verordnung zurückzuziehen und in einem transparenten Prozess neu beginnen. Dann wird transparent, wessen Interessen es tatsächlich wert sind, berücksichtigt zu werden.

 

 

 

 

Bär erkärt ihren Tweet

Offensichtlich war die berechtigte Kritik an der Bärschen Volksverdummung (siehe auch Tauss-Gezwitscher…Königin des Netzes) nun Anlass für die stellvertretende CSU-Generalsekretärin, mit einer Stellungnahme wieder in die Offensive zu kommen. Dies ist misslungen. Sie veröffentlichte den nachfolgenden Beitrag, den ich gerne kurz kommentiere. Schwarz zitiert ist Original- Bär. Der orange Text ist von mir.

Nachdem gestern einer meiner Tweets offensichtlich von einigen wenigen nicht so richtig verstanden wurde, spiele ich heute einmal Doro-Erklär-Bär.
Für alle, die mir aus unerfindlichen Gründen noch nicht auf Twitter folgen: Es geht um diesen Tweet:

Die unerfindlichen Gründe liegen sicher daran, dass die CSU- Propaganda und schlichte politische Verlogenheit der Frau Bär nervt. Aber hier nun der Tweet.

„Schön, dass die Bayerischen Bürgerinnen und Bürger #Seehofer folgen und die Studiengebühren abschaffen wollen. Mach mit @FDP_Fraktion_BY !“

Was ich damit sage:
 Ich freue mich darüber, dass die Bürgerinnen und Bürger bei dem gestern zu Ende gegangenen Volksbegehren gegen die Studienbeiträge gestimmt haben und somit die gleiche Meinung vertreten wie ihr (und mein) Ministerpräsident.

Noch 2008 war der damalige Ministerpräsident Seehofer anderer Auffassung. Siehe Koalitionsvertrag / S. 19.

Was ich außerdem damit sagen möchte:
 Ja, es ist richtig. Die CSU-Landtagsfraktion hat die Studienbeiträge zum Sommersemester 2007 eingeführt, weil es gute Gründe dafür gab. Und Nein: Mein damaliger Kollege im Deutschen Bundestag Horst Seehofer war zu dieser Zeit weder Ministerpräsident des Freistaats Bayern noch war er ein Befürworter der Studienbeiträge.

Nach der Landtagswahl hätte er die Gebühren abschaffen können. Statt dessen hat er sie im Koalitionsvertrag für die letzten 5 Jahre verankert. 

Und ja: Auch ich habe mich für die Studienbeiträge ausgesprochen. Vor über 10 Jahren, als RCDS-Landesvorsitzende, habe ich mich einst für ein Stipendiensystem wie in den USA ausgesprochen und eine Umstellung des BAFÖG gefordert – so kam es leider nicht.
Leider? Zum Glück. Denn die us-amerikanischen Studiengebühren, die Doro Baer so toll findet, haben dort viele Studierende und deren Familien hoch verschuldet. Die Milliardengrenze wurde überschritten. Stipendien erhalten die „Elitestudenten“. Eine breite akademische Bildung wird durch sie nicht mehr ermöglicht. Aber allein die Formulierung „Studienbeiträge“ ist mehr als entlarvend. Als ginge es bei diesem Geld, das von den Studierenden zusätzlich zu den Lebenshaltungskosten von rd. 700.– Euro im Monat zusätzlich aufgebracht werden muss, um einen kleinen Beitrag für den Tierschutzverein. 

Die Situation – und auch hier kann man unserem Ministerpräsidenten nur zustimmen – ist heute eine andere als 2006 (als der Bayerische Landtag die Beiträge beschlossen hatte). 

Bayern kann es sich durch eine solide Haushaltspolitik heute leisten, die Universitäten mit den nötigen Mitteln auszustatten, ohne zusätzlich Geld von den Studierenden verlangen zu müssen.
Dann wurde also vor 2008 in Bayern ein unsolide Haushaltspolitik durch die gleiche CSU gemacht? Die Haushaltslage war offensichtlich so desolat, dass man von den Studierenden Studiengebühren zur Verbesserung der Rahmenbedingungen an den Universitäten brauchte? Peinlich.

Wir können außerdem – und das ist für mich das Hauptargument- niemandem erklären, dass wir von unseren Studentinnen und Studenten einen finanziellen Beitrag fordern, der dann über den Länderfinanzausgleich quasi dafür eingesetzt wird, dass Berliner Studenten eben kostenlos an die Uni gehen können. Und noch perverser: Das Land Berlin zahlt vom Geld der Bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sogar eine Lockprämie. Ein sog. Begrüßungsgeld.
Das „Begrüßungsgeld“ beträgt einmalig 50.– Euro. Damit ist noch nicht einmal die Bahnfahrkarte des Münchener Abiturienten bezahlt, der in Berlin studieren will, weil er sich München nicht leisten kann und in Bayern zu wenig Studienplätze zur Verfügung stehen. Bayern „exportiert“ viele seiner Abiturienten. Zum Beispiel auch in die neuen Bundesländer.
Die FDP betrachtet das Ganze anders und beruft sich auf den Koalitonsvertrag. Mein Aufruf „mach mit“ sollte eine Motivation dazu sein, die Lage neu zu bewerten und den Menschen ehrlich zu sagen, dass Studienbeiträge aufgrund der oben genannten Punkte nicht mehr vertretbar – und vor allem nicht mehr nötig – sind.
Die FDP beruft sich auf den Koalitionsvertrag, den sie mit Seehofer unterschrieben hat.
Schon immer haben wir – und hat Horst Seehofer – gesagt, dass es bei der Einführung der Studienbeiträge nicht um eine Schikane für die Studierenden gehen soll, sondern, dass sie notwendig waren, um Universitäten adäquat ausstatten zu können.
Das „reiche“ Land Bayern brauchte das Geld der Studierenden, um die Universitäten „adäquat“ ausstatten zu können?
Durch eine verantwortungsvolle und konsequente Haushaltspolitik bräuchte es nach unserer Meinung gar keinen Volksentscheid mehr, um das Hochschulgesetz entsprechend zu ändern. Auch das wollte ich der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag zutwittern.
Und aufgrund fehlender Bereitschaft, andere Länder, die Geld ausgeben, das sie gar nicht haben, dies aber wiederum unglaublich „sexy“ finden, zum Nachteil unserer jungen Menschen zu unterstützen, ist die Abschaffung der Studienbeiträge nur konsequent und unsere Pflicht.
Der „Nachteil“ liegt in den zu wenigen Studienplätzen in Bayern. NRW bot z. B. bis 2008 mehr als doppelt so viele Studienplätze als die nachfolgenden bevölkerungsstarken Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern. Auf Deutsch: Der Finanzausgleich musste von anderen Ländern auch dazu verwandt werden, bayerischen Studierenden Studienplätze zur Verfügung zu stellen.

Soweit die Anmerkungen.

Beteiligung im Musterländle. Muster ohne Wert?

„Wir wollen Baden-Württemberg zum Musterland von lebendiger Demokratie und Bürgerbeteiligung machen“ 

Gisela Erler, Staatsrätin (Grüne) für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung

Und so wird ein tolles neues Beteiligungsportal geschaffen:

http://www.baden-wuerttemberg.de/de/beteiligungsportal-info/

Schön. Also testen wir mal das Musterland in Sachen lebendiger Demokratie und Bürgerbeteiligung.

Vor geraumer Zeit fragte ich nach der Haltung der Landesregierung in Sachen Finanzierung S21. Es ging um grundgesetzliche Probleme der Mischfinanzierung von Schienenprojekten. Die Frage ging an den Ministerpräsidenten in seinem Staasministerium und den stellvertretenden Ministerpräsidenten im Finanzministerium. Keine Antwort .

Gisela Erler fragte ich darauf hin, wie es sich mit der Beantwortung von Fragen durch Ministerien denn so verhielte. Ihr Büro verwies auf mangelnde Kapazität und auf später. Bis heute: Keine Antwort.

Die Integrationsministerin Bilkay Öney, Lobbyistin pro Beschneidung von Jungen, wurde gefragt, ob sie wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen hätte, die ihre befürwortende Haltung („alles kein Problem“) begründen könnte. Keine Antwort. 

Der Innenminister erhielt Fragen nach dem in der Koalitionsvereinberung versprochenen und bereits für Frühjahr 2012 (!) angekündigten Informationsfreiheitsgesetz und der Bürgerbeteiligung dazu. Keine Antwort. 

Vielmehr wurde via Presse mitgeteilt, ab „Herbst (2012?) solle „eine Beteiligungsplattform an den Start gehen, über die via Internet Gesetzesvorhaben kommentiert werden können.“ Stand? Fehlanzeige.

Immerhin teilte die grüne Landtagsfraktion, wohl stellvertretend für die Exekutive mit,

zum jetzigen Zeitpunkt kann über die zentralen Inhalte des IFG allerdings noch nichts gesagt werden, da sich die Arbeiten erst am Beginn befinden.

Der Entwurf würde dann breit diskutiert. Auf der groß angekündigten Beteiligungsplattform? Fehlanzeige. So hat man sich Bürgerbeteiligung immer vorgestellt, dass wenigstens ein REGIERUNGSENTWURF breit und brav diskutiert werden darf.

Anstatt die Chance zu nutzen und mit einem Call for Papers die Informationsfreiheitsära in Baden-Württemberg einzuläuten, wird im stillen Kämmerlein von Beamten des Innenministeriums an einem Entwurf gewerkelt. Von jenen Beamten also, denen jede Form der Akteneinsicht traditionell ein Gräuel ist. Und so hört man, man wolle im Frühjahr (welchen Jahres?) einen Entwurf auf der Basis des IFG des Bundes vorlegen, das im Mai 2012 von der Verwaltungsuni Speyer evaluiert wurde.

So hätte man sich Grünrot schon immer vorgestellt: Man orientiert sich in Sachen Informationsfreiheit ausgerechnet an einer schwarzgelben Evaluation im Bund.

PS: Auf Ihrer neuesten Homepage will die Landesregierung nun wissen, ob die Bürgerinnen und Bürger „stärker an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt werden wollen“. Sie wollen. Zu über 80%. Jetzt sollte die Landesregierung nur noch durch Taten statt Ankündigungen beweisen, dass sie auch will. Will sie? Zweifel sind angebracht. Siehe oben. Die Landesregierung bittet noch um etwas Geduld.